Lichtenstein, Alfred - Punkt (Gedichtinterpretation)

Schlagwörter:
Alfred Lichtenstein, Interpretation und Analyse eines Gedichtes, lyrisches Ich, Industrialisierung, Referat, Hausaufgabe, Lichtenstein, Alfred - Punkt (Gedichtinterpretation)
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Referat

"Punkt" von Alfred Lichtenstein (Gedichtinterpretation mit kurzem Überblick zum Autoren)

zum Autoren Alfred Lichtenstein

Alfred Lichtenstein wurde am 23. August 1889 in Berlin-Wilmersdorf geboren. Am 25. September 1914 verstarb er bei Vermandovillers, Somme, Frankreich. Lichtenstein war ein deutscher expressionistischer Schriftsteller.

Lichtenstein wuchs in Berlin als Sohn eines Fabrikanten auf und entstammt einer jüdischen Familie. Er studierte Rechtswissenschaften in Erlangen. Seine erste Aufmerksamkeit erregte er durch die Veröffentlichung von Gedichten und Kurzgeschichten in einem grotesken Stil, der zum Vergleich mit einem Freund von ihm, Jakob van Hoddis, einlud. Jakob van Hoddis (Geburtsname Hans Davidsohn; * 16. Mai 1887 in Berlin; † 1942 in Sobibór, Generalgouvernement) war ebenfalls ein deutscher Dichter des literarischen Expressionismus. Er ist besonders bekannt für das Gedicht "Weltende".

Tatsächlich gab es Behauptungen über Nachahmungen: Während Hoddis den Stil schuf, hat Lichtenstein ihn vergrößert, hieß es. Lichtenstein spielte mit diesem Ruf, indem er eine Kurzgeschichte mit dem Titel "Der Sieger" schrieb, die auf skurrile Weise die zufällige Freundschaft zweier junger Männer beschreibt, wobei einer dem anderen zum Opfer fällt. Mit falschen Namen machte er sich oft über echte Menschen aus der Berliner Literaturszene lustig, darunter Kuno Kohn, ein stiller, schüchterner Junge; in "The Winner" tötet ein männlicher Van Hoddis Kuno Kohn am Ende der Geschichte.

Lichtenstein bewunderte den Stil des französischen Schriftstellers Alfred Jarry nicht nur in seinen ironischen Schriften, sondern fuhr wie er mit dem Fahrrad durch die Stadt. Allerdings sollte er nicht alt werden: 1914 fiel er im Ersten Weltkrieg an der Front.

Gedichtinterpretation "Punkt"

In dem Gedicht „Punkt“ von Alfred Lichtenstein 1914 geschrieben, wird die psychische Verfassung eines lyrischen Ichs thematisiert, welches offensichtlich an den Folgen der Industrialisierung und Veränderung der Gesellschaft leidet. Industrialisierung bezeichnet technisch-wirtschaftliche Prozesse des Übergangs von agrarischen zu industriellen Produktionsweisen, in denen sich die maschinelle Erzeugung von Gütern und Dienstleistungen durchsetzt. Das Gedicht wurde in der Zeit des Expressionismus geschrieben und nimmt Kritik an der Umwälzung dieser Zeit und der Verstädterung.

Das Gedicht besteht aus zwei Strophen mit jeweils 4 Versen und dem umarmenden Reim. Das lyrische Ich beschreibt in Strophe eins seine innere Verfassung und dass es am Ende seiner Kräfte sei. Dazu wird zunächst eine Personifizierung verwendet: „Die wüsten Straßen fließen lichterloh.“ (V.1) Hiermit sind die Straßen seines Kopfes gemeint, die chaotisch hin und her „fließen“ und ihn zum Wahnsinn treiben. Die äußeren Straßen der Großstadt färben auf sein Inneres ab. Als Kontrast zu dem Adjektiv „lichterloh“ folgt im nächsten Vers der „erloschene[n] Kopf“ (V. 2) Die Feuer in seinem Kopf werden ihm zu viel „und tun mir weh“ (V.2). Die Reaktion seines Körpers ist das Dichtmachen seines Kopfes und der Verdrängung der Realität, da diese zu brutal für ihn ist. In den nächsten zwei Versen wird das Bild einer Pflanze auf den Menschen übertragen. Mit „Ich bald vergeh“(V.3) ist die Verzweiflung und das Ende der psychischen Kräfte des lyrischen Ichs gemeint. Seine Gefühle sind voll von Schmerz. Die Bitte „Dornrosen meines Fleisches, stecht nicht so.“ (V.4) ist eine Metapher, die deutlich macht, dass der Schmerz von ihm selbst kommt, von seinem Inneren. Greift man auf die lichterlohen Straßen zurück, die in seinem Kopf und in der Wirklichkeit der Großstadt bestehen, kann man darauf zurück schließen, dass er den äußeren Schmerz verinnerlicht hat. Die Sätze in der ersten Strophe sind generell hypotaktisch, was auf das Verwirrtsein hin weißt.

In Strophe zwei verändert sich der Syntax und wird parataktisch, die Resignation ist somit eingetreten. Eine Metapher leitet die Strophe ein und beschreibt, dass „Die Nacht verschimmelt.“ (V.5) Damit ist gemeint, dass die Nacht unnatürlicher Weise zum Tag gemacht werden kann und ihre Bedeutung verliert, dort Ruhe und Erholung finden zu können. Das wird mit dem Neologismen „Giftlaternenschein“(V.5) unterstützt, der das unnatürliche, grelle Licht der Straßenlaternen als Gift dar stellt, was für den Menschen tödlich sein muss. Auch das Licht wird personifiziert da es die Laternen, „sie mit grünem Dreck beschmiert.“ (V.6) Es hört sich an wie Schimmel, was auf einen Verwesungsprozess hin weißt, der in diesem Fall im Menschen selbst stattfindet und ihn „kriechend“ (V.6) zerstört. Auch das Zerfallen der Menschlichkeit wird angesprochen mit einem Vergleich, das „Herz ist wie ein Sack.“ (V.7) Ein Sack ist ein Objekt, dass Last mit sich bringt und was man Abwerfen will. Man kann somit sagen, dass er förmlich seine Gefühle abwerfen will, da diese nur aus Schmerz bestehen. Nun wird das Gedicht deutlicher, da es davon spricht, dass das „Blut erfriert.“ (V.7). Der Mensch braucht Blut zum Leben und vor allem zeichnet sich ein Mensch durch seine Körperwärme aus, die hier nicht mehr vorhanden zu sein scheint. Er ist auf dem Weg in einen Tod. Psychisch oder physisch wird nicht weiter erläutert, doch man kann von seinem Inneren Tod ausgehen, da es in dem Gedicht um seine Gefühlswelt geht. Es heißt auch in der Personifizierung „Die Augen stürzen ein.“ (V.8), was man so deuten kann, dass die Augen ja bekanntlich die Fenster zur Seele sind und sich jetzt schließen und die Psyche somit auch. Er ist Gefühlstod als Schutzmechanismus gegen seine schlimme Welt. Das Gedicht weißt auch apokalyptische Züge auf, die im Expressionismus typisch waren, da eine Endstimmung geherrscht hat. „Die Welt fällt um.“ (V.8) klingt sehr dramatisch und nach einem Ende, in das, das lyrische Ich mit rein gezogen wird.

Man kann hier vom Verlust des Individuums in der Großstadt sprechen und der Darstellung von der inneren Gefühlswelt, die sich nur auf das Leid und großen Schmerz fokussiert und zugespitzt hat. Auch die Thematisierung von Tod und dem Weltende, weißen auf das dramatische und dunkle Bild der Menschen auf die Industrialisierung hin, die anscheinend nur Schmerz und Ohnmacht bringt. Es ist eine klare Kritik an der Großstadt zu erkennen und das sich ihre Probleme und Lebensweise, die hektisch, chaotisch, laut und trist ist, auf das Innere eines Menschen überträgt und ihn krank macht, bis hin zum psychischen Ableben. Man kann nicht mehr zu sich selbst finden und verliert sich komplett in der großen Stadt und will am Ende lieber nichts mehr spüren, anstatt der nicht aufhörenden Schmerzen.

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