Auf die in den Sonneten gedachte zuruck gegangene Pfingst-Reise von Catharina Regina von Greiffenberg

1.
Helle Flammina / mein Herzens- begehren!
muß ich dich gänzlich- verhoffet entbähren?
müssen so löbliche Lebens-Gedanken
von dem erheblichen Tugend-Zweck wanken?
 
2.
Solt nicht solch löblichs verlangen siegprangen?
solt ich / mit Abschlag-beschämeten Wangen /
lassen solch alte gewaltige Sitten?
10 
ist mir die Hoffnungs-Schnur gänzlich zerschnitten?
 
11 
3.
12 
Dreifache Schnüre sonst selten zerreissen:
13 
aber mein Vnglück will alles zerschmeissen.
14 
Eine zu kurz ist / die andre zerschnitten /
15 
selber zerreiß' ich die dritt' in der mitten.
 
16 
4.
17 
Leider! des leidigen Vngelücks Tücke /
18 
meine Lust / meinen Trost / treiben zu rücke /
19 
daß ich muß niessen die Feuer-Corallen /
20 
welche von meiner Flammina stäts fallen:
 
21 
5.
22 
Muß den Herzbrechenden Kummer verschweigen /
23 
darff keinen Vnlust noch Traurigkeit zeigen;
24 
muß den Herzbrennend-und quälenden Schmerzen
25 
heimlich verbergen zu innerst im Herzen.
 
26 
6.
27 
Diese Sach ligt mir unendlich in Sinnen /
28 
all meine Anschläg sich enden hierinnen.
29 
hab in dem Traume manch lieblich Gesichte /
30 
welches doch wachend wird wider zu nichte.
 
31 
7.
32 
Meine Flammina läst sich in den Auen /
33 
gleichfalls als in den Pallästen / beschauen.
34 
Ihre Allgegenwart füllet die Erden /
35 
kan mir / mein Leben / auch überall werden.
 
36 
8.
37 
Ihre Bestrahlung vor alles ich wähle /
38 
weil ihre Göttlichkeit ewig zur Stelle.
39 
Raubet man mir schon die sichtbaren Blicke:
40 
helle Vnsichtbarkeit mich nur erquicke!
 
41 
9.
42 
Diese ungläublich-geglaubete Sachen /
43 
kan mir kein Menschen-Macht ruckstellig machen.
44 
Ob sie mit Hindernuß mich schon betrüben:
45 
niemand kan wehren das innerlich lieben.
 
46 
10.
47 
Helle Flammina! du liebest die deinen /
48 
Ob sie die Feinde zu stürzen vermeinen;
49 
wann die Erdkräfften all stürmen zusammen /
50 
lästu mich sehen Geist-Strahlen und Flammen.
 
51 
11.
52 
Glücklich O glücklich dieselbige Stunde /
53 
da du befeurest Herz / Zungen und Munde!
54 
laß mich die quickenden Lippen geniessen /
55 
daß sie mich süssest berühren und küssen!
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Auf die in den Sonneten gedachte zuruck gegangene Pfingst-Reise“

Anzahl Strophen
11
Anzahl Verse
55
Anzahl Wörter
262
Entstehungsjahr
1633 - 1694
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Catharina Regina von Greiffenberg ist die Autorin des Gedichtes „Auf die in den Sonneten gedachte zuruck gegangene Pfingst-Reise“. Greiffenberg wurde im Jahr 1633 geboren. Im Zeitraum zwischen 1649 und 1694 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her der Epoche Barock zuordnen. Bei Greiffenberg handelt es sich um eine typische Vertreterin der genannten Epoche.

Als Barockliteratur wird in der deutschen Literaturgeschichte seit dem Jahr 1800 die literarische Produktion in Europa im Zeitraum zwischen etwa 1600 und 1720 bezeichnet. Der Begriff „Barock“ stammt aus dem Portugiesischen und bedeutet so viel wie seltsam geformte, schiefrunde Perle. Die Bevölkerung Europas entwickelte sich nach dem Dreißigjährigen Krieg in verschiedene Richtungen. Der Krieg stellte ein prägendes Ereignis der damaligen Zeit dar. Aber auch die Pest übte einen starken Einfluss auf die Verhältnisse der damaligen Zeit aus. Elend und Krieg lösten in der ärmeren Bevölkerung ein Bewusstsein der eigenen Vergänglichkeit aus. Dagegen lebten die absolutistischen, alleinigen Herrscher in pompösen Luxus und ließen sich Schlösser voller Prunk bauen. Diese Gegensätze von Lebenslust und Todesangst bzw. Luxus und Armut spiegelten sich ebenfalls in der Literatur wider. In der Dichtung wird die Verwendung solcher inhaltlichen Gegensätze als Antithetik bezeichnet. In der vorausgegangenen Epoche (Renaissance) waren noch viele Dichtungen auf Lateinisch veröffentlicht worden. Im Barock begann jedoch die Zeit der in deutscher Sprache verfassten Literatur. Die wichtigen Vertreter der Dichtung der Barockzeit sind Martin Opitz, Paul Fleming, Christian Hofmann von Hofmannswaldau, Andreas Gryphius, Simon Dach, Johann Christian Günther, Friedrich von Logau und Angelus Silesius.

Das 262 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 55 Versen mit insgesamt 11 Strophen. Weitere bekannte Gedichte der Autorin Catharina Regina von Greiffenberg sind „In Mittelpunct der Ruh / die ewig sich beweget“, „In Gott / end ich mein Thun / daß es unendlich wird“ und „Gott gibt mir alles hier / aus freyem Liebes-Muht“. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „Auf die in den Sonneten gedachte zuruck gegangene Pfingst-Reise“ weitere 338 Gedichte vor.

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