Uber Die Göttliche Gnadenbeglückung / die alles Leid in Freud verkehret von Catharina Regina von Greiffenberg

1.
Du Himmlisches Sion! wann werd ich dich sehen?
wann werd' ich zu deinen Pracht-Thoren eingehen?
ach Jesu / mein Bräutigam / ruffe mir schier:
ich warte mit sehnender Herzlicher Gier.
Ich hab mir erlesen
das Himmlische Wesen /
auf dieses mein Geist
sich einig befleist.
 
10 
2.
11 
Du schöneste Schönheit der Tugenden Tugend!
12 
ich opffer dir meine frisch-blühende Jugend.
13 
Dein Gnaden-Besafftung sie süssest bethau /
14 
daß Wunder-Frücht frölichst in solcher man schau.
15 
Muß ich schon vermeiden
16 
die Irdischen Freuden:
17 
Rauch / Schatten und Wind
18 
dieselben nur sind.
 
19 
3.
20 
Herz-herrschende lieblich doch heimliche Wonne /
21 
hell-strahlend doch Augen-unsichtbare Sonne /
22 
du starke Bewegung / doch leiseste Stärk /
23 
in mir selbst geschehnes doch wunderlichs Werk /
24 
mit Freuden empfunden /
25 
erstaunend gebunden!
26 
ich weiß / und weiß nit /
27 
was / wie mir geschicht!
 
28 
4.
29 
Auf heisseste Herzens-Angst / kühle Erquickung!
30 
auf rollen des Donnern / der Sonne Anblickung!
31 
in mitten des Schiffbruchs / den Hafen ersehn!
32 
das heisset / aus Stixen zu Tithons Thron gehn!
33 
das Hönig aus Gallen /
34 
aus Düsterkeit Strahlen /
35 
aus Steinen wird Safft
36 
erwecket mit Krafft.
 
37 
5.
38 
Ein Wunder-Wind / wendet und lendet die Pfeile
39 
vom Aehrenen Ziele / zur Flammen-Geist-Seule.
40 
Die Menschen besinnen / bedrängen und plagen:
41 
doch gehet es endlich nach Gottes behagen.
42 
Sie brennen und pressen /
43 
vor drohen schier fressen:
44 
doch gwinnet das Feld
45 
der Himmlische Held.
 
46 
6.
47 
Ihr Leschungs-Wind / muß mir mein Feuer aufblasen.
48 
Ihr Würckung / verschlinget ihr eigenes Rasen.
49 
Der Widerstand selber / befördert zum Ziel.
50 
So leise / so weise ist Gottes Rath-Spiel.
51 
Laß rollen / laß prallen /
52 
laß knallen und fallen!
53 
der Wolken Glaß / bricht
54 
der Sonne Gold nicht.
 
55 
7.
56 
Trotz / Vngelück / rühr mich! ich sitze / beschirmel.
57 
Die Göttliche Gnaden-Hand selber dich stürmet.
58 
Du woltst mich verbrennen: der Himmel sagt / nein?
59 
du solt ein belebendes Phönix-Feur seyn.
60 
Gott kan es verdrehen /
61 
und machen aufgehen
62 
die Sonne vom Nord /
63 
es ist um ein Wort.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (31.4 KB)

Details zum Gedicht „Uber Die Göttliche Gnadenbeglückung / die alles Leid in Freud verkehret“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
63
Anzahl Wörter
282
Entstehungsjahr
1633 - 1694
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Uber Die Göttliche Gnadenbeglückung / die alles Leid in Freud verkehret“ stammt aus der Feder der Autorin bzw. Lyrikerin Catharina Regina von Greiffenberg. 1633 wurde Greiffenberg geboren. Im Zeitraum zwischen 1649 und 1694 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her kann der Text der Epoche Barock zugeordnet werden. Bei der Schriftstellerin Greiffenberg handelt es sich um eine typische Vertreterin der genannten Epoche.

Der die Jahre 1600 bis 1720 umfassende Zeitraum gilt als Epoche der Barockliteratur, die sich im deutschen Sprachraum während und nach dem Dreißigjährigen Krieg entfaltete. Der Dreißigjährige Krieg begann 1618 und endete im Jahr 1648. Als Epochenbezeichnung wird das aus dem Portugiesischen stammende Wort „Barock“ erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts genutzt. Das Zeitalter des Barocks wurde durch den Dreißigjährigen Krieg geprägt – Hunger, Seuchen (insbesondere die Pest), Vergewaltigung und Tod sorgten für großes Leid bei der Bevölkerung in Europa. So verkleinerte sich die Bevölkerung im Deutschen Reich von ca. 28 Millionen im Jahr 1615 auf 11 Millionen Menschen am Ende des Krieges im Jahr 1648. Speziell Krieg und Pest in der Zeit des Barocks zeigen auch ein gewichtiges Merkmal auf: der Gegensatz. Auf der einen Seite Armut, Elend und Tod, auf der anderen Prunk, Glanz und Macht. So lebte die einfache Bevölkerung in größtenteils bitterer Armut, während Adelige einen verschwenderischen Lebensstil bevorzugten. Die Literaturepoche des Barocks stellte einen Wandel von lateinischer zu deutscher Literatur dar. Die wichtigste Literaturform des Barocks war dabei die Lyrik. Das Sonett war die häufigste Form eines Gedichts, die genutzt wurde. Da in der Zeit des Barocks die äußere Ästhetik und der Wohlklang eines literarischen Werkes eine wichtige Rolle spielten, war die bevorzugte Literaturform das Gedicht. In den Gedichten wurden häufig Metaphern, Symbole und Hyperbolik genutzt.

Das Gedicht besteht aus 63 Versen mit insgesamt 7 Strophen und umfasst dabei 282 Worte. Weitere bekannte Gedichte der Autorin Catharina Regina von Greiffenberg sind „Auf eben dieselbe“, „Auf die liebliche Sommer- und Ernde-Zeit“ und „Auf den Geistlichen-Wortes-Donner: im grösten Donnerwetter / im Garten“. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „Uber Die Göttliche Gnadenbeglückung / die alles Leid in Freud verkehret“ weitere 338 Gedichte vor.

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