An Herrn von Schardt von Johann Gottfried Herder

Wie bald, o Freund, wie bald ist es verschwunden,
Das lange Jahr mit seinen kurzen Stunden!
Was Dir einst Unlust, oft mir Sorge war,
Vorüber ist's, das kurze, lange Jahr.
 
Doch Eins, o Freund, Eins sei uns nicht vorüber:
Vereinte Pflicht macht Menschen Menschen lieber,
Vergangne Müh wird im Andenken süß,
Und Treue wird der Freundschaft Paradies.
 
Dank also Dir für Deine Hilf' und Treue!
10 
Wirf nicht auf sie den Blick zurück mit Reue!
11 
Du hörst nicht mehr der Kasten dumpfen Klang,
12 
Hör also noch mein reines: Habe Dank!
 
13 
Einst sprech' auch ich: »Hier sind die letzten Acten!«
14 
Sind sie mir Ruhmes- oder Leidespacten?
15 
Das weiß ich nicht. Eins weiß ich, und gewiß:
16 
Vollbrachte Müh ist Lebens-Paradies.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.4 KB)

Details zum Gedicht „An Herrn von Schardt“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
117
Entstehungsjahr
1790
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „An Herrn von Schardt“ wurde von Johann Gottfried Herder verfasst, einem bedeutenden Dichter und Philosophen der deutschen Aufklärung und Weimarer Klassik, der von 1744 bis 1803 lebte. Das Gedicht ist diesem Zeitraum zuzuordnen.

In der ersten Strophe beschreibt das lyrische Ich das vergangene Jahr als schnell vergänglich mit seinen kurzen Stunden. Erinnert wird an Sorgen und Unlust, die jedoch nun vorüber sind, genau wie das „kurze, lange Jahr.„

Die zweite Strophe bezieht sich auf die beständigen Elemente im Leben, vor allem auf Pflicht und Freundschaft. Gemeinsam erfüllte Pflichten machen Menschen einander wertvoller, während Anstrengungen in der Erinnerung süßer werden und Treue der „Freundschaft Paradies“ ist.

In der dritten Strophe drückt der Dichter seinen Dank für die zugestandene Hilfe und Treue aus und fordert den Adressaten auf, nicht mit Reue auf diese Situationen zurückzublicken. Das Gedicht endet, in der vierten Strophe, mit der Aussage, dass er, das lyrische Ich, seine „letzten Acten“ sprechen und nicht weiß, ob sie Ruhm oder Leid bedeuten. Was er aber gewiss weiß, ist, dass erfüllte Anstrengungen und Pflichten der „Lebens-Paradies“ sind.

Das Gedicht besteht aus vier Strophen, die jeweils durch vier Verse gebildet sind. Es hat eine klare und einfache Struktur mit einem geordneten Reimschema (ABAB). Die Sprache ist sowohl praktisch als auch emotionell und spiegelt die menschlichen Gefühle der Freundschaft, Dankbarkeit und des Nachdenkens wider. Herder verwendet hier keine übermäßig komplizierten oder abstrakten Begriffe, sondern bleibt verständlich und nachvollziehbar. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es eine einfühlsame Darstellung von Freundschaft, Vergänglichkeit und menschlicher Anstrengung ist. Es ist eine Ode an die erfüllten Pflichten und das gemeinsame Durchstehen von Herausforderungen.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „An Herrn von Schardt“ ist Johann Gottfried Herder. Der Autor Johann Gottfried Herder wurde 1744 in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1790. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Herder ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Als Sturm und Drang (auch Genieperiode oder Geniezeit) bezeichnet man eine Literaturepoche, die auf die Jahre 1765 bis 1790 datiert werden kann. Sie knüpfte an die Empfindsamkeit an und ging später in die Klassik über. Der Epoche des Sturm und Drang geht die Epoche der Aufklärung voran. Die Ideale und Ziele der Aufklärung wurden verworfen und es begann ein Rebellieren gegen die Prinzipien der Aufklärung und das gesellschaftliche System. Die Autoren der Epoche des Sturm und Drangs waren häufig unter 30 Jahre alt. In den Gedichten wurde darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden, um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die Nachahmung und Idealisierung von Autoren aus vergangenen Epochen wie dem Barock wurde abgelehnt. Die alten Werke wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Es wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Mit seinen beiden bedeutenden Vertretern Goethe und Schiller entwickelte sich der Sturm und Drang weiter und ging in die Weimarer Klassik über.

Die Weimarer Klassik ist eine Epoche der Literatur, die insbesondere von den Dichtern Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller geprägt wurde. Die Italienreise Goethes im Jahr 1786 markiert den Anfang der Epoche. Das Todesjahr von Goethe, 1832, markiert das Ende der Weimarer Klassik. In der Epoche sind Einflüsse der Französischen Revolution festzustellen. Das Zentrum dieser Literaturepoche lag in Weimar. Es sind sowohl die Bezeichnungen Klassik als auch Weimarer Klassik gebräuchlich. In Anlehnung an das antike Kunstideal wurde in der Weimarer Klassik nach Vollkommenheit, Harmonie, Humanität und der Übereinstimmung von Inhalt und Form gesucht. In der Gestaltung wurde das Wesentliche, Gültige, Gesetzmäßige sowie die Harmonie und der Ausgleich gesucht. Im Gegensatz zum Sturm und Drang, wo die Sprache oftmals roh und derb ist, bleibt die Sprache in der Klassik den sich selbst gesetzten Regeln treu. Die bekanntesten Schriftsteller der Klassik sind: Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried von Herder.

Das Gedicht besteht aus 16 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 117 Worte. Johann Gottfried Herder ist auch der Autor für Gedichte wie „Amor und Psyche“, „An Auroren“ und „An den Schlaf“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „An Herrn von Schardt“ weitere 413 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Johann Gottfried Herder

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Johann Gottfried Herder und seinem Gedicht „An Herrn von Schardt“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Johann Gottfried Herder (Infos zum Autor)

Zum Autor Johann Gottfried Herder sind auf abi-pur.de 413 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.