An den Storch von Johann Gottfried Herder

Keuscher, frommer Vogel, auf welchem friedlichen Hause
Wohnest Du jetzo und bringst seinen Einwohnenden Glück?
Auf dem Tempel vielleicht der Muselmanen, und siehest
Ihr andächtig Gebet, ihre genießende Ruh;
Und dann kehrest Du wieder zum alten freundlichen Neste,
Ihm und dem Tage getreu, der mit dem Lenze Dich ruft.
Frühling bringender Storch, o brächtest Du auch Dein Glück mir,
Irgend ein ruhiges Haus und ein zufriedenes Herz!
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „An den Storch“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
8
Anzahl Wörter
67
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „An den Storch“ wurde von Johann Gottfried Herder verfasst, der im 18. Jahrhundert lebte und zu den herausragenden Vertretern der Sturm und Drang Epoche sowie der Weimarer Klassik gehört.

Beim ersten Lesen hinterlässt das Gedicht einen Eindruck von Sehnsucht und Respekt gegenüber der Natur, personifiziert durch den Storch, der als Glücksbringer und Symbol des Frühlings geschildert wird.

Inhaltlich bittet das lyrische Ich den Storch um Glück und Zufriedenheit, ähnlich denen, die er den Bewohnern des Hauses bringt, auf dem er nistet. Dem Storch werden Eigenschaften wie Keuschheit und Frömmigkeit zugeschrieben. Er lebt möglicherweise auf dem Tempel der Muslime und wird Zeuge ihres andächtigen Gebets und ihrer Ruhe. Dies suggeriert einen respektvollen Blick auf andere Kulturen und Religionen. Der Storch kehrt jedem Frühling treu zu seinem Nest zurück und bringt damit die Zufriedenheit und das Glück der neuen Saison mit. Das lyrische Ich wünscht sich, dass der Storch ihm ebenfalls Glück bringt, ein ruhiges Zuhause und ein zufriedenes Herz.

Formal besteht das Gedicht aus einer Strophe mit acht Versen. Herder verwendet häufig Enjambements, wodurch das Gedicht flüssig und lebendig erscheint. Die Sprache ist bildhaft und emotional, mit klaren visuellen Bildern des Storchs, seiner Umgebung und seiner Wirkung auf die Menschen. Auch finden sich stilistische Mittel wie Metaphern, beispielsweise wird der Storch als „Frühling bringender“ bezeichnet, was auf seine symbolische Rolle als Bote des Frühlings und als Glücksbringer hinweist.

Zusammenfassend könnte man sagen, das Gedicht spiegelt eine tiefempfundene Naturverbundenheit und ein Verständnis von Glück und Zufriedenheit wieder, das sowohl von der äußeren Umgebung als auch von innerer Zufriedenheit und Ruhe abhängt. Mit dem Storch als spezifischem Symbol wird das Allgemeine, die Natur, der Jahreskreislauf und die Kulturgeschichte, angeprochen.

Weitere Informationen

Johann Gottfried Herder ist der Autor des Gedichtes „An den Storch“. 1744 wurde Herder in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. Im Zeitraum zwischen 1760 und 1803 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Sturm & Drang oder Klassik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Herder ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Zwischen den Literaturepochen Empfindsamkeit und Klassik lässt sich in den Jahren zwischen 1765 und 1790 die Strömung Sturm und Drang einordnen. Geniezeit oder zeitgenössische Genieperiode sind häufige Bezeichnungen für diese Literaturepoche. Der Literaturepoche des Sturm und Drang geht die Epoche der Aufklärung voran. Die Ideale und Ziele der Aufklärung wurden verworfen und es begann ein Rebellieren gegen die Prinzipien der Aufklärung und das gesellschaftliche System. Bei den Vertretern der Epoche des Sturm und Drang handelte es sich vorwiegend um Schriftsteller jüngeren Alters. Die Schriftsteller versuchten in den Gedichten eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die Werke vorheriger Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Aber dennoch wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Schiller, Goethe und die anderen Autoren jener Zeit suchten nach etwas Universalem, was in allen Belangen und für jede Zeit gut sei und entwickelten sich stetig weiter. So ging der Sturm und Drang über in die Weimarer Klassik.

Goethe (geboren am 28. August 1749 in Frankfurt am Main; verstorben am 22. März 1832 in Weimar) ist einer der bedeutendsten Dichter der Weimarer Klassik. Im Jahr 1786 unternahm Goethe eine Italienreise, diese wird als Beginn der Weimarer Klassik angesehen. Das Ende der Epoche ist im Jahr 1832 auszumachen. Wie der Name bereits verrät, liegen der Ausgangspunkt und das literarische Zentrum der Weimarer Klassik, die auch kurz Klassik genannt wird, in Weimar. Teilweise wird auch Jena als ein weiteres Zentrum der Literaturepoche angesehen. Die Klassik orientiert sich an traditionellen Vorbildern aus der Antike. Sie strebt nach Harmonie ganz im Gegensatz zur Epoche der Aufklärung und des Sturm und Drangs. Ein hohes Sprachniveau ist für die Werke der Weimarer Klassik typisch. Während man in der Epoche des Sturm und Drangs die natürliche Sprache wiedergeben wollte, stößt man in der Weimarer Klassik auf eine reglementierte Sprache. Die Hauptvertreter der Weimarer Klassik sind Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried Herder. Einen künstlerischen Austausch im Sinne einer gemeinsamen Arbeit gab es jedoch nur zwischen Goethe und Schiller.

Das 67 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 8 Versen mit nur einer Strophe. Johann Gottfried Herder ist auch der Autor für Gedichte wie „An Auroren“, „An den Schlaf“ und „An die Freundschaft“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „An den Storch“ weitere 413 Gedichte vor.

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