Diogenes und Krösus von Johann Gottfried Herder

Als einst der alte, weise Diogen
Ins Todtenreich sich schlich an seinem Stabe,
Sah er da auch, ohn' alle Habe,
Den Goldverschlucker Krösus stehn.
»Fort!« schrie er lachend aus und stieß ihn mit dem Stabe,
»Der erste Platz gehört hier mir;
Ich komme her mit aller meiner Habe,
Und Du hast nichts mit Dir!«
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Diogenes und Krösus“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
8
Anzahl Wörter
54
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Diogenes und Krösus“ wurde von Johann Gottfried Herder verfasst, einem bedeutenden Dichter der deutschen Aufklärungszeit, die im 18. Jahrhundert stattfand. Herder war unter anderem als Philosoph und Theologe tätig. Vor dem Hintergrund der Aufklärung, die durch rationale und kritische Denkansätze gekennzeichnet ist, schrieb Herder dieses kurze, aber aussagekräftige Gedicht.

Schon beim ersten Lesen fällt auf, dass das Gedicht den Kontrast zwischen materiellem Reichtum und geistiger Freiheit in den Fokus rückt. Es handelt von dem weisen Philosophen Diogenes, der sich ohne materielle Besitztümer in das Totenreich begibt und dort auf den reichen König Krösus trifft, der trotz seines materiellen Reichtums im Tod nichts besitzt.

In einfachen Worten ausgedrückt, konfrontiert Diogenes in dem Gedicht König Krösus mit der Endlichkeit materiellen Reichtums. Er betont, dass er, obwohl er im Leben materiell arm war, im Tod die gleichen Besitztümer hat wie Krösus - nämlich keine. Trotz seiner Armut im Leben beansprucht Diogenes im Tod den ersten Platz für sich, weil er seine Habe, nämlich seine Weisheit und sein geistiger Reichtum, mit ins Grab nehmen kann.

Formal handelt es sich bei dem Gedicht um eine Oktave, also eine achtreihige Strophe. Die Verse sind in einem klaren und simplen Stil verfasst, was die Deutlichkeit der Botschaft unterstreicht. Die Sprache ist direkt und unverblümt, besonders auffällig ist, wie Diogenes Krösus zurechtweist und seinen Anspruch auf den ersten Platz im Totenreich geltend macht.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Herders Gedicht den Gegensatz zwischen materiellem Reichtum und geistiger Weisheit aufgreift und betont, dass im Tod alle Menschen gleich sind – unabhängig von ihrem materiellen Besitz im Leben. Es regt dazu an, die Prioritäten im Leben zu überdenken, und kritisiert die Bedeutung, die materiellen Besitztümern in der Gesellschaft oft beigemessen wird.

Weitere Informationen

Johann Gottfried Herder ist der Autor des Gedichtes „Diogenes und Krösus“. Im Jahr 1744 wurde Herder in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. Zwischen den Jahren 1760 und 1803 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Sturm & Drang oder Klassik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Herder ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Die Epoche des Sturm und Drang reicht zeitlich etwa von 1765 bis 1790. Sie ist eine Strömung innerhalb der Aufklärung (1720–1790) und überschneidet sich teilweise mit der Epoche der Empfindsamkeit (1740–1790) und ihren Merkmalen. Häufig wird die Epoche des Sturm und Drang auch als Genieperiode oder Geniezeit bezeichnet. Die Klassik knüpft an die Literaturepoche des Sturm und Drang an. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dominierte der Geist der Aufklärung das literarische und philosophische Denken im deutschen Sprachraum. Der Sturm und Drang „stürmte“ und „drängte“ als Jugend- und Protestbewegung gegen diese aufklärerischen Ideale. Ein wesentliches Merkmal des Sturm und Drang ist somit ein Auflehnen gegen die Epoche der Aufklärung. Die Vertreter der Epoche des Sturm und Drang waren häufig Schriftsteller im jungen Alter, die sich gegen die vorherrschende Strömung der Aufklärung wandten. Die Schriftsteller versuchten in den Gedichten eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Es wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Die traditionellen Werke vorangegangener Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Schiller, Goethe und natürlich die anderen Autoren jener Zeit suchten nach etwas Universalem, was in allen Belangen und für jede Zeit gut sei und entwickelten sich stetig weiter. So ging der Sturm und Drang über in die Weimarer Klassik.

Die Literaturepoche der Weimarer Klassik dauerte von 1786 bis 1832 an. Bedeutende Vertreter dieser Epoche waren Goethe und Schiller. Die zeitliche Abgrenzung orientiert sich dabei an dem Schaffen Goethes. So wird dessen erste Italienreise 1786 als Beginn der deutschen Klassik angesehen, die dann mit seinem Tod 1832 ihr Ende nahm. Sowohl Klassik als auch Weimarer Klassik sind oftmals verwendete Bezeichnungen für die Literaturepoche. Die Klassik geht von einer Erziehbarkeit des Menschen zum Guten aus. Ihr Bestreben ist die Humanität, die wahre Menschlichkeit (das Schöne, Gute, Wahre). Die Vertreter der Klassik gingen davon aus, dass Gott den Menschen Gefühle und Vernunft gibt und die Menschen damit dem Leben einen Sinn geben. Der Mensch ist also von höheren Mächten bestimmt. Kennzeichnend ist ein hohes Sprachniveau und eine reglementierte Sprache. Diese reglementierte Sprache verdeutlicht im Vergleich zum natürlichen Sprachideal des Sturm und Drang mit all seinen Derbheiten den Ausgleich zwischen Gefühl und Vernunft. Die Vertreter der Epoche haben in der Weimarer Klassik auf Stil- und Gestaltungsmittel aus der Antike zurückgegriffen. Goethe, Schiller, Wieland und Herder bildeten das „Viergestirn“ der Klassik. Es gab natürlich auch noch andere Autoren, die typische Werke veröffentlichten, doch niemand übertraf die Fülle und die Popularität dieser vier Autoren.

Das vorliegende Gedicht umfasst 54 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 8 Versen. Der Dichter Johann Gottfried Herder ist auch der Autor für Gedichte wie „Apollo“, „Bilder und Träume“ und „Das Flüchtigste“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Diogenes und Krösus“ weitere 413 Gedichte vor.

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