Das Lied vom Stein von Ernst Moritz Arndt
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Wo zu des Rheines heil'gen Wogen |
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Die Lahn in bunten Ufern rauscht, |
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Da ist ein Adler aufgeflogen, |
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Der früh dem Sphärenklang gelauscht, |
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Der frühe in des Lichtes Wonne |
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Die junge Seele eingetaucht, |
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Den früh der goldne Reiz der Sonne |
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Mit stolzer Sehnsucht angehaucht. |
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Da saß er in dem Felsenneste, |
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Das seine Väter einst gebaut, |
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Da klang ihm auf der hohen Feste |
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Der grauen Vorzeit Wunderlaut: |
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Hei! Wie dem Jüngling von dem Klingen |
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Die Brust erschwoll im süßen Wahn! |
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Hei! Wie er oft geregt die Schwingen, |
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Als mäß' er schon die Sonnenbahn! |
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Drauf in das Leben ausgeflogen |
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Wie find't er alles anders gar! |
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Verfinstert hat den Himmelsbogen |
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Ein wüster Schwarm dem Sonnenaar, |
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Die Krähen und die Dohlen haben |
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Verhüllt des Lichtes goldnen Schein, |
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Und Eulen wollen gar und Raben |
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Herolde und Propheten sein. |
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Doch mitten in den Truggestalten |
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Schirmt ihn des Herzens fromme Scheu, |
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Er bleibt den himmlischen Gewalten |
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Des Jugendwahnes redlich treu, |
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Er winkt hinauf zur höchsten Ferne, |
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Hinab zum tiefsten Geisterort |
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Und spricht: »Die Götter und die Sterne |
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Sie halten ewig fest ihr Wort. |
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Ist gleich der Sonnenpfad der Väter |
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Vom schwarzen Pöbelschwarm verhüllt, |
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So brennt mir doch vom lichten Äther |
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In tiefster Brust ein Flammenbild; |
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Laß ewige Nacht das All bedecken, |
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Den Himmel tun den Höllenfall, |
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Die Seele zittert keinen Schrecken, |
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Sie trägt das All, sie ist das All.« |
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Heil dir, du Sohn vom Felsenneste! |
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Heil dir, du mutig Sonnenkind! |
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Der hohe Walter ob der Feste, |
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Er hat gesandt den Sausewind: |
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Die schwachen Flügel sind zerbrochen, |
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Dem Adler sind die Lüfte rein, |
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Das Nichts ist in sein Nichts gekrochen, |
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Der Tugend soll das Zepter sein! |
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Heil, fester Stein von festem Steine! |
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Heil, stolzer, freier, deutscher Mann! |
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Der in des Ruhmes Sonnenscheine |
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Vor aller Welt nun leuchten kann! |
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Zerschmettert liegt die Pöbelrotte, |
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Zerflogen ist der Knechte Wahn, |
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Und mit dem alten deutschen Gotte |
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Geht Ehre auf der Ehrenbahn. |
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Heil, fester Stein von festem Steine! |
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Heil Freiheit, Vaterland und Recht! |
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Sieh lange noch am deutschen Rheine |
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In Freuden blühen Teuts Geschlecht! |
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Sieh lange noch vom Sitz der Ahnen |
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Im schönsten Lebensabendschein |
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Die freien Enkel der Germanen, |
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Das freie Land, den freien Rhein! |
Details zum Gedicht „Das Lied vom Stein“
Ernst Moritz Arndt
8
64
352
1814
Klassik,
Romantik
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Das Lied vom Stein“ wurde von Ernst Moritz Arndt geschrieben, einem deutschen Schriftsteller und Abgeordneten, der von 1769 bis 1860 lebte. Das Gedicht muss also in etwa im 19. Jahrhundert entstanden sein, wahrscheinlich während der deutschen Nationalbewegung und vielleicht sogar im Kontext der Befreiungskriege gegen Napoleon.
Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht sehr leidenschaftlich und dramatisch, mit vielen Bildern aus der Natur. Es gibt einen starken Betonung auf Freiheit, Stärke und Heldentum, sowie eine tiefe Verbindung zum deutschen Vaterland und zur deutschen Geschichte.
Inhaltlich erzählt das Gedicht die Geschichte eines Adlers (als Metapher für das Individuum oder das deutsche Volk), der aufwächst, die Welt entdeckt und dabei auf Hindernisse und Betrug stößt. Trotz dieser schwierigen Erfahrungen bleibt der Adler jedoch seiner wahren Natur treu, erkennt die ewige Wahrheit der Welt und überwindet schließlich alle Hindernisse. Am Ende steht der Adler als Symbol für Freiheit, Stärke und Einheit.
Durch die Wahl des Adlers als zentrales Motiv möchte das lyrische Ich vermutlich Stärke, Freiheit und Unabhängigkeit symbolisieren. Es scheint trotz aller Rückschläge und Widrigkeiten auf Optimismus und Triumph zu setzen. Durch die Betonung des Deutschen als „Sohn vom Felsennest“ und „stolzes Sonnenkind“, sieht man deutlich, dass das Gedicht das deutsche Volk feiert und dessen Stärke und Ausdauer lobt.
Das Gedicht folgt einer eindeutigen Struktur mit acht Strophen, jede bestehend aus acht Versen. Die reiche Nutzung von Metaphern und Naturbildern verstärkt die emotionale Wirkung des Gedichts und verleiht ihm Dichte und Tiefe. Es wird eine effektive Mischung aus traditionellen und individuellen Stilmitteln eingesetzt, die ein lebendiges und eindrucksvolles Bild erzeugt.
Die Sprache ist sehr bildhaft und kraftvoll, mit vielen Adjektiven und starken Ausdrücken. Dies spiegelt die Leidenschaft und Energie des lyrischen Ichs wider und verleiht dem Gedicht einen sehr emotionalen und ergreifenden Charakter. Die wiederholten Anrufungen („Heil...“) erhöhen den dramatischen Effekt und geben dem Gedicht einen hymnischen und feierlichen Ton.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Das Lied vom Stein“ ein leidenschaftliches und stolzes Gedicht ist, das die Stärke und Ausdauer des deutschen Volkes feiert und den Glauben an Freiheit, Gerechtigkeit und Wahrheit betont.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Das Lied vom Stein“ ist Ernst Moritz Arndt. Der Autor Ernst Moritz Arndt wurde 1769 in Groß Schoritz (Rügen) geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1814 zurück. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Klassik oder Romantik zugeordnet werden. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 352 Wörter. Es baut sich aus 8 Strophen auf und besteht aus 64 Versen. Ernst Moritz Arndt ist auch der Autor für Gedichte wie „Laßt wehen, was nur wehen kann“, „Ballade“ und „Die Zaunranke und der Klee“. Zum Autor des Gedichtes „Das Lied vom Stein“ haben wir auf abi-pur.de weitere 285 Gedichte veröffentlicht.
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Zum Autor Ernst Moritz Arndt sind auf abi-pur.de 285 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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