Meine Grablegung von Ernst Moritz Arndt
1 |
»Wann ich gestorben, schlagt den schwarzen Mantel |
2 |
Um meinen morschen Leib, wie er verschlissen. |
3 |
Ihr wißt, warum: die Sünde, die Tarantel, |
4 |
Hat mich in grüner Jugend scharf gebissen. |
|
|
5 |
Drum mußt' ich taumelnd in dem tollen Tanze, |
6 |
Der Leben heißt, durch böse Irren schweifen, |
7 |
Am Becher wilder Lust, am bunten Kranze |
8 |
Der Torheit wie an Blumen mich vergreifen. |
|
|
9 |
Wie sollt' ich anders denn vor Gott erscheinen |
10 |
Am Jüngsten Tag, als trauernd und zerrissen? |
11 |
Ach! Mein Gefolg', mein Engel, der wird weinen |
12 |
Und mein Vertrauter zagen, mein Gewissen.« |
|
|
13 |
So sprach ich. Und mein Töchterlein, das feine, |
14 |
Wischt' aus den Augen sich die hellen Zähren: |
15 |
»O Vater, diese Farben sind nicht deine; |
16 |
Wie kommst du auf die alten Heidenmären? |
|
|
17 |
Ich weiß es besser, wie wir dann dich kleiden: |
18 |
Dein Leichentuch muß grün sein, und ein rotes |
19 |
Herz auf dein Herz genäht; denn diese beiden, |
20 |
Das Grün und Rot, verkünden nichts Gedrohtes. |
|
|
21 |
Die frohen Christenfarben sollst du nehmen |
22 |
Mit grünem Christenglauben in die Erde. |
23 |
Was spielst du so mit wüsten Heidenschemen, |
24 |
Verzerrt durch Graun der düstern Nachtgebärde?« |
|
|
25 |
So winkte mich das Kind zur Himmelspforte |
26 |
Zurück, zurück zum Grün, zum grünen Hoffen, |
27 |
Zurück zum Rot, zu dem, des Wunden offen |
28 |
Geblutet an dem Kreuz, zum Liebeshorte. |
|
|
29 |
Drum, wann ich sterbe, sollt ihr grün mich kleiden, |
30 |
Ein rotes Herz mir nähn auf Herzensstelle: |
31 |
Grün ist das Wort vom Christ und rot die Welle, |
32 |
Die eine schwarze Welt gesühnt durch Leiden. |
Details zum Gedicht „Meine Grablegung“
Ernst Moritz Arndt
8
32
234
1839
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz
Gedicht-Analyse
Das Gedicht heißt „Meine Grablegung“ und wurde von Ernst Moritz Arndt, einem deutschen Schriftsteller und Politiker, geschrieben. Er wurde 1769 geboren und starb 1860, wodurch das Werk in die Zeit zwischen Spätromantik und Vormärz einzuordnen ist.
Auf den ersten Blick wird man in eine Stimmung der Melancholie und des Nachdenkens über die eigene Sterblichkeit versetzt. Es beschäftigt sich mit den Themen Tod, Sünde, Reue und Hoffnung.
Thematisch beklagt das lyrische Ich seine begangenen Sünden und reflektiert über seine jüngere Geschichte. Es spricht von „schwarzen Mantel“, „morschen Leib“ und von einer Tarantel, die es beißt. Dies symbolisiert die Sünden und mit ihnen verbundene Schuldgefühle.
In der zweiten Strophe wird das lyrische Ich konkreter und spricht von einem „tollen Tanze“, „bösen Irren schweifen“ und „Am Becher wilder Lust“. Hier rekapituliert das Ich seine wilden, unmoralischen Jahre, in denen es sich in exzessiven Freuden hineinsteigerte.
In der dritten Strophe, bemerkt der Sprecher die Erwartung des Jüngsten Gerichts mit Bedauern und Angst. Die personifizierten Figuren des Engels und Gewissens weisen auf eine spirituelle Dimension hin.
Seine Tochter äußert sich in der vierten und fünften Strophe und bringt eine andere Perspektive ein. Sie spricht über christliche Symbole – das grüne Leichentuch und das rote Herz – die Hoffnung und Liebe repräsentieren und widerspricht so der düsteren Sicht ihres Vaters.
In den letzten Strophen akzeptiert das lyrische Ich die Aussagen der Tochter und die Mitteilung endet mit der bitte an sein Umfeld, anlässlich seines Todes, diese christlichen Symbole zu verwenden.
Formal besteht das Gedicht aus acht 4-zeiligen Strophen mit klassischen Reimschema von vier Versen ABAB. Sprachlich ist das Gedicht eher einfach und geradlinig, doch es zeichnet sich durch reiche Symbolik aus: der schwarze Mantel steht für Sünde und Tod, während das grüne Leichentuch und rote Herz für Hoffnung, Christlichkeit und Liebe stehen.
Insgesamt ist „Meine Grablegung“ ein Gedicht über Reue und Erlösung , das Bild eines Menschen, der in seinem Leben Fehler begangen hat, sich dessen bewusst ist und mit Hoffnung und Glauben nach vorne blickt.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Meine Grablegung“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Ernst Moritz Arndt. Geboren wurde Arndt im Jahr 1769 in Groß Schoritz (Rügen). 1839 ist das Gedicht entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Biedermeier oder Junges Deutschland & Vormärz zu. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das 234 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 8 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Ernst Moritz Arndt sind „Klage um Auerswald und Lichnowsky“, „Das Glück, das glatt“ und „Laßt wehen, was nur wehen kann“. Zum Autor des Gedichtes „Meine Grablegung“ haben wir auf abi-pur.de weitere 285 Gedichte veröffentlicht.
+ Mehr Informationen zum Autor / Gedicht einblenden.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Weitere Gedichte des Autors Ernst Moritz Arndt (Infos zum Autor)
- Der Mann
- Der Weihnachtsbaum
- Klage um Auerswald und Lichnowsky
- Das Glück, das glatt
- Laßt wehen, was nur wehen kann
- Ballade
- Die Zaunranke und der Klee
- Elegie
- Die Biene und der Lenz
- Leben
Zum Autor Ernst Moritz Arndt sind auf abi-pur.de 285 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
Freie Ausbildungsplätze in Deiner Region
besuche unsere Stellenbörse und finde mit uns Deinen Ausbildungsplatz
erfahre mehr und bewirb Dich direkt