Allein von Ernst Moritz Arndt

Ich bin allein, in weiter Welt allein,
All meine Sterne schlossen ihren Himmel,
Im dichten Menschenstrudel ganz allein,
Allein im bunten, wilden Erdgewimmel
Allein? Wie furchtbar tönst du, Schreckenswort!
Zum Ozean des Nichts wie treibst du fort!
 
Allein! So schloß sich schwarz der Himmel zu,
Der meine jungen Tage einst umglänzte?
So flüchtig, süße Freude, warest du,
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Die meinen Frühling einst mit Rosen kränzte?
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Allein? Allein? O gräßlich düstres Wort!
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Einsam der Mensch und ohne Heim und Ort?
 
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Einsam der Mensch? Du faselst, dunkler Tor
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Lockt nicht die Sonne mit den alten Strahlen?
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Lockt nicht die Wiese mit dem Blumenflor,
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Ein zweites Eden vor dir hinzumalen?
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Spricht Gott nicht in dem Stein und Gras und Strauch,
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Im Sternenschimmer und im Blütenhauch?
 
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Spricht Gott in dir nicht? Ja, wenn Kerkernacht
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Im Moder fern von Sonn' und Mond dich hielte,
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Und wenn des Satans schärfste Höllenmacht
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Mit allen Zweifelsschüssen auf dich zielte,
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Wo Gott und Liebe spricht, wie könnt' es sein?
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Mit Gott und Liebe bleibt kein Mensch allein.
 
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Mit Gott und Liebe - o das Freudenwort!
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Gleich fliegen her die Myriaden Geister
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Und jagen alle düstern Spuke fort
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Und werden aller bösen Träume Meister,
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Und fröhlich tagt's wie junger Morgenschein:
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Mit Gott und Liebe bleibt kein Mensch allein.
 
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O Gott und Liebe! O du Liebesheld!
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Du Stiller alles Jammers, aller Klagen!
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Du Helfer und Befreier aller Welt,
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Der auch für mich den Dornenkranz getragen
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Bescheinst du mich, du höchster Liebesschein,
36 
Ist alle Erde, aller Himmel mein.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.6 KB)

Details zum Gedicht „Allein“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
245
Entstehungsjahr
1841
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Allein“ stammt von dem deutschen Schriftsteller und Historiker Ernst Moritz Arndt, der zwischen dem 26. Dezember 1769 und dem 29. Januar 1860 lebte. Dies platziert das Gedicht in die Zeit der Romantik und des Biedermeier, eine Epoche, die oft als Reaktion auf die Industrialisierung und das wachsende Bürgertum angesehen wird.

Auf den ersten Blick erweckt das Gedicht einen melancholischen und fast trostlosen Eindruck, aber durch die anhaltende Wiederholung des Wortes „allein“, insbesondere in den ersten beiden Strophen, und die Verwendung von starken, auffälligen Bildern wie „Ozean des Nichts“, „schwarz der Himmel“, „bösen Träume“ und „Dornenkranz“.

Der Inhalt des Gedichts thematisiert die Erfahrung von Einsamkeit und Isolation, mit einer starken Betonung auf der emotionalen und psychologischen Erfahrung des lyrischen Ichs. Das lyrische Ich fühlt sich allein in der Welt, fühlt sich unverbunden und verworfen. Dieses starke Gefühl der Verlassenheit veranlasst das lyrische Ich, seine Situation zu überdenken und nach Trost und Verbindung zu suchen. Im Laufe des Gedichts kommt das lyrische Ich jedoch zu dem Schluss, dass, obwohl es sich allein und verlassen fühlen kann, es nie wirklich allein ist. Die Präsenz von Gott und Liebe wird als mächtige und tröstende Präsenz präsentiert, die die Einsamkeit und Verzweiflung aufhebt.

Formal besteht das Gedicht aus sechs Strophen mit je sechs Versen. Die Sprache ist poetisch und bildhaft und forciert das Leitmotiv der einsamen und isolierten Existenz. Auffallend ist die ständige Wiederholung des Wortes „allein“, das die Atmosphäre der Verlassenheit noch verstärkt. Arndts konsequenter Gebrauch von Fragestellungen unterstreicht diese innere Zerrissenheit und das Fragen nach einem Ausweg aus der Einsamkeit.

Zusammengefasst ist Arndts „Allein“ ein beeindruckendes Gedicht, das die düsteren Gefühle von Isolation und Einsamkeit mit der hoffnungsvollen und tröstenden Botschaft von Liebe und göttlicher Präsenz kontrastiert. Die formale Struktur und die sprachliche Gestaltung dieses Gedichts dienen dazu, diese Botschaft auf eindrucksvolle und effektive Weise zu vermitteln.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Allein“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Ernst Moritz Arndt. Geboren wurde Arndt im Jahr 1769 in Groß Schoritz (Rügen). Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1841. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Biedermeier oder Junges Deutschland & Vormärz kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das vorliegende Gedicht umfasst 245 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 36 Versen. Ernst Moritz Arndt ist auch der Autor für Gedichte wie „Klage um Auerswald und Lichnowsky“, „Das Glück, das glatt“ und „Laßt wehen, was nur wehen kann“. Zum Autor des Gedichtes „Allein“ haben wir auf abi-pur.de weitere 285 Gedichte veröffentlicht.

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