Heid und Christ von Ernst Moritz Arndt
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»Geh drunter durch und laß es rollen! |
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Laß donnern laut, was Donner ist! |
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Denn was die Höchsten droben wollen, |
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Das muß geschehn zu jeder Frist. |
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Sprich: Trotz sei dir, o Himmelskönig! |
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Auch meine Stirne trägt dein Mal |
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Hui! Hoch und Niedrig, Groß und Wenig! |
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Kühn steh' ich deinem Wetterstrahl. |
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Wie? Knien, wimmern mit den Wichten? |
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Das hemmt kein Tröpflein deiner Flut |
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Zerschlagen kannst du, nicht vernichten: |
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Auch meine Brust schwellt Götterglut. |
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Reck' aus denn! Schleudre deine Flamme |
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Mit deinen schärfsten Blitzen aus! |
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Den Funken vom Prometheusstamme |
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Ihn löschet keine Allmacht aus.« |
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So klingt des alten Heiden Rede, |
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So kämpft er, groß im Weltensturz, |
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Die ungeheure Geisterfehde, |
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Doch wird ihm Lust und Atem kurz. |
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Was frommt Ich trage keine Ketten, |
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Was frommt der kühne Spruch dem Mann, |
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Den von dem finstern Stolz erretten |
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Kein Sonnenstrahl der Liebe kann? |
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Was frommt ihm Werfen in die Speichen |
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Des Schicksalswagens frech die Faust, |
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Der über Trümmer fort und Leichen |
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Unwiderstehlich weitersaust? |
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Was frommt's, im bittern Gram vermodern, |
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Wenn auch der Funke nimmer stirbt? |
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In heißer Flamm' unsterblich lodern, |
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Wenn Lust und Mut im Trotz verdirbt? |
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Mir horch'! Ich will dir Schönres weisen, |
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Den hellen, heitern, sanften Weg: |
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Zu meinem Heiland sollst du reisen, |
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Ihn schaun, und Trotz und Zorn ist weg. |
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Prometheus auch hat er gehangen |
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An seinem blut'gen Kaukasus, |
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Weil er das Sehnen und Verlangen |
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Der bangen Seelen stillen muß; |
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Weil er das neue Licht getragen, |
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Der Menschheit junges Morgenrot, |
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Ist er ans Schandenholz geschlagen, |
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Gestorben den Verbrechertod. |
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Ihn schau', sein Kreuz und seine Wunden, |
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Dann geht dir auf ein himmlisch Licht, |
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Und alle Schrecken sind verschwunden, |
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Und Stolz und Hochmut kämpfen nicht. |
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Dann laß nur alle Donner rollen, |
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Gar fröhlich gehst du drunter durch: |
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Denn wie dein Vater muß Gott wollen, |
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Und Liebe trägt die Himmelsburg. |
Details zum Gedicht „Heid und Christ“
Ernst Moritz Arndt
13
52
294
1846
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz
Gedicht-Analyse
Ernst Moritz Arndt, geboren 1769 und gestorben 1860, ist der Autor des Gedichts „Heid' und Christ“. Dieser führende Vertreter des deutschen Biedermeier und Vormärz setzte sich in seinen Arbeiten für Freiheit, Nationalismus und Frömmigkeit ein und ist berühmt für seine scharfsinnige Kritik und positiven Darstellungen von Freiheit und individueller Souveränität.
Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht leidenschaftlich und feierlich, mit starken, unerschrockenen Bildern von göttlicher Macht und menschlicher Trotzigkeit.
Das lyrische Ich interpretiert die Rede eines alten Heiden, der Gott trotzt und trotz aller körperlichen Zerstörung, die ihm widerfahren kann, behauptet, dass seine geistige Flamme nicht gelöscht werden kann. Doch das lyrische Ich argumentiert, dass dieser Trotz ihm nicht hilft, sondern nur zu bitterem Kummer führt. Er empfiehlt dem Heiden, sich dem Christentum zuzuwenden und auf Jesus zu schauen, der auch gelitten hat, aber Frieden und Liebe bringt.
Das Gedicht ist in der Form eines Dialogs geschrieben und besteht aus 13 Strophen mit jeweils vier Versen. Die Sprache ist stark und leidenschaftlich, mit Bildern von Donnern, göttlicher Macht und menschlicher Herausforderung und Trotz. Diese dichten, lebendigen Bilder erzeugen eine starke emotionale Reaktion und unterstreichen die Botschaft des Gedichts.
Die Botschaft des Gedichts ist klar und macht deutlich, dass menschlicher Stolz und Auflehnung gegen Gott zu Leid und Kummer führen, während Demut und Glauben Frieden und Liebe bringen. Es liefert dabei eine starke Kritik an der heidnischen Vorstellung des unbeugsamen, trotzig auflehnen gegenüber einer divinen Macht und preist gleichzeitig die christliche Botschaft von Liebe, Demut und Erlösung. Folglich ist es ein eindeutig christlich geprägtes Gedicht, das in der Zeit der Romantik und des Biedermeier geschrieben wurde, als das Christentum einen wichtigen Einfluss auf die Kultur und Literatur Europas hatte.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Heid und Christ“ ist Ernst Moritz Arndt. Der Autor Ernst Moritz Arndt wurde 1769 in Groß Schoritz (Rügen) geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1846 entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Biedermeier oder Junges Deutschland & Vormärz zuordnen. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das Gedicht besteht aus 52 Versen mit insgesamt 13 Strophen und umfasst dabei 294 Worte. Der Dichter Ernst Moritz Arndt ist auch der Autor für Gedichte wie „Laßt wehen, was nur wehen kann“, „Ballade“ und „Die Zaunranke und der Klee“. Zum Autor des Gedichtes „Heid und Christ“ haben wir auf abi-pur.de weitere 285 Gedichte veröffentlicht.
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Zum Autor Ernst Moritz Arndt sind auf abi-pur.de 285 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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