Trinklied zu meinem 79. Jahrestage von Ernst Moritz Arndt
1 |
Schenkt ein und reicht mir den Pokal, |
2 |
Gefüllt mit Gold von edlen Weinen! |
3 |
Heut soll ein letzter Sonnenstrahl |
4 |
Mit Jugendglanz mein Haupt bescheinen! |
5 |
Viel tausend Sonnen gingen zu Tal |
6 |
Mit trüben und mit hellen Scheinen, |
7 |
Doch zieh' ich's Fazit aus der Zahl, |
8 |
Wippt hoch das Lachen auf das Weinen. |
|
|
9 |
Bei diesem Fazit fällt mir ein: |
10 |
Wo seid ihr, meine Schwinger, Klinger |
11 |
Von gutem Eisen, gutem Wein? |
12 |
Wo seid ihr, Klinger, Schwinger, Singer? |
13 |
Wo ihr, die weiland hell und frisch |
14 |
Im Freudenkampf mit mir gestritten? |
15 |
Vom Kampfplatz fern, vom Jubeltisch, |
16 |
Ach, längst vom Leben abgeglitten. |
|
|
17 |
Doch schenkt mir ein! Heut will im Schwung |
18 |
Ich über Tod und Leben schweben; |
19 |
Schenkt voll mir ein! Heut will ich jung |
20 |
Zurück ein Halbjahrhundert leben |
21 |
Und fliegen über Staub und Grab |
22 |
Nach oben alle guten Geister, |
23 |
Sie winken heut mir Lust herab |
24 |
Und rufen: Bleib der Freuden Meister. |
|
|
25 |
Drum schenkt mir ein! Mein vollstes Glas |
26 |
Dem Herrscher über Tod und Leben, |
27 |
Der mir ein Herz gab ohne Haß |
28 |
Und Harm, sei höchster Klang gegeben! |
29 |
Ein hoher allen, die den Greis |
30 |
In seinen kalten, grauen Tagen, |
31 |
Wofür er kaum zu danken weiß, |
32 |
Mit treuer, junger Liebe tragen! |
|
|
33 |
Ja, zweimal hoch und dreimal hoch |
34 |
Dir, Liebe, Königin der Erde, |
35 |
Die mich in süßer Lust erzog, |
36 |
Daß Mensch ich ward in Lichtgebärde! |
37 |
Schenkt ein, weil noch die Sonne scheint! |
38 |
Der Liebe soll mein Letztes klingen! |
39 |
Und allem, was mich freundlich meint, |
40 |
Will ich damit mein Schönstes bringen! |
Details zum Gedicht „Trinklied zu meinem 79. Jahrestage“
Ernst Moritz Arndt
5
40
239
1848
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Trinklied zu meinem 79. Jahrestage“ stammt von Ernst Moritz Arndt, einem deutschen Dichter, Schriftsteller und Historiker, der von 1769 bis 1860 lebte. Damit lässt sich das Gedicht zeitlich in die Epoche der Romantik einordnen, die von etwa 1795 bis 1848 andauerte und durch ihre Fokussierung auf Gefühlsausdruck, die Natur und die Betonung individueller Erfahrung gekennzeichnet ist.
Auf den ersten Eindruck präsentiert das Gedicht eine fröhliche Feier des Lebens, voller Nostalgie, Freude und Dankbarkeit, jedoch mit einem Anflug von Melancholie in Bezug auf die Vergangenheit und die verlorenen Freunde.
Inhaltlich reflektiert das lyrische Ich über sein bisheriges Leben und feiert seinen 79. Geburtstag. Es erinnert sich an gute Zeiten, erkennt aber auch die Vergänglichkeit des Lebens. Es scheint jeden Augenblick zu schätzen und lädt dazu ein, das Leben trotz der Unvermeidlichkeit des Todes zu feiern. Das lyrische Ich betont den Wert der Liebe und der Jugend, selbst im höheren Alter.
Formal besteht das Gedicht aus fünf Strophen mit jeweils acht Versen. Die Sprache ist bildreich und rhythmisch mit einer sehr feierlichen und dankbaren Stimmung, die sich durch das gesamte Gedicht zieht. Der wiederholte Aufruf „Schenkt ein“ unterstreicht die feierliche Stimmung, sowie den Wunsch des lyrischen Ichs, das Leben zu zelebrieren und die Vergangenheit Revue passieren zu lassen. Das wiederkehrende Motiv des Weins, das sich in Verbindung mit der Wahrung des Frohsinns und der Liebe durch das gesamte Gedicht zieht, symbolisiert die Freuden des Lebens und den Wunsch, diese auch im hohen Alter noch zu genießen.
Fazit: Das Gedicht ist eine Ode an das Leben und die Liebe, trotz des fortschreitenden Alters und der Konfrontation mit Vergänglichkeit und Tod. Es feiert die Lebensfreude, die Erinnerungen und die Dankbarkeit gegenüber dem Leben und den geliebten Menschen. In seiner Form und Sprache schafft es eine Atmosphäre der Feierlichkeit, Nostalgie und Wertschätzung des Vergangenen. Ernst Moritz Arndt zelebriert das Leben in jeder Phase und erinnert uns daran, Dankbarkeit und Freude in jedem Alter zu bewahren.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Trinklied zu meinem 79. Jahrestage“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Ernst Moritz Arndt. Im Jahr 1769 wurde Arndt in Groß Schoritz (Rügen) geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1848 entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 239 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Ernst Moritz Arndt sind „Elegie“, „Die Biene und der Lenz“ und „Leben“. Zum Autor des Gedichtes „Trinklied zu meinem 79. Jahrestage“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 285 Gedichte vor.
+ Mehr Informationen zum Autor / Gedicht einblenden.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Weitere Gedichte des Autors Ernst Moritz Arndt (Infos zum Autor)
- Der Mann
- Der Weihnachtsbaum
- Klage um Auerswald und Lichnowsky
- Das Glück, das glatt
- Laßt wehen, was nur wehen kann
- Ballade
- Die Zaunranke und der Klee
- Elegie
- Die Biene und der Lenz
- Leben
Zum Autor Ernst Moritz Arndt sind auf abi-pur.de 285 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
Freie Ausbildungsplätze in Deiner Region
besuche unsere Stellenbörse und finde mit uns Deinen Ausbildungsplatz
erfahre mehr und bewirb Dich direkt