Wiegenlied von Karl Theodor Körner

Schlummre sanft! - Noch an dem Mutterherzen
Fühlst du nicht des Lebens Qual und Lust;
Deine Träume kennen keine Schmerzen,
Deine Welt ist deiner Mutter Brust.
 
Ach! wie süß träumt man die frühen Stunden,
Wo man von der Mutterliebe lebt;
Die Erinnerung ist mir verschwunden,
Ahnung bleibt es nur, die mich durchbebt.
 
Dreimal darf der Mensch so süß erwarmen,
10 
Dreimal ist's dem Glücklichen erlaubt,
11 
Daß er in der Liebe Götterarmen
12 
An des Lebens höh're Deutung glaubt.
 
13 
Liebe giebt ihm ihren ersten Segen,
14 
Und der Säugling blüht in Freud' und Lust.
15 
Alles lacht dem frischen Blick entgegen,
16 
Liebe hält ihn an der Mutterbrust.
 
17 
Wenn sich dann der schöne Himmel trübte,
18 
Und es wölkt sich nun des Jünglings Lauf:
19 
Da, zum zweitenmal, nimmt als Geliebte
20 
Ihn die Lieb' in ihre Arme auf.
 
21 
Doch im Sturme bricht der Blütenstengel,
22 
Und im Sturme bricht des Menschen Herz:
23 
Da erscheint die Lieb' als Todesengel,
24 
Und sie trägt ihn jubelnd himmelwärts.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.8 KB)

Details zum Gedicht „Wiegenlied“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
155
Entstehungsjahr
1791 - 1813
Epoche
Klassik,
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Wiegenlied“ stammt von dem deutschen Dichter Karl Theodor Körner, der während der Epoche der Romantik lebte und schrieb. Körners kurzes Leben (1791-1813) fiel in eine Zeit großer politischer und sozialer Umbrüche, was sich teilweise auch in seinen Werken widerspiegelt.

Das Gedicht hinterlässt einen beruhigenden, aber gleichzeitig melancholischen Eindruck. Es beschäftigt sich mit den Lebensphasen eines Menschen und hebt hervor, wie die Liebe ihn durch diese Phasen begleitet.

Das Gedicht beginnt damit, dass das lyrische Ich den Schlaf eines Säuglings am Mutterherzen beschreibt. Der Säugling ist noch geschützt vor den Höhen und Tiefen des Lebens und erfährt die Mutterliebe in seiner frühen Kindheit als etwas sehr Positives. In der zweiten Strophe zeigt sich das lyrische Ich nachdenklich und sehnsüchtig, als es an seine eigenen Erfahrungen mit der Mutterliebe erinnert.

In den folgenden Strophen spricht Körner von drei Phasen der Liebe im Leben eines Menschen: Die Liebe einer Mutter für ihr Kind, die Liebe zwischen zwei Liebenden und schließlich die Liebe, die einen Menschen in den Tod begleitet. Körner suggeriert dabei, dass jede dieser Formen der Liebe ihre eigene Bedeutung und ihren eigenen Segen mit sich bringt.

Das Gedicht besteht aus sechs Strophen mit je vier Versen und folgt keinem strikten Reimschema. Dies wirkt befreiend und fließend. Die Sprache Körners ist dabei relativ einfach und unkompliziert, mit vielen Symbolen und Metaphern, um Gefühle und Stimmungen zu vermitteln.

Insgesamt kann das Gedicht als eine Betrachtung des Lebenszyklus aus der Perspektive der Liebe interpretiert werden. Trotz der Schönheit und Freude, die mit der Liebe verbunden wird, ist unübersehbar, dass sie auch mit Schmerz und Tod einhergehen kann. Dies spiegelt womöglich Körners eigene Erfahrungen in einer Zeit großer Umbrüche und Konflikte wider.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Wiegenlied“ ist Karl Theodor Körner. Geboren wurde Körner im Jahr 1791 in Dresden. In der Zeit von 1807 bis 1813 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Klassik oder Romantik zugeordnet werden. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das 155 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Der Dichter Karl Theodor Körner ist auch der Autor für Gedichte wie „Liebe führt durch Nacht“, „Ahndungsgrauend, todesmutig“ und „Was zieht ihr die Stirne finster und kraus?“. Zum Autor des Gedichtes „Wiegenlied“ haben wir auf abi-pur.de weitere 15 Gedichte veröffentlicht.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Weitere Gedichte des Autors Karl Theodor Körner (Infos zum Autor)

Zum Autor Karl Theodor Körner sind auf abi-pur.de 15 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.