Sturmes Weckruf von Anna Ritter

Du, dem ich mein jauchzend Lied
Heut gesungen hab –
Brause einst, du wilder Sturm,
Über meinem Grabe!
 
Mächtiger, als Menschenwort
Und der Klang der Glocken,
Wird dein stolzer Königsruf
Meine Seelen locken.
 
Trug ich nach der trägen Ruh
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Nimmer doch verlangen –
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Aus der steinbedeckten Gruft,
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Drin sie mich gefangen,
 
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Ringt mein Geist sich jubelnd los,
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Um, von dir getragen,
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Seiner Sehnsucht letzten Flug
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Nach dem Licht zu wagen!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.1 KB)

Details zum Gedicht „Sturmes Weckruf“

Autor
Anna Ritter
Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
70
Entstehungsjahr
1865 - 1921
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Dieses Gedicht stammt von der Dichterin Anna Ritter, die von 1865 bis 1921 lebte. Daher kann das Gedicht zeitlich in die Epoche des Spätrealismus und der beginnenden Moderne eingeordnet werden.

Beim ersten Lesen des Gedichts fällt auf, dass ein sehr persönlicher und emotionaler Ton mitschwingt. Das lyrische Ich wendet sich in diesem Gedicht an den Sturm, den es als eine mächtige, fast gottgleiche Macht darstellt. Dieser Sturm ist der Adressat des jauchzenden Gesangs, den das lyrische Ich zu Lebzeiten singt. Es äußert den Wunsch, dass dieser Sturm einst über ihrem Grab toben und ihre Seele wecken möge.

Das lyrische Ich spürt eine starke Abneigung gegen die Idee der stillen Ruhe im Grab – sie möchte nicht in der Grabeskirche gefangen sein, sondern sich aus dieser befreiten und zu den Höhen des Lichts emporragen. Der Sturm ist in dieser Hinsicht ein mächtiger Helfer und erweckt den Eindruck, als ob er das lyrische Ich mitreißen und seine Seele in einen neuen, leuchtenden Zustand versetzen könnte.

Die Form des Gedichts ist durch vier Strophen mit jeweils vier Versen streng strukturiert. Der Kreuzreim (Abab) und das regelmäßige Metrum erzeugen einen lyrischen Fluss, trotz des heftigen und gewaltsamen Bildes des Sturms in den Worten. Die Sprache des Gedichts ist bildhaft und metaphorisch: Begriffe wie „Trug“, „Brause“ und „jubelnd“ erzeugen ein Gefühl von Wildheit und Leidenschaft und betonen gleichzeitig die Emotionen und das starke Verlangen des lyrischen Ichs nach dem Licht.

Das Gedicht kann also als ein Ausdruck des drängenden Wunsches nach Befreiung vom irdischen Leben und Überschreitung der Grenzen des Todes interpretiert werden. Es ist eine mutige Aufforderung an die Macht der Natur, der sterblichen Existenz des lyrischen Ichs ein Ende zu setzen und ihr den Weg zu einem höheren Zustand des Seins zu weisen.

Weitere Informationen

Anna Ritter ist die Autorin des Gedichtes „Sturmes Weckruf“. Im Jahr 1865 wurde Ritter in Coburg geboren. Im Zeitraum zwischen 1881 und 1921 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten der Autorin kann der Text den Epochen Realismus, Naturalismus, Moderne, Expressionismus, Avantgarde / Dadaismus oder Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit zugeordnet werden. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das vorliegende Gedicht umfasst 70 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 16 Versen. Weitere Werke der Dichterin Anna Ritter sind „Wach auf mein Lieb“, „Schlafe, ach, schlafe“ und „Auf der Schwelle“. Zur Autorin des Gedichtes „Sturmes Weckruf“ haben wir auf abi-pur.de weitere 38 Gedichte veröffentlicht.

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