Der Bauer im Himmel von Karl Joseph Simrock

Ein Bauer kam ans Himmelstor,
Da stand ein Reicher schon davor;
Dem tat der heilge Petrus eben
Das Pförtlein auf zum ewgen Leben;
Schloß wieder zu, weil er nicht sah,
Daß noch ein andrer stünde da.
Doch pocht er und verzieht noch gern,
Denn zum Empfang des reichen Herrn
Hört er im Himmel jubilieren,
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Die Engel singen und musizieren,
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Dazu Geläut mit allen Glocken.
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Als endlich nun die Töne stocken,
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Noch einmal pocht das Bäuerlein,
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Und Petrus kam und ließ ihn ein.
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Wohl dachte da der gute Bauer,
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Um ihn auch wäre keine Trauer,
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Man würd auch ihm ein Ständchen bringen
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Und alle Glocken lassen klingen.
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Allein für diesmal ward nichts draus.
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Man nahm ihn zwar im ganzen Haus
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Gar freundlich auf, auch gingen ihm
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Entgegen Engel und Cherubin,
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Doch ohne allen Sang und Klang,
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Und niemand zog den Glockenstrang.
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Einfältig frug er: ?Was bedeutet,
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Daß man für mich nicht singt und läutet,
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Wie bei dem Reichen ist geschehn?
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Es scheint parteiisch zuzugehn
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Im Himmel auch wie auf der Erde."
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Sankt Peter lächelt der Beschwerde
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Und spricht: ?Das ist nun hier der Brauch.
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Du bist uns lieb wie jener auch
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Und hast an allen Freuden teil;
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Nur ruht Gesang und Glockenseil.
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Es wär auch allzu bald verschlissen,
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Würd immerfort daran gerissen;
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Die guten Englein würden heiser:
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Sieh, das erbarmt den Himmelskaiser,
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Denn arme Bäuerlein wie du
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Gehn täglich viel dem Himmel zu;
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Doch sieht man kaum in hundert Jahren
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Einen Reichen gegen Himmel fahren."
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.7 KB)

Details zum Gedicht „Der Bauer im Himmel“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
42
Anzahl Wörter
244
Entstehungsjahr
1802 - 1876
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Bauer im Himmel“ wurde von Karl Joseph Simrock verfasst, einem deutschen Schriftsteller und Dichter, der von 1802 bis 1876 lebte. Das Werk ist daher dem 19. Jahrhundert zuzuordnen.

Das Gedicht erzählt die Geschichte eines Bauern, der an das Himmelstor kommt, kurz nachdem ein reicher Mann eingelassen wurde. Während der Reiche mit Musik und Glockengeläut begrüßt wird, wird der Bauer nur still und freundlich empfangen. Deshalb fragt er Petrus, warum er nicht die gleiche Begrüßung erhält. Petrus erklärt, dass es eine Frage der Praktikabilität ist - einfache Bauern kommen viel häufiger in den Himmel als Reiche, und wenn jeder mit großer Fanfare begrüßt würde, würden die Glocken schnell verschlissen und die Engel heiser werden.

Die Geschichte verdeutlicht auf humoristische Art und Weise die Unterschiede zwischen Reichen und Armen und spielt auf die moralische Ungleichheit an, die oft in der Gesellschaft besteht. Auch im Himmel werden die Reichen erst einmal bevorzugt behandelt und erhalten mehr Aufmerksamkeit, während die Armen weniger Aufmerksamkeit erhalten.

Formell ist das Gedicht in vierzeilige Strophen gegliedert und weist ein durchgängiges Reimschema auf (Kreuzreim). Die Sprache ist einfach und anschaulich, mit klarer Wortwahl und direkter Ansprache, was dazu beiträgt, die Geschichte eingängig und leicht verständlich zu machen. Es finden sich humoristische und ironische Elemente, welche die Botschaft des Gedichts unterstreichen.

Die Botschaft des Gedichts könnte als eine Kritik und Satire auf den gesellschaftlichen Umgang mit Reichtum und Armut interpretiert werden. Es wird die Vorstellung in Frage gestellt, dass Reiche auch im Himmel bevorzugt werden, und die Einfachheit und Bescheidenheit der armen Bauern hervorgehoben. Die ironische Pointe, dass arme Bauern häufiger in den Himmel gelangen als Reiche, dient dazu, die moralische Gerechtigkeit des Himmels hervorzuheben und zum Nachdenken anzuregen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der Bauer im Himmel“ des Autors Karl Joseph Simrock. Simrock wurde im Jahr 1802 in Bonn geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1818 bis 1876 entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus zugeordnet werden. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das Gedicht besteht aus 42 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 244 Worte. Der Dichter Karl Joseph Simrock ist auch der Autor für Gedichte wie „Der Schelm von Bergen“ und „Warnung vor dem Rhein“. Zum Autor des Gedichtes „Der Bauer im Himmel“ haben wir auf abi-pur.de keine weiteren Gedichte veröffentlicht.

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