Der Friedhof von St. Goar von Heinrich Kämpchen

Du Friedensport, wie keiner wohl geboten
Die müden Waller in den Schlaf zu wiegen,
Wo alle Gräber unter Rosen liegen,
Du einz’ge Ruh’statt für die stillen Toten. –
 
Durch deine Pforte bin ich eingegangen
Im Julimonde, bei der Sonne Glühen,
Ich wollte ausruh’n von den Reisemühen
Ein wenig nur – du stillest mein Verlangen. –
 
Und mehr, weit mehr – ich fühle mich entsündigt
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In deiner Ruh’ von meinem irren Jagen –
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Die Drosseln flöten und die Finken schlagen,
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Als ob sie frohe Botschaft mir verkündigt. –
 
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Der Bergwald rauschet, an den du gelehnet,
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Vom Rheine hör’ ich Schifferlieder klingen,
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Vielleicht, vielleicht wird noch die Lurlei singen –
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Mich faßt ein Beben und mein Auge tränet. –
 
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Schön bist du, Sankt Goar, dein Rheinfels oben
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Dräut wie ein Adler, der nach Beute spähet,
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Der Schiffe Segel sind vom Wind geblähet,
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Und doch – dein Kirchhof hat mich mehr erhoben.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.7 KB)

Details zum Gedicht „Der Friedhof von St. Goar“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
143
Entstehungsjahr
1909
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Friedhof von St. Goar“ wurde von Heinrich Kämpchen verfasst, der von 1847 bis 1912 lebte. Kämpchens Werk ist in die Epoche des Realismus einzuordnen, da er in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wirkte.

Beim ersten Lesen scheint das Gedicht eine eindrucksvolle Beschreibung des Friedhofs von St. Goar zu sein, wo der lyrische Sprecher Frieden und Erholung findet. Außerdem finden sich Naturmotive, die ein Gefühl von Frieden und Idylle hervorrufen.

Inhaltlich beschreibt das lyrische Ich zunächst den Friedhof als Ort des Friedens, an dem müde Reisende zur Ruhe gebracht werden können (Strophe 1). In der zweiten Strophe betritt das lyrische Ich diesen Friedhof und scheint dort eine lang ersehnte Ruhe und Erleichterung zu finden. In der dritten Strophe berichtet das lyrische Ich davon, wie es sich gereinigt und befreit von seinem „irren Jagen“, also seiner rastlosen Suche, fühlt. Die schlagenden Finken und flötenden Drosseln verkünden ihm eine frohe Botschaft (Strophe 3). In der vierten Strophe scheint das lyrische Ich tief bewegt zu sein durch die örtliche Szenerie und die Musik, die es hört, das er den Friedhof mit seiner Vergangenheit zu betrachten scheint (Strophe 4). Im letzten Teil des Gedichts (Strophe 5) gibt das lyrische Ich zu, dass es trotz der Schönheit von St. Goar und seinem beeindruckenden Rheinfels, der Friedhof eine noch größere Wirkung auf es hat.

Im Hinblick auf die Form lässt sich feststellen, dass das Gedicht aus fünf Vierzeilern besteht und gegen Ende jeder Strophe eine zunehmende Sentimentalität aufweist. Bedeutsam ist hierbei auch die regelmäßige, durchgängig beibehaltene Versform, die Kontinuität und Ruhe suggeriert und damit dem Inhalt des Gedichtes entspricht.

In Bezug auf Sprache und Stil verwendet Kämpchen eine einfache, aber anschauliche und emotionale Sprache. Die Verwendung von Metaphern wie „Du Friedensport“ für den Friedhof oder „müde Waller“ für die Toten gibt dem Text eine poetische Tiefe. Gleichzeitig bleibt die Sprache allgemeinverständlich und für jeden Leser zugänglich. Kämpchens Diktion ist geprägt von einer ruhigen, fast meditativen Tonlage, die gut zur Thematik des Friedhofs und der Sehnsucht nach Ruhe passt.

Zusammenfassend kann man sagen, dass „Der Friedhof von St. Goar“ ein überaus gefühlvolles und lyrisches Gedicht ist, das eindrucksvoll den Friedhof als Ort der Ruhe und innerer Einkehr darstellt. Die Verbindung von Ort und persönlicher Empfindung ermöglicht es dem Leser, sich mit den Emotionen und Erfahrungen des lyrischen Ichs zu identifizieren und einen tiefgreifenden Einblick in dessen Innenleben zu gewinnen.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Der Friedhof von St. Goar“ ist Heinrich Kämpchen. Geboren wurde Kämpchen im Jahr 1847 in Altendorf an der Ruhr. 1909 ist das Gedicht entstanden. In Bochum ist der Text erschienen. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Moderne zuordnen. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das 143 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Der Dichter Heinrich Kämpchen ist auch der Autor für Gedichte wie „Abend am Rhein“, „Abendläuten“ und „Altendorf“. Zum Autor des Gedichtes „Der Friedhof von St. Goar“ haben wir auf abi-pur.de weitere 165 Gedichte veröffentlicht.

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