Staatsverschuldung - Die Schwarze Null (Investieren oder Sparen?)

Schlagwörter:
Verschuldung Deutschlands, Wolfgang Schäuble, Europäische Union, Kredite, Referat, Hausaufgabe, Staatsverschuldung - Die Schwarze Null (Investieren oder Sparen?)
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Die Schwarze Null - Investieren oder Sparen?

Als sich abzeichnete, dass der ehemalige Finanzminister Wolfgang Schäuble schon 2014 einen Haushalt ohne neue Schulden geschafft hatte, klopften sich die Politiker der großen Koalition enthusiastisch auf die Schultern. Von einem Meilenstein, einem Quantensprung oder gar von einer historischen Zäsur war die Rede. Doch was steckt hinter dieser symbolmächtigen Zahl der schwarzen Null, welche für viele Menschen Solidität und den Erfolg der deutschen Wirtschaft verkörpert, und inwiefern helfen uns die wirtschaftlichen Konzeptionen des Keynesianismus und Neoliberalismus dem Schuldenberg zu entfliehen?

In der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 sind die Schulden der öffentlichen Haushalte sowie die Staatsverschuldung enorm angestiegen und die Insolvenzgefahr für Staaten wurde evident. Am 31. Dezember 2009 beliefen sich die Kreditmarktschulden und Kassenkredite der öffentlichen Haushalte auf 1694 Mrd. Euro, was eine Erhöhung von 116,5 Mrd. Euro bzw. 7,4% im Vergleich zum Vorjahr darstellt. Im Zuge dieses Wirtschaftsschocks wurde die Schuldenbremse als Artikel 109 des Grundgesetzes am 01.01.2011 verabschiedet, um die langfristige Tragfähigkeit der Haushalte von Bund und Ländern sowie die finanziellen Handlungsspielräume zur Erfüllung der staatlichen Ausgaben zu sichern.

Im Grundgesetzartikel 109 heißt es: „Die Haushalte von Bund und Ländern sind grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen.“ Während dem Bund allerdings noch ein begrenzter Neuverschuldungsspielraum von 0,35% des BIP zusteht, müssen die Länder in Zukunft ohne Kredite auskommen. Allerdings wird konjunkturellen Effekten symmetrisch Rechnung getragen. Im Zuge dessen werden in konjunkturell schlechten Zeiten die zulässige Nettokreditaufnahme konjunkturbedingt erhöht, in konjunkturell guten Phasen wird sie im Gegenzug reduziert. Darüber hinaus ist ein Überschreiten der Schuldenbremse im Falle von Naturkatastrophen oder sonstigen außergewöhnlichen Notsituationen, wie beispielsweise der Corona-Pandemie, mit der Kopplung eines Rückzahlungsplans zulässig.

Im Gegensatz zur Schuldenbremse, welche eine begrenzte Neuverschuldung zulässt, muss der Staatshaushalt bei der Schwarzen Null ausgeglichen sein. Die staatlichen Ausgaben dürfen die Einnahmen also nicht überschreiten. Auch für das Jahr 2020 hatte die Bundesregierung einen ausgeglichenen Haushaltsplan angedacht, welcher allerdings im Rahmen der Corona-Krise und der dadurch aussetzenden Schuldenbremse nicht in Kraft treten konnte. Zwar haben die Kosten der Corona-Krise Deutschland einen milliardenschweren Schuldenberg beschert, allerdings zeigt sich Bundeskanzler Olaf Scholz optimistisch, die Schuldenbremse bis 2023 wieder einzuhalten. Doch inwiefern hilft uns die Schuldenbremse dabei, die Staatsverschuldung Deutschlands zu unterbinden sowie zugleich die wirtschaftliche Lage anzukurbeln, und inwiefern können wir uns hierbei auf die renommierten Wirtschaftstheorien des Neoliberalismus und Keynesianismus verlassen?

Die Schuldenlast ist eine verbreitete Form des Staates zu wirtschaften, und auch der Keynesianismus basiert auf jenem Grundgedanken. John Maynard Keynes begründet die Theorie der nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik, den Keynesianismus. Der Keynesianismus ist ein wichtiger wirtschaftspolitischer Ansatz der Volkswirtschaftslehre, bei welchem der Staat direkt in die Marktwirtschaft eingreift. Laut Keynes soll der Staat antizyklisch zur Konjunktur agieren, um die Wirtschaft zu stabilisieren. In Zeiten einer Rezession gibt er gezielt Geld aus, um die Nachfrage zu steigern, während innerhalb eines Booms gespart werden soll. Keynes positioniert sich also deutlich gegen den Grundgedanken des Sayschen Theorems, dass jede Produktion sich ihre eigene Nachfrage schaffe und somit die Angebots- und Nachfrageseite selbstregulierend im Gleichgewicht stehe. Die Nachfragetheorie nach Keynes geht davon aus, dass eine unzureichende gesamtwirtschaftliche Nachfrage Konjunkturkrisen verursacht und dass die sogenannten „Selbstheilungskräfte des Marktes“ nicht ausreichen, um Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und das Produktionsniveau zu steigern. Unternehmen investieren nur dann, wenn eine entsprechende Nachfrage zu erwarten ist. Nur der Staat könne durch eine antizyklische Finanzpolitik auch in der Krise für zusätzliche Nachfrage sorgen.

Auch innerhalb Deutschlands wurde das „deficit spending“ angewandt, um die Wirtschaft anzukurbeln. Nach dem Zweiten Weltkrieg milderten die Grundgedanken des Keynesianismus starke Rezessionen und Depressionen der Wirtschaft ab. Auch China kurbelte Ende 2008 die Wirtschaft mit milliardenschweren Konjunkturprogrammen an, woraufhin das Haushaltsdefizit auf lediglich 3% anstieg.

Anhand dessen lässt sich die Wirkung des Multiplikatoreffekts erläutern. Durch die Erhöhung der staatlichen Ausgaben, Steuersenkungen sowie Investitionszulagen werden neue Arbeitsplätze geschaffen und den privaten Haushalten steht mehr Geld zur Verfügung, welches wiederum für Investitionen ausgegeben wird. Am Ende entsteht ein Zuwachs an Beschäftigung, Produktion und Einkommen, welches zu einem ausreichenden Wachstum führt. Es lässt sich also sagen, dass der Keynesianismus den (inländischen) Konsum sowie die Investitionen der Unternehmen (Crowding-In-Effekt) steigert und im Erfolgsfall Massenarbeitslosigkeit verhindert, ohne dabei die sozialstaatlichen Errungenschaften zu gefährden. Darüber hinaus führen die staatlichen Infrastrukturmaßnahmen zur Modernisierung der Wirtschaft sowie der Gesellschaft, wodurch eine erhöhte Wettbewerbsfähigkeit entsteht.

Allerdings sind die Ausgaben des Staates für die Konjunkturprogramme in der Regel nur durch Kredite zu finanzieren, was zu einer schleichenden Stagflation führen kann. Die von Keynes vorgesehene Rückzahlung der Kredite in der Hochkonjunktur ist erfahrungsgemäß nur in den seltensten Fällen möglich. Der Fall Griechenland ist ein prekäres Beispiel für einen Staat, welcher über viele Jahre hinweg über seine Verhältnisse gelebt hat und nun in einem Schuldenberg von etwa 370,6 Milliarden Euro versinkt.

Jedoch besteht nicht nur die Gefahr, in eine Schuldenfalle zu treten, mit einer steigenden Staatsverschuldung wächst auch die Abgaben- und Steuerlast, so dass auf lange Sicht das Wachstum geschwächt wird. Darüber hinaus können staatliche Investitionen private Investitionen verdrängen (Crowding-Out-Effekt). Wenn die Staatsausgaben steigen, steigt zum einen das BIP und zum anderen die Nachfrage nach Geld, was zu einer Erhöhung der Zinsen führt. Die Zinserhöhung hat wiederum zur Folge, dass private Unternehmen einem für sich nicht mehr akzeptablen Preisniveau gegenüberstehen. Die privaten Unternehmen werden also aus dem Kapitalmarkt herausgehängt. Des Weiteren wächst mit steigender Staatsverschuldung auch die Abgaben- und Steuerlast, so dass auf lange Sicht das Wachstum geschwächt wird.

Es lässt sich also sagen, dass laut Keynes eine Staatsverschuldung notwendig ist, um die Wirtschaft anzukurbeln. Allerdings kann dieser Grundgedanke schnell in einer Schuldenfalle enden, weshalb es zunächst sinnvoll erscheint, eine Schuldenbremse einzuführen, welche dies verhindert.

Der US-Ökonom Milton Friedman richtet sich gegen die von Keynes erarbeitete nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik. Der Liberalismus steht für Freiheit, Eigenverantwortung sowie die Entfaltung der Persönlichkeit und stellt somit das Fundament des Neoliberalismus dar. Als Vorreiter des Neoliberalismus steht Friedman für die Privatisierung, Deregulierung des Marktes und den Glauben, dass der Staat möglichst wenig in das Marktgeschehen eingreifen soll. Die Theorie geht davon aus, dass die bedeutenden volkswirtschaftlichen Größen, nämlich Beschäftigung und Wachstum, hauptsächlich von der Angebotsseite der Märkte abhängen. Wirtschaftspolitische Maßnahmen sollten demnach auf eine Verbesserung der Angebotsbedingungen und eine Erhöhung der Rentabilität von Unternehmen abzielen. Die Grundannahme lautet demnach, je höher die Renditeerwartungen sind, desto mehr private Investitionen werden getätigt. In Folge der gestiegenen Investitionen werden neue Arbeitsplätze geschaffen und Wirtschaftswachstum erzeugt. Die angebotsorientierte Theorie widerspricht anderen ökonomischen Konzepten, welche staatliche Konjunkturprogramme beziehungsweise Investitionen und Kreditaufnahmen durch den Staat empfehlen. Diese Maßnahmen wirken sich aus angebotsorientierter Sicht nur kurzfristig positiv und schlimmstenfalls schädigend auf die Wirtschaftssituation eines Landes aus, da Konjunkturprogramme als langfristig schädigend angesehen werden und die staatliche Schuldenaufnahme zu steigenden Kreditzinsen für Unternehmen führt.

In den 1970er und 80er Jahren wurde der Neoliberalismus in westlichen Marktwirtschaften eingesetzt. In den USA kam es zwar zu einer mittelfristigen Konjunktursteigerung, allerdings entstand aufgrund fehlender Steuereinnahmen gleichzeitig auch ein massives Handlungsdefizit. Darüber hinaus kann durch die einseitige Begünstigung der Eigentümer von Produktionsmitteln die Vermögensbalance und damit die Grundlage des Sozialstaates gefährdet werden. Dadurch, dass die angebotsorientierte Marktwirtschaft auf eine Steigerung der Rendite von Unternehmen abzielt, wird die Ungleichheit des Wohlstandes eines Landes verstärkt. Laut dem Philosophen Thomas Hobbes sei der Mensch im Naturzustand egoistisch, weshalb die Selbstregulierung des Marktes eine Steigerung der sozialen Missstände mit sich bringen würde. Des Weiteren würde beispielsweise durch die Senkung von Umweltauflagen und durch die Abschwächung der Arbeitnehmerrechte jene Sektoren zu Gunsten der Unternehmen vernachlässigt werden. Die Angebotspolitik verfolgt das Ziel, Bedingungen für Unternehmen zu schaffen, zu welchen möglichst hohe Renditen und rasches Wachstum entstehen. Gehen diese Reformen zu Lasten der Arbeitnehmer und dämpfen so deren Kaufbereitschaft, verschlechtert sich die Nachfragesituation, wodurch das Wirtschaftswachstum stagniert oder es gar zu einer Rezession kommen kann.

Dadurch, dass sich der Staat im Neoliberalismus aus dem Marktgeschehen heraushält, werden auch weitestgehend keine staatlichen Investitionen getätigt, wodurch das Risiko einer Staatsverschuldung gemindert wird. Laut dem Ökonomen Lorenz von Stein heißt es: „Ein Staat ohne Staatsschuld tut entweder zu wenig für die Zukunft oder fordert zu viel von der Gegenwart.“, was nicht nur einen Widerspruch zur angebotsorientierten Wirtschaftspolitik, sondern zugleich auch zur Schuldenbremse darstellt. Dadurch, dass der Staat sich weitestgehend nicht verschulden darf, kommt es zu einem Investitionsstau, welcher die Vernachlässigung wichtiger Sektoren wie beispielsweise die Infrastruktur oder die Unterstützung des Klimawandels mit sich bringt. Zwar lässt sich durchaus sagen, dass dadurch die Neuverschuldung weitestgehend begrenzt wird, um zukünftigen Generationen keinen zu großen Schuldenberg zu hinterlassen und ihnen somit ein Leben in Freiheit und Sicherheit zu gewährleisten, allerdings bedarf es Investitionen, um die Konjunktur anzukurbeln. Anhand Griechenlands wird das enorme Ausmaß einer Staatsverschuldung deutlich, allerdings könnte man, um diese Situation in Deutschland zu unterbinden, die Schuldenbremse zwar bestehen lassen, diese allerdings etwas lockern, um beispielsweise mehr Investitionen in die Infrastruktur oder in die Wissenschaft tätigen zu können. Darüber hinaus könnte man ebenfalls den Ländern einen gewissen Neuverschuldungsspielraum lassen, um die Konjunktur anzukurbeln und somit trotz Investitionen den jüngeren Menschen ein Leben voller Freiheit und Sicherheit zu gewährleisten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sowohl der Keynesianismus als auch der Neoliberalismus wichtige wirtschaftspolitische Grundgedanken beinhalten, welche zur Ankurbelung der Konjunktur fungieren. Zwar steht der Neoliberalismus in einer engeren Verbindung zur Schuldenbremse, da weitestgehend keine Investitionen getätigt werden, allerdings präferiere ich persönlich den keynesianischen Ansatz der Wirtschaftspolitik, da dem Neoliberalismus die soziale Komponente fehlt, wodurch die Schere zwischen Armut und Reichtum weiter auseinander gehen würde. Darüber hinaus sollte ein Staat meiner Meinung nach investieren, da dadurch die Nachfrage angekurbelt wird und dies letztendlich zu einem Aufschwung der Konjunktur führt. Zwar kann es bei dem Keynesianismus zu einer schleichenden Stagflation kommen, allerdings würde diese durch die gelockerte Schuldenbremse abgebremst werden. Die Lösung liegt also sowohl in einer gelockerten Schuldenbremse als auch in den Grundgedanken des Keynesianismus - denn was hilft uns sparen, wenn wir in unsere Zukunft investieren können!

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