Lessing, Gotthold Ephraim - Nathan der Weise (Deutung und Analyse Anfang Ringparabel)

Schlagwörter:
Gotthold Ephraim Lessing, Inhaltsangabe, Analyse, Deutung, Verse 1911 bis 1928, Referat, Hausaufgabe, Lessing, Gotthold Ephraim - Nathan der Weise (Deutung und Analyse Anfang Ringparabel)
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Referat

Gotthold Ephraim Lessing: Nathan der Weise - Anfang der Ringparabel - Analyse und Deutung

NATHAN.
Vor grauen Jahren lebt' ein Mann in Osten,
Der einen Ring von unschätzbarem Wert'
Aus lieber Hand besaß. Der Stein war ein
Opal, der hundert schöne Farben spielte,
Und hatte die geheime Kraft, vor Gott
Und Menschen angenehm zu machen, wer
In dieser Zuversicht ihn trug. Was Wunder,
Daß ihn der Mann in Osten darum nie
Vom Finger ließ; und die Verfügung traf,
Auf ewig ihn bei seinem Hause zu
Erhalten? Nämlich so. Er ließ den Ring
Von seinen Söhnen dem geliebtesten;
Und setzte fest, daß dieser wiederum
Den Ring von seinen Söhnen dem vermache,
Der ihm der liebste sei; und stets der liebste,
Ohn' Ansehn der Geburt, in Kraft allein
Des Rings, das Haupt, der Fürst des Hauses werde. –
Versteh mich, Sultan.

Analyse und Deutung

Im Folgenden werden die ersten 18 Verse der Ringparabel aus „Nathan der Weise“ von Gotthold Ephraim Lessing analysiert und gedeutet. Für die Lektüre „EinFach Deutsch“-Verlag sind dies die Verse 1911 - 1928.

Die Orts- und Zeitangaben „vor grauen Jahren lebt‘ ein Mann in Osten“ (V. 1911) dienen als Ankündigung einer neuen Geschichte/Handlung. Damit kann das Publikum gedanklich gut in Nathans darauffolgende Erzählung einsteigen. Diese Angaben erinnern mich an den Anfang eines Märchens. Mit „in grauen Jahren“ (V. 1911) will Nathan auf die schon seit Ewigkeiten bestehenden Weltreligionen, die in Jerusalem, dem „Osten“ ihren Ursprung finden, aufmerksam machen. Der „Mann im Osten“ (V. 1911) kann als der Gott im fernen Orient gedeutet werden. Als Ort des aufgehenden Sonnenlichts war der Orient bzw. hier Jerusalem ein Sehnsuchtsort der Orientierung. Da das Judentum, Christentum und der Islam in Jerusalem ein wichtiges Zentrum haben, werden dort die drei monotheistischen Religionen vereint. Der „Ring von unschätzbarem Wert aus lieber Hand“ (V. 1912 f.) meint die Unendlichkeit der Religionen, welche den Menschen von Gott gegeben wurden.

Der Opal hatte die „geheime Kraft, vor Gott und Menschen angenehm zu machen“ (V. 1915 f.). Außerdem wurde ihm in der Literatur eine Heilkraft zugewiesen und er diente als Symbol für die Gnade Gottes, wenn ein Mensch, der frei von Schuld ist, ihn trägt. Das bedeutet aber auch, dass der Ring nur durch Bemühung zur Nächstenliebe seine Kräfte entfalten konnte und ohne aktives Handeln des Besitzers keine Wirkung hatte.

Materiellen Wert erlangte der Ring durch den eingesetzten Halbedelstein, ein „Opal, der hundert schöne Farben spielte“ (V. 1914). Diese Metapher in der Personifikation stellt die schöne und abwechslungsreiche Vielfalt der Religionen sowohl untereinander bzw. voneinander, als auch innerhalb der jeweiligen Religion dar.
Ein Grund für die bisher problemlose Weitergabe an den geliebtesten Sohn des Vaters könnte der Gefallen des Menschen an Traditionen sein. Denn diese geben gewohnte Regeln vor, die nicht mehr neu erfunden werden müssen. Das Muster zu verlassen wäre viel zu anstrengend und so macht man es einfach, wie es bisher immer schon funktioniert hat.

Auch zu nennen wäre eventuell Geiz der Vorfahren. Denn zwei Duplikate des Rings anfertigen zu lassen, war äußerst kostspielig für den Vater. Vor ihm hatte wahrscheinlich einfach kein Vater Söhne, die er alle gleich lieb hatte und die ihm von gleichem Wert waren.

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