Schiller, Friedrich - Die Räuber (Szenenanalyse 1. Akt, 1. Szene)

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Friedrich Schiller, Interpretation, Analyse, 1. Aufzug, 1. Auftritt, Referat, Hausaufgabe, Schiller, Friedrich - Die Räuber (Szenenanalyse 1. Akt, 1. Szene)
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Referat

Szenenanalyse 1. Akt, 1. Szene: Die Räuber (Friedrich Schiller)

Das Drama „Die Räuber“ wurde von Friedrich Schiller im Jahr 1781 in der Epoche Sturm und Drang veröffentlicht und am 13.01.1782 uraufgeführt. Es handelt von der Rivalität der zwei Brüder Franz von Moor und Karl von Moor, bei denen Franz mit Hinterlistigkeit versucht seinen Bruder und seinen Vater gegeneinander auszuspielen, um so an das Erbe seines Vaters zu gelangen.

Diese Szenenanalyse umschließt die erste Szene des ersten Aufzugs, die zur Exposition des Dramas gehört, in der die handelnden Figuren vorgestellt werden und der dramatische Konflikt angekündigt wird.

Die erste Szene spielt in einem Saal im moorischen Schloss in Franken. Die darin auftretenden Personen sind der regierende Graf Maximilian von Moor, der altersbedingt gesundheitlich angeschlagen ist und sein zweitgeborener Sohn Franz. Der andere Bruder Karl tritt nicht persönlich auf, sondern nur über Erzählungen.

In der ersten Szene wird eine Manipulation des alten Moors und die Verleumdung von Karl geschildert, die durch einen gefälschten Brief von Franz herangeführt werden. Mithilfe des Briefs appelliert Franz an seinen Vater, er solle sich von Karl abwenden. Am Ende der ersten Szene hält Franz einen langen Monolog, in dem er seinen Plan darstellt, wie er zum Herrn werden und das Erbe an sich reißen kann.

Der Dialog lässt sich in drei Abschnitte einteilen. Der erste Abschnitt (S. 7 - 8, Z. 12) thematisiert den alten Moor und dessen Gefühlslage, bevor er den Inhalt des gefälschten Briefs kennt. Franz erzählt seinem Vater, dass sie einen Brief von Karl erhalten haben, woraufhin der alte Moor den Brief unbedingt lesen möchte und gespannt ist, was darin steht (vgl. S. 7). Er hat zu Karl, dem Erstgeborenen, eine liebevolle Verbindung. Da Karl nicht im moorischen Schloss wohnt, hat die Familie nicht mehr viel von ihm gehört, weshalb die Freude und Neugierde vom alten Moor noch größer ist. Jedoch möchte Franz seinem Vater den Brief nicht vorlesen, da er sich um dessen Gesundheitszustand sorgt und ihn nicht in Schock durch die neue Botschaft versetzen möchte (vgl. S. 8 bis Z. 12). Diese Dramatisierung von Franz lässt die Neugierde noch höher steigen. Im nächsten Abschnitt (S. 8, Z. 13 – S. 14, Z. 14) liest Franz ihm den gefälschten Brief vor, in dem steht, dass Karl eine große Enttäuschung sei, da er schreckliche Taten begangen habe (vgl. S. 8-9). Der Graf und Franz sind sehr erschüttert und in Trauer, um deren Familiennamen („Mein Name! Mein ehrlicher Name!“ weint der alte Moor bitterlich S. 9, Z. 11). Franz verspricht seinem Vater ihm beizustehen und rät ihm, sich von Karl abzuwenden, da er ein schlechter Mensch sei (vgl. S. 12, Z. 16). Trotz der guten Verbindung zwischen dem alten Moor und Karl wendet er sich von ihm ab, indem er ihm einen Brief zurückschreibt, der von Franz in Moors Namen verfasst wurde (vgl. S. 13, Z. 24-26). Der letzte Abschnitt besteht aus einem langen Monolog von Franz, den der alte Moor nicht zu hören bekommt, (S. 14, Z. 15 – S. 17, Z. 11) und in dem er mit den Worten „…wie leicht könnte jemand meine Handschrift kennen!“ offenbart, dass er den Brief selber geschrieben hat (S. 14, Z. 26). Er fühlt sich benachteiligt, da er nicht das „Lieblingskind“ ist und ihm keine Vollmacht zusteht, da er nur der zweitgeborene Sohn ist. Er ist neidisch auf Karl, da ihm das Erbe und die Vollmacht zusteht, was ihm selber nicht zusteht (vgl. S. 15, Z. 3-4). Um an sein Ziel zu gelangen, stellt er einen hinterhältigen Plan auf, wie er das Erbe und die Macht an sich reißen kann. So versucht er sich von seinem benachteiligten Gefühl seiner Vergangenheit loszureißen. Mit den Worten „Ich will alles um mich her ausrotten, was mich einschränkt, dass ich nicht Herr bin.“ (S. 17, Z. 8-10) beendet er seinen Monolog und drückt sein Ziel und seine Fähigkeiten deutlich aus.

Die in der ersten Szene auftretenden Personen stehen in einer familiären Beziehung zueinander. Jedoch ist das Verhältnis zwischen Franz und seinem Vater nicht das Beste, da Franz sich sehr von seinem Vater benachteiligt fühlt, es ihm aber nicht offenbaren kann (vgl. S. 17, Z. 1 & 2). Obwohl der alte Moor sein Vater ist und ihm dementsprechend übergeordnet sein müsste, ist er Franz in Handlungen und in geistigen Entscheidungen unterlegen, was auf sein Alter und gesundheitlichen Zustand zurückzuführen ist (wird im Laufe des Dramas deutlicher).

Das Verhältnis zwischen dem alten Moor und seinem Sohn Karl ist familiär und vertraut. Zum einen ist/war er sein Lieblingssohn und zum anderen ist er ihm insgeheim, trotz Karls schrecklichen Taten, immer noch treu und sieht ihn als seinen Sohn an, auch wenn er enttäuscht ist und ihn durch die Beeinflussung von Franz vorerst aufgegeben hat. Das Verhältnis zwischen den beiden Brüdern ist nicht familiär, sondern eher distanziert, da Franz sehr neidisch auf seinen Bruder ist. Grund für den Neid ist die Vollmacht, die nur Karl besitzt, da er der erstgeborene Sohn ist. Zudem hat Karl auch in deren Kindheit mehr Zuneigung von deren Vater erfahren (S. 15, Z. 3-4; S. 14, Z. 33). Aus der Perspektive von Franz ist er Karl in Bezug auf Besitz und Macht noch untergeordnet. Prinzipiell sind sie gleichgestellt und besitzen die gleichen Rechte.

Das Verhalten und die Charakterzüge der Figuren lassen sich anhand von sprachlichen Äußerungen gut deuten. Franz hat einen sehr hohen Redeanteil und dominiert somit das Gespräch. Seine Wortwahl ist an manchen Stellen, wo er beispielsweise mit seinem Vater über den Brief spricht, sehr dramatisch gestaltet (z.B. vgl. S. 7, Z. 15-20). Zudem dreht er des Dialoges oft sein Gesicht weg, wodurch der Leser einen Einblick in seine Gedanken bekommt (z.B. S. 7, Z. 18). Auffallend ist, dass er vielfach in Metaphern spricht, wie beispielsweise auf Seite 15 Zeile 32-43. Dort wird deutlich, dass er sich seinen Mitmenschen überlegen fühlt und ein großes Selbstwertgefühl besitzt. Seine Charakterzüge lassen sich als zynisch, boshaft, kaltherzig, machtgierig und egoistisch beschreiben, da er drastische Worte verwendet, wie beispielsweise „Ich will alles um mich her ausrotten, was mich einschränkt“ (S. 17, Z. 8 & 9).

Diese Formulierung lässt die Deutung zu, dass er vor nichts zurückschreckt und bereit ist, alles zu riskieren, um an sein Ziel zu gelangen. Außerdem erkennt man, dass seine Sprachweise sehr manipulativ ist, da er oft auf seinen Vater mit Wortwiederholungen einredet („seht… seht… usw.“ S. 10, Z. 10, 13 & 17). Der Leser kann besonders in seinem „Beiseite Sprechen“, also in seinem Monolog, den der alte Moor nicht zuhören bekommt, seinen Charakter und sein Verhalten beurteilen.

Der alte Moor hingegen hat einen geringeren Redeanteil und ist Franz im Gespräch unterlegen. Das Gespräch wird demnach von Franz dominiert und er „bestimmt die Themen“. Auffallend ist, dass der alte Moor sehr schwach, leichtgläubig und schnell beeinflussbar ist, trotz seiner anhaltenden Treue gegenüber Karl. Er redet oft in Wortwiederholungen und Ausrufen, wie beispielsweise „Karl, Karl!“ (S. 8, Z. 27), die zeigen, wie aufgebracht und verzweifelt er ist. Zudem neigt er zu einer starken Emotionalität, da er jammert („Oh mein Karl…“ S. 7, Z. 27-31) und bitterlich weint (S. 9, Z. 11). Mehrfach spricht er zu Gott („Gott, Gott was werde ich hören?“ S. 7, Z. 20; „Gott segne dich“ S. 11), was seine Religiosität unterstreicht. Weitere Eigenschaft von ihm sind seine Selbstzweifel, Selbstvorwürfe und Gewissenskonflikte, da er der Überzeugung ist, dass alles seine Schuld sei (vgl. S. 13, Z. 10).

Mit den sprachlichen und nichtsprachlichen Ausdrucksformen möchte Franz letztlich erreichen, seinen Vater so zu beeinflussen, dass er sich gegen Karl wendet und ihn enterbt. Zudem möchte er seinen Plan in die Wege leiten, um so an die Macht zu gelangen. Durch seinen langen Monolog, den sein Vater nicht gehört hat, bekommt der Leser zu verstehen, dass er ein unehrliches und betrügerisches Spiel spielt. Die nichtsprachliche Ausdrucksform, bei der er seinen Kopf, während des Gesprächs wegdreht, soll die Ungeduld und die Spannung beim Vater wecken. Dahingegen hat der alte Moor lediglich die Absicht, seine Söhne zu schützen und den Familiennamen zu ehren (vgl. S. 9, Z. 11).

Anhand der Analyse wird deutlich, dass der zweitgeborene Sohn Franz versucht seinen Vater, mithilfe eines von ihm selber gefälschten Briefes so zu manipulieren, dass er seinen erstgeborenen Sohn Karl enterbt. Der alte Moor ist von dem Brief und den angeblichen schrecklichen Taten Karls sehr geschwächt. Mit solcher Hinterhältigkeit und Intrigen versucht Franz an das Erbe zu gelangen und die Macht an sich zu reißen. Er ist durch Rationalität und Egoismus gekennzeichnet und schreckt vor nichts zurück.

Der Leser erkennt durch das Verhalten von Franz seine Charakterzüge und Vorhaben sowie seinen Bezug zu seinen Mitmenschen. Dies wird vor allem in seinem Monolog verdeutlicht, in dem er seinen hinterhältigen Plan vorstellt. Dieser Handlungsverlauf erzeugt beim Leser Spannung, Neugierde, sowie offene Fragen, wie es nun weiter geht und zu welchen Taten Franz wirklich fähig ist. Durch seine Skrupellosigkeit und Machtbegierde kann der Leser erahnen, dass sich ein großer Konflikt anbahnt.

Im Zusammenhang des Dramas hat dieser Dialog die Funktion, den Leser in das Geschehen und in den sich anbahnenden Konflikt einzuführen. Er lernt die handelnden Personen und aus ihrer Perspektive auch Karl kennen, wodurch das Familienverhältnis deutlich wird. Franz versucht seinen Vater dazu zu verleiten, seinen erstgeborenen Sohn zu enterben. Durch dieses Verhalten und seine Intrigen entpuppt er sich als kalter Rationalist, der vor nichts zurückschreckt, um an Macht zu gelangen.

Das Drama lässt sich in die Epoche des Sturm und Drang einordnen. Merkmale dieser Epoche lassen sich schon in der ersten Szene des ersten Aktes aufweisen, durch die Betonung der Individualität und der Frage nach dem Platz des Individuums in der Welt. Wenn dieses Merkmal auf den Handlungsverlauf bezogen wird, spricht man von Franz, der sich seinen eigenen Platz schaffen möchte und dabei nur auf seine Selbstverwirklichung achtet („Ich will alles um mich her ausrotten, was mich einschränkt“ S. 17, Z. 8f.), was ein Problem und eine Katastrophe für den weiteren Verlauf darstellt.

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