Bedingungsloses Grundeinkommen - eine Beurteilung

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Das bedingungslose Grundeinkommen (BGE), Arbeitsmarkt, Armut, Referat, Hausaufgabe, Bedingungsloses Grundeinkommen - eine Beurteilung
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Das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) – eine Beurteilung

Immer mal wieder hört man von der Forderung ein bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen und gerade in Zeiten von der Covid19-Pandemie wurde diese Forderung wieder zur Debatte gestellt, doch was ist ein bedingungsloses Grundeinkommen überhaupt und wäre es sinnvoll dieses einzuführen?

Für die Definition lassen sich zunächst die einzelnen Begriffe betrachten: Zu Beginn „bedingungslos“, dies bedeutet, dass die Auszahlungen ohne Gegenleistung erfolgen, also auch jeder Bürger berechtigt wäre diese Zahlungen zu beziehen. Dazu kommt der Begriff „Grundeinkommen“, welcher für eine Zahlung steht, die das kulturelle Existenzminimum abdecken soll und so die Grundbedürfnisse sichert. Dies wäre laut Götz W. Werner in Deutschland ein Betrag von ca. 1.000 €, der an alle deutschen Bürger ohne Gegenleistung ausgezahlt würde.

Befürworter, wie Götz W. Werner, Gründer und Aufsichtsratsmitglied der Drogeriemarktkette DM, nennen als Vorteil vor allem die Sicherheit und Freiheit, die durch das Grundeinkommen für alle Bürger erreicht würde, da die Existenzsicherung nicht mehr im Vordergrund ihrer Erwerbstätigkeit stünde. Stattdessen könnte eine sonst nicht mögliche freie Entfaltung des Individuums stattfinden und so persönliche Anlagen genutzt und gefördert werden.

Zudem würden die personellen Ressourcen der arbeitenden Bevölkerung besser genutzt, da eine höhere Affinität zur Erwerbstätigkeit herrsche und so die Effektivität gesteigert würde. Dieses Phänomen ist bereits oft im Alltag erkennbar, in dem man unliebsame Aufgaben für gewöhnlich vor sich herschiebt, während beliebte Aufgaben mit mehr Ehrgeiz, Gründlichkeit und in einer geringeren Zeit erledigt werden.

Ebenso hätte es laut Befürwortern das Potenzial soziale Ungleichheiten auszugleichen und so für eine stärkere Gerechtigkeit in der Gesellschaft sorgen würde, sowie die Menschenwürde, welche im Artikel 1 des Grundgesetzes festgelegt ist, bewahrte. Beispielsweise stünde Frauen, die lange in ihrem Leben für die Familie gearbeitet hätten besser als mit ihren sonst nur geringen Rentenansprüchen da. Auch Bernd Leukert, Vorstandsmitglied von dem Softwarekonzern SAP sowie Aufsichtsratsmitglied der Bertelsmann SE & Co KGaG, bekräftigt dies und geht durch die Digitalisierung davon aus, dass die soziale Ungerechtigkeit in der Gesellschaft steigen wird, da der Mittelstand ohne Weiterbildungen unter Druck kommen könne und so in das untere Gehaltssegment abrutschen könne. Das BGE würde laut Leukert diesen Effekt verringern bzw. auffangen, um der Spaltung der Gesellschaft entgegenzuwirken.

Die Finanzierung sei laut Werner ebenfalls kein Problem der politischen Umsetzbarkeit und sogar unbürokratischer als das bisher bestehende System diverser Steuern, Sozialabgaben und des gesamten Sozialversicherungssystems. Denn laut seinem Konzept könnten all diese Leistungen durch eine einzige Konsumsteuer von ca. 50 % ersetzt werden, welche seinen Berechnungen nach sowohl die Kosten des bedingungslosen Grundeinkommens als auch die restlichen Kosten des Staates decken würde. Gleichzeitig wäre kaum ein Anstieg der Preise von Produkten zu bemerken, da die sonst im Verbraucherpreis bereits enthaltenen Steuern, wie Mehrwertsteuer, Lohnsteuer, Mineralölsteuer, Grundsteuer etc., wegfielen. Das hieße auch, dass nicht mehr die Leistung, sondern der Konsum besteuert würde.

Letztlich wäre es also die ideale Lösung, um alle Menschen oberhalb der Armutsgrenze leben zu lassen und ihnen Existenzängste zu nehmen, oder?

Wenn von der Armutsgrenze gesprochen wird, so ist es auch nötig sich die Definition von Armut anzusehen. So gibt es beispielsweise die absolute Armutsdefinition der Europäischen Union, welche von Armut als materielle Entbehrung spricht und auf Selbsteinschätzung beruht. Wird von dieser Definition ausgegangen, so gilt bereits als arm, wer sich kein Farbfernsehgerät, Auto und eine Woche Urlaub im Jahr leisten kann. Es kann aber auch von einer relativen Armutsdefinition ausgegangen werden, welche meist die Armutsgrenze zwischen 40 und 60 % des Medians vom Netto-Äquivalenzeinkommen zieht und somit als relativer Anteil des Durchschnittseinkommens definiert ist. So ist es kaum möglich Armut zu beseitigen, da mit einem steigenden Durchschnittseinkommen auch die der absolute Wert des Einkommens steigt, welcher als Armutsgrenze anzusehen ist. Folglich ist das bedingungslose Grundeinkommen nicht zur Beseitigung von Armut geeignet, da es lediglich alle Gehälter um 1.000 € und somit auch die Armutsgrenze um diesen Betrag anheben würde somit wäre die Effektivität des BGE zur Bekämpfung von Armut nicht gegeben.

Ebenso scheint die Finanzierung und somit die gesamte politische Durchsetzbarkeit fragwürdig, so scheint im Konzept von Götz W. Werner zum Beispiel, ähnlich wie in dem bereits veralteten Sayschen Theorem, nicht einberechnet, dass Geld nicht nur als Konsum- und Investitionsmittel genutzt wird, sondern auch als Wertaufbewahrungsmittel in Form einer Spekulationskasse. Dies erscheint insofern problematisch, als die Konsumsteuer eben lediglich beim Konsum vom Produkten oder Dienstleistungen greift und so beim Horten von Geld keine Besteuerung erfolgt und so auch keine Einnahmen für den Staat generiert werden. Gleichzeitig wird von einigen Gegnern ein Ansteigen der Inflation befürchtet, welche eine zunehmende Entwertung des Geldes mit sich brächte und so wiederum auch die Armut ausweiten würde.

Darüber hinaus sind unerwünschte Nebenfolgen zu erwarten, da von den Befürwortern des BGE ein besonders positives Menschenbild angenommen wird, welches in der Realität unrealistisch erscheint. Bereits die Befürworter prognostizieren einen Anteil von 1 - 2 % der Bevölkerung, welche sich vermutlich mit dem BGE begnügten und keine weiteren Leistungen erbrächten. Jedoch sind dies bereits 830.000-1.660.000 Menschen und zudem eine Schätzung, welche nur schwer zu erbringen ist, sodass ggf. ein größerer Anteil dieses Verhalten zeigen könnte.

Parallel dazu könnte das Grundeinkommen auch Anlass für Arbeitgeber sein den Niedriglohnsektor weiter auszubauen, da die Existenzsicherung der Arbeitnehmer bereits gewährleistet ist und eine Erwerbstätigkeit lediglich ein Zuverdienst darstellt. Andernfalls könnten unattraktive Erwerbstätigkeiten liegen bleiben, da diese nicht mehr zur Existenzsicherung angenommen werden müssten. Dies könnte zur Folge haben, dass einige Arbeiten nicht mehr ausgeführt werden und so ein Problem von fehlenden Arbeitskräften entstehen könnte. Somit wäre die Effektivität nicht mehr gegeben und das BGE hätte sogar unerwünschte Nebenfolgen, welche die Spaltung der Gesellschaft antrieben.

Auch wird von Gegnern die Legitimität und Verfassungsmäßigkeit des BGE angezweifelt, da dieses das Ende des bewährten deutschen Sozialstaates bedeutete, da entsprechende Transferleistungen entfielen und das BGE voraussetzungslos gezahlt würde. Da das Sozialstaatsprinzip laut Grundgesetz Artikel 20 Absatz 1 gewährleistet werden muss, wäre das BGE nicht legitim und bedeutete zusätzlich eine Auflösung eines funktionierenden Systems.

Auch stellt die zunehmende Digitalisierung kein Problem für den Sozialstaat dar, da die eben nicht nur Tätigkeiten verloren gehen, sondern auch neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Dies zeigte sich bereits in der Vergangenheit in der industriellen Revolution, wo zunehmend weniger Arbeitsplätze im primären Sektor vorhanden waren und dafür zunehmend im sekundären Sektor Arbeitsplätze benötigt wurden. Mittlerweile ist besonders der tertiäre Sektor dominant, was sich jedoch mit der Zeit auf den quartären Sektor verlagern wird. Somit wird das BGE nicht zum Ausgleich der Digitalisierung benötigt werden.

Darüber hinaus ist das BGE aufgrund seiner Bedingungslosigkeit weder bedarfsgerecht, da es bedingungslos an alle Bürger ausgezahlt würde und nicht, wie die jetzigen Sozialtransfers differenziert wird, noch leistungsgerecht, da das BGE keinerlei Gegenleistung einfordert, wenn auch damit gerechnet wird. Dadurch ist die Legitimität aufgrund der fehlenden Gerechtigkeit fragwürdig.

Zusammenfassend scheint das BGE also weder politisch durchsetzbar, aufgrund fehlender Konformität mit dem Grundgesetz, sowie nicht vorhandenen Gerechtigkeitsprinzipien und einem zweifelhaften Finanzierungskonzept, noch werden die gewünschten Effekte zu erreichen, bzw. sogar unerwünschte Nebenfolgen zu verzeichnen sein.

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