Kafka, Franz Der Aufbruch (Interpretation Textanalyse)

Schlagwörter:
Franz Kafka, Parabel, Ich-Erzähler, Personifizierung der Trompete, zeitliche Einordnung, Analyse, Referat, Hausaufgabe, Kafka, Franz Der Aufbruch (Interpretation Textanalyse)
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Referat

Textanalyse: Franz Kafka – Der Aufbruch (1921)

In der Parabel „Der Aufbruch“ von Franz Kafka, erschienen 1921, geht es um einen Herren, der sein Pferd holt um damit wegzureiten, allerdings ohne Essensvorrat und ohne klar bestimmtes Ziel. Im ersten Abschnitt (Z. 1-5) befiehlt der Herr seinem Diener das Pferd aus dem Stall zu holen. Da dieser jedoch nicht reagiert, übernimmt er selbst die Aufgabe und sattelt es. Im zweiten und gleichzeitig letzten Abschnitt (Z. 5-15) hält der Diener seinen Herren am Tor auf und fragt hin, wo dieser hinreite, worauf er sein Ziel mit „Weg-von-hier“ angibt. Zudem erfährt der Leser, dass kein Essensvorrat den Herren auf der Reise helfen könnte, er also auch keinen bei sich trägt.

Die Parabel wird durch einen personalen Ich-Erzähler vermittelt, was schon im ersten Satz zu erkennen ist: „Ich befahl mein Pferd aus dem Stall zu holen“ (Z.1). Der Diener wirkt im ersten Abschnitt des Textes eher zurückgezogen und ist lediglich passiv am Geschehen beteiligt. Er folgt sogar einem Befehl des Herren nicht: „Der Diener verstand mich nicht“ (Z. 1-2), was glauben lässt, dass ihm seine Arbeit gleichgültig ist, und er eher müßig, gar untätig ist. Dieses Verhalten ist unüblich und nicht obligat, was den Diener merkwürdig erscheinen lässt.

Der Herr lässt sich durch dieses ungewöhnliche Verhalten doch nicht stören: „Ich ging selbst in den Stall, sattelte mein Pferd und bestieg es.“ (Z. 2-3), woraus man schließen könnte, dass er unbeirrt und entschlossen ist. Im zweiten Abschnitt des Textes wirkt der Diener nun wiederum normal, denn er sorgt sich um seinen Herren und seine Arbeit, und will deshalb wissen, wohin der Herr reitet. Dieses Verhalten ist absolut normal, denn er hat möglicherweise Angst, dass er seine Arbeit verliert, und so aus seinem gewohnten Alltag herausgerissen wird. Die Bemerkung „Du hast keinen Essensvorrat mit“ (Z. 11) rundet sein vorschriftsmäßiges Benehmen nun ab, denn als Diener ist es seine Aufgabe, für das Wohlergehen seines Herren zu sorgen. Der Wechsel von normalen und unnormalen Verhalten zwischen Diener und Herr wird nun vervollständigt, denn jetzt, wo der Diener sich alltäglich verhält, baut der Herr eine merkwürdige Verhaltensweise auf. Durch seltsame Aussagen wie „ich sagte es doch, ‚Weg von hier‘, das ist mein Ziel.“ (Z. 10-11) wirkt der Herr plötzlich merkwürdig und absonderlich. Nicht zuletzt entsteht durch die groteske Aussage „Ich brauche keinen, die Reise ist so lang, dass ich verhungern muss, wenn ich auf dem Weg nichts bekomme. […] Es ist ja zum Glück eine wahrhaft ungeheure Reise“ (Z.12-15) ein bizarres, jedoch willensstarkes Bild des Herren. Er lässt sich nicht von seinem Ziel abbringen, und verspürt Lebenslust, aber auch Unruhe und Ungewissheit, die ihn antreibt aufzubrechen, was durch die Trompete symbolisiert wird. Der Diener kann die Trompete nicht hören, was untermauert, dass es lediglich die innere Trompete des Herren ist. Dies kann mit dem Zitat „Er wusste nichts und er hatte nichts gehört“ (Z. 4-5) bewiesen werden. Weiterhin fällt auf, dass der Herr dabei ist sein gewohntes Leben aufzugeben und auch alle menschlichen Bindungen zu trennen, denn ansonsten hätte er sich mit Sicherheit mit dem ungewöhnlichen Verhalten des Dieners im ersten Abschnitt beschäftigt und ihn zur Rede gestellt. Er gibt die Herr-Diener Beziehung auf und will alles zurücklassen, was zum Alten gehört.

Durch die Personifizierung der Trompete „In der Ferne hörte ich eine Trompete blasen, ich fragte ihn, was es bedeute.“ (Z. 3-4) wird die Rast- und Ruhelosigkeit des Herren hervorgehoben. Die Wiederholung „nur weg von hier, nur weg von hier. Immerfort weg von hier, nur so kann ich mein Ziel erreichen.“ (Z.6-9) hebt das Getriebensein des Mannes empor, sodass es ein noch bedrängenderes Gefühl wird. Der verrückte Wahnsinn wird durch die paradoxe Antwort des Herren auf die Frage, ob er sein Ziel kennt, bestärkt: „Ja. Ich sagte es doch, ‚Weg-von-hier‘, das ist mein Ziel.“ (Z. 9-11). Der Diener bemerkt, dass sein Herr keinen Essensvorrat hat, worauf dieser mit der Paradoxie „Ich brauche keinen, die Reise ist so lang, dass ich verhungern muss, wenn ich auf dem Weg nichts bekomme. Kein Essensvorrat kann mich retten. Es ist ja zum Glück eine wahrhaft ungeheure Reise“ (Z.12-15) antwortet. Diese Lebensüberdrüssigkeit vervollkommnet den Irrsinn des Herren.

Die Parabel lässt eine antreibende Stimmung aufkommen, und es entsteht der Wunsch nach einer Veränderung. Die Spannung und Unruhe des Herren überträgt sich auf den Leser, sodass man von Tatendrang geradezu durchflutet wird. Man möchte etwas in seinem Leben verändern, und die Mauern des Alltags durchbrechen.

Zeitlich einzuordnen ist die Parabel bis in das 19. Jahrhundert. Eine genauere Zeit lässt sich nicht bestimmen, denn die einzigen Hinweise, die man darauf erhält, sind nicht sehr einschränkend. Man hatte Diener und Pferde noch im 19. Jahrhundert, allerdings auch früher. Der Ort ist auch nicht exakt bestimmt, man erfährt jedoch, dass es auf einem Anwesen sein muss, auf dem es einen Hof, einen Stall und ein Tor gibt – wahrscheinlich auch ein größeres Haus, denn diejenigen, die lediglich kleine Anwesen und Häuser besitzen, haben meist nicht die finanziellen Mittel, um einen Diener anzustellen. Außerdem weist die Parabel eine Zeitdeckung auf.

Der Titel „Der Aufbruch“ passt fantastisch zu dem Inhalt des Textes, denn der Protagonist befindet sich ebenfalls in einem Aufbruch – innerlich wie äußerlich. Weder Menschen, wie der Diener, noch andere Dinge aus seinem alten Leben, wie z.B. ein Essensvorrat, können ihm auf seiner Reise behilflich sein, oder ihn gar binden. Er befindet sich einem absolut radikalen Umbruch in seinem Leben – Die Freiheit des Fortreitens, und das damit ermöglichte Entscheiden ohne Rücksicht auf menschliche Beziehungen treiben ihn an.

Franz Kafka will mit dieser Parabel betonen, dass man keine Angst vor Neuerungen in seinem Leben haben sollte. Offenheit für Neues ist dabei ebenso wichtig wie das Loslassen von den altbewährten Dingen. Man muss sein eigenes Leben führen und Entscheidungsfreiheit haben - und wenn diese durch menschliche Beziehungen oder Ähnliches gefährdet werden, sollte man sogar diese Bindung lösen, damit es zur Selbstentfaltung kommen kann. Viele Menschen merken gar nicht, dass verschiedene Faktoren sie von der Selbstentfaltung abhalten, sie gar nicht erst zulassen. Sie lassen Fähigkeiten verkümmern, unterdrücken ihre Gefühle und Dränge damit sie sich nicht anstrengen müssen – denn so ein Umbruch ist auch mit Kraftaufwand und Schwierigkeiten verbunden, dabei ist es doch viel bequemer sich auf das Altbewährte zu verlassen und in der Gewohnheit zu verenden. Als Ausrede für diesen Müßiggang behaupten sie vor sich selbst, Angst vor einer Veränderung zu haben – sofern sie überhaupt zu solch einer Überlegung kommen. Kafka appelliert an den Leser in einer Veränderung im Leben keine Gefahr zu sehen und keine Angst davor zu haben, denn dies führt dazu, dass man sein Leben nicht voll ausschöpft und Möglichkeiten sowie Chancen passieren lässt.

Mir persönlich gefällt diese Parabel sehr gut, denn ich stimme mit Kafkas Meinung vollkommen überein. Wenn man sein Ziel wirklich erreichen will, lässt man sich nicht aufhalten – auch nicht von menschlichen Beziehungen. Das Ziel wird zur obersten Priorität, erlangt die meiste Aufmerksamkeit und man ist bereit, alles dafür zu tun – und sei das Ziel einfach nur, sein Leben zu verändern, frei nach der Philosophie „Der Weg ist das Ziel“.

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