An den Gelehrten von Angelus Silesius

Du grübelst in der Schrift und meinst mit Klügelei
Zu finden Gottes Sohn; ach mache dich doch frei
Von dieser Sucht und komm in Stall, ihn selbst zu küssen,
So wirst du bald der Kraft des werten Kinds genießen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „An den Gelehrten“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
4
Anzahl Wörter
39
Entstehungsjahr
1624 - 1677
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „An den Gelehrten“ stammt vom Autor Angelus Silesius, einem barocken Dichter, Theologen und Arzt, der in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts lebte und wirkte.

Das Gedicht hinterlässt zunächst den Eindruck, dass es eine Kritik an Gelehrten (oder vielleicht an jedem, der sich zu sehr auf intellektuelle zeitaufwändige Studien konzentriert) und ihre Versuche darstellt, durch strenges Studium und Geistesarbeit die göttliche Realität zu erforschen und zu verstehen.

Inhaltlich fordert das lyrische Ich den Adressaten – den Gelehrten, auf, seine Intellektualität und sein Studium der Schriften loszulassen in dem Bestreben, Gottes Sohn, also Jesus Christus, zu finden. Stattdessen wird die einfache und direkte Erfahrung vorgeschlagen, symbolisiert durch die Vorstellung, in den Stall zu gehen und das Kind selbst zu küssen. Dies würde dem Gelehrten die Möglichkeit geben, die volle Kraft und das Wesen des „werten Kinds“, Gottes Sohns, zu erfahren.

Formal besteht das Gedicht aus nur einer Strophe von vier Versen. Die Form ist klar und prägnant, was dem Inhalt des Gedichts entspricht - eine direkte und unausweichliche Aufforderung. Es verwendet eine einfache Sprache und klare Metaphern, die auf die biblische Geschichte von der Geburt Jesu verweisen.

Was die Sprache betrifft, so liegt die Stärke des Gedichts in seiner Direktheit und Klarheit. Die Verwendung konkret-bildlicher Sprache - „Stall“, „ihn selbst zu küssen“, „der Kraft des werten Kinds genießen“ - betont die physische, sinnliche Erfahrung gegenüber dem abstrakten Studium und der intellektuellen Spekulation.

Zusammengefasst scheint das Gedicht eine Kritik an der Vernachlässigung spiritueller Erfahrungen zu sein. Es lädt zu einer direkteren, sinnlichen und persönlichen Beziehung mit dem Göttlichen ein und hebt die Bedeutung persönlicher Erfahrung über gelehrte Spekulation hervor. Silesius, ein Mystiker, betont in vielen seiner Werke die Notwendigkeit der direkten und persönlichen Erfahrung des Göttlichen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „An den Gelehrten“ des Autors Angelus Silesius. 1624 wurde Silesius in Breslau geboren. In der Zeit von 1640 bis 1677 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Barock zuordnen. Bei Silesius handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Die Epoche des Barocks dauerte von etwa 1600 bis 1720 an. Der Begriff „Barock“ leitet sich vom portugiesischen Wort „barocco“ ab und bedeutet „seltsam geformte, schiefrunde Perle“. Das Zeitalter des Barocks wurde durch den Dreißigjährigen Krieg stark beeinflusst – Hunger, Seuchen, Vergewaltigung und Tod sorgten für großes Leid bei der Bevölkerung in Europa. So dezimierte sich die Bevölkerung im Deutschen Reich von ca. 28 Millionen im Jahr 1615 auf 11 Millionen Menschen am Ende des Krieges im Jahr 1648. Die Lyrik des Barocks ist von drei Leitmotiven (Memento mori, Vanitas, Carpe diem) bestimmt, die die Lebenseinstellung der Bevölkerung beschreiben. Vor dem Hintergrund des Dreißigjährigen Krieges war der Alltag der Bevölkerung von Gewalt und Zerstörung bestimmt. Alle diese Motive setzen sich auf unterschiedliche Art mit der verbreiteten Angst vor dem Tod und seinen Auswirkungen auseinander. Die Literaturepoche des Barocks war die erste Epoche, die in Deutschland zur Folge hatte, dass Literatur von nun an nicht mehr in lateinischer Sprache, sondern erstmals auch in deutscher Sprache veröffentlicht wurde. Eine besondere zur Zeit des Barock priorisierte Form der Lyrik stellte das sogenannte Sonett dar. Im Barock war der größte Teil der Literatur Gelegenheitsdichtung. Man dichtete zur gehobenen Unterhaltung oder bei Hofe zur Fürstenhuldigung. Für die wohlhabende Bevölkerung schrieben Dichter zum Anlass von Taufen, Beerdigungen, Hochzeiten. Die Lyrik des Barocks wird daher auch als Gesellschaftsdichtung bezeichnet.

Das 39 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 4 Versen mit nur einer Strophe. Die Gedichte „Vom Gewissen“, „Der Allerverliebteste, der Allerheiligste“ und „Man achtet das Ewige nicht“ sind weitere Werke des Autors Angelus Silesius. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „An den Gelehrten“ weitere 1832 Gedichte vor.

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