Vom Mäuslein von Friedrich Wilhelm Güll
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Die Köchin spricht zum Koch: |
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"Fang mir das Mäuslein doch!" |
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Es ist nichts sicher in Küch und Keller, |
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nicht in der Schüssel, nicht auf dem Teller. |
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Wo's was riecht, |
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da ist es gleich, |
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wo's was kriegt, |
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da frißt es gleich; |
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wo ein Braten dampft, |
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kommt das Mäuslein und mampft. |
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Unter der Bank |
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in den Küchenschrank |
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hat es gebissen ein Loch. |
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Koch, fang mir das Mäuslein doch, |
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und jag es wieder aus dem Haus, |
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in das freie Feld hinaus. |
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Da macht der Koch ein Gesicht, |
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und spricht: |
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"Mäuslein, Mäuslein, |
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bleib in deinem Häuslein! |
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Nimm dich in acht |
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heut nacht; |
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mach kein Geräusch |
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und stiehl nicht mehr das Fleisch: |
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Sonst wirst du gefangen |
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und aufgehangen." |
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Der Koch aber deckt zu alle |
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Schüsseln und stellt die Falle |
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hinten im Eck |
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und tut hinein den Speck. |
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Sperrt die Küche zu, geht und legt sich zur Ruh. |
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Das Mäuslein aber ist ruhig, |
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und wispert leis: das tu ich! |
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Aber es hat nicht lang gedauert, |
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so kommt schon das Mäuslein und lauert. |
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Und sagt: wie riecht der Speck so gut, |
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wer weiß, ob's doch was tut? |
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Nur ein wenig möcht ich beißen, |
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nur ein wenig möcht ich speisen. |
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Einmal |
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ist keinmal! |
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So spricht fein Mäuslein und schleicht, |
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bis es die Falle erreicht. Duckt sich |
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und buckt sich, |
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schmiegt sich |
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und biegt sich |
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ins Eck, |
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und ergötzt sich |
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am Speck. |
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Reißt, |
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beißt |
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und speist. |
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Platsch, tut's einen Knall |
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und - - - zu ist die Fall! |
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Das Mäuslein zittert vor Schrecken |
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und möcht sich verstecken. |
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Aber, so es will hinaus, |
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ist zugesperrt das Haus. |
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Es pfeift |
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und zappelt, |
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es kneift |
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und krabbelt. |
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Überall ist ein Gitter, |
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und das ist bitter. |
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Überall ist ein Draht, |
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und das ist schad. |
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Leider, leider |
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kann's Mäuslein nimmer weiter; |
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wär's nur gewesen gescheiter! |
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Unterdessen wird es Morgen, |
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da kommt die Köchin und will besorgen |
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den Kaffee |
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und den Tee. |
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Da sieht sie denn, was vorgegangen, |
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und wie das Mäuslein ist gefangen. |
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Ganz leis sacht |
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schleicht sie hin und lacht: |
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haben wir endlich doch erhascht |
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das Mäuslein, das immer von allem genascht. |
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Siehst du: Einmal |
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ist nicht keinmal. |
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Wärst du geblieben in deinem Loch, |
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gefangen hätte dich nicht der Koch! |
Details zum Gedicht „Vom Mäuslein“
Friedrich Wilhelm Güll
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83
357
1812 - 1879
Klassik,
Romantik,
Biedermeier
Gedicht-Analyse
„Friedrich Wilhelm Güll ist Autor des Gedichts „Vom Mäuslein“. Als Vertreter der Biedermeierzeit veröffentlichte er dieses Gedicht im 19. Jh.
Erster Eindruck: das Gedicht handelt von einer Maus, die in einer menschlichen Umgebung Unruhe stiftet, gekennzeichnet durch seine fröhlichen Reime und seinen spielerischen Ton.
Inhalt und Aussage: Das Gedicht erzählt die Geschichte einer Maus, die von der Köchin und dem Koch wegen ihres destruktiven Verhaltens in der Küche gejagt wird. Trotz der Warnung des Kochs kann das Mäuschen dem Duft des Specks in der Mausefalle nicht widerstehen und wird gefangen. Das Gedicht lehrt eine Moral, dass Habsucht und Ungehorsam mit negativen Konsequenzen verbunden sind. Dies wird deutlich in den Zeilen „Einmal ist nicht keinmal. Wärst du geblieben in deinem Loch, gefangen hätte dich nicht der Koch.„
Form und Sprache: Es ist ein erzählendes Gedicht bestehend aus 9 Strophen mit unregelmäßiger Länge und wechselndem Reimschema, meist Kreuzreim. Die Sprache ist leicht verständlich mit vielen Onomatopoeien, die den lebhaften Eindruck einer Maus im Tun vermitteln. Die Wörter, die das Mäuschen und seine Handlungen beschreiben, sind oft doppelkonsonantisch (z. B. „Mäuslein, Mäuslein, bleib in deinem Häuslein!“) oder mit Lautmalerei (z. B. „Und sagt: wie riecht der Speck so gut“), was das süße und unschuldige Image der Maus widerspiegelt. Das Gedicht verwendet Euphemismen („Mäuslein“) und Redewendungen („Einmal ist keinmal“), die zum humorvollen Ton des Gedichts beitragen, während sie die besorgniserregenden Themen des Konflikts zwischen Mensch und Tier sowie der Gier und Ungehorsam forschen.„
Weitere Informationen
Das Gedicht „Vom Mäuslein“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Friedrich Wilhelm Güll. Der Autor Friedrich Wilhelm Güll wurde 1812 in Ansbach geboren. Im Zeitraum zwischen 1828 und 1879 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus zuordnen. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das Gedicht besteht aus 83 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 357 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Friedrich Wilhelm Güll sind „Nebel“, „Wer will unter die Soldaten“ und „Winterrätsel“. Zum Autor des Gedichtes „Vom Mäuslein“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 12 Gedichte vor.
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