Bittgang von Paul Heyse

Im Sonnenfeuer lechzst die Flur,
versengt stehn Wälder und Almen,
verschmachten muß die Kreatur,
die Frucht verbrennt an den Halmen.
 
Das Bächlein, das ihr Kühle gesandt,
verlernte sein muntres Rieseln;
es glüht und glastet Julibrand
über den staubigen Kieseln.
 
Ein Bauer stapft entlang dem Rain,
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ist einer von den Frommen,
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und flucht doch still in den Bart hinein;
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da sieht er den Pfarrer kommen.
 
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Er zieht die Kappe und weist umher:
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"Zugrund geht all der Segen.
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Hochwürden, das Gescheitste wär,
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einen Bittgang tun um Regen."
 
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Der Pfarrer nickt: "Ein fromm Gebet
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tät not. Doch warten wir, Peter,
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zwei Täglein noch. Einstweilen steht
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zu hoch der Barometer."
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Bittgang“

Autor
Paul Heyse
Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
106
Entstehungsjahr
1830 - 1914
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Bittgang“ wurde von Paul Heyse verfasst, einem deutschen Schriftsteller und Übersetzer, der im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts lebte. Heyse erhielt 1910 den Literaturnobelpreis und war eine wichtige Figur des bürgerlichen Realismus in Deutschland.

Auf den ersten Blick beschreibt das Gedicht scheinbar eine konkrete Situation in einer bäuerlichen Gemeinschaft während einer Trockenperiode. Es handelt von einem Bauer, der besorgt die Auswirkungen der Trockenheit auf seine Umgebung und seine Felder betrachtet. Die ersten beiden Strophen beschreiben intensiv die Hitze und Trockenheit, die die Landschaft verwüstet haben, und die Folgen für Pflanzen und Tiere. In der dritten Strophe tritt eine menschliche Figur in Erscheinung, ein Bauer, der sich in dieser trostlosen Szene bewegt. In der vierten Strophe begegnet er dem Pfarrer der Gemeinde und schlägt ihm vor, einen sogenannten Bittgang zu organisieren, also einen Prozessionsgang, um Gott um Regen zu bitten. In der fünften und letzten Strophe stimmt der Pfarrer zu, bittet aber darum, noch zwei Tage zu warten, da der Barometer zu hoch steht.

Im Hintergrund dieses Gedichts stehen daher Fragen nach dem Glauben und der Wirkung des Gebets, aber auch nach den Möglichkeiten und Grenzen menschlichen Handelns. Der Dialog zwischen Bauer und Pfarrer kann auch als Gegenüberstellung von volksfrommem und offiziellem, ‘gelehrtem’ Glauben gelesen werden.

In formaler Hinsicht besteht das Gedicht aus fünf vierzeiligen Strophen mit einem Paarreim (abab). Die Sprache ist dabei einfach und leicht verständlich, gleichzeitig aber sehr bildhaft und eindrücklich. Die poetischen Bilder der ersten beiden Strophen verdeutlichen die trostlose Szene. Heyse nutzt dabei die Technik der Hyperbel (Übertreibung) um die Trockenheit und den Schaden, der angerichtet wurde, zu zeigen. Mit dem Dialog in den letzten beiden Strophen tritt die Erzählung dann in den Vordergrund, ohne dass die bildhaften Elemente ganz verschwinden. So wird das Gedicht insgesamt zu einem kleinen, aber eindrucksvollen Kunstwerk, das Naturbeschreibung und Sozialstudie kombiniert.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Bittgang“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Paul Heyse. Der Autor Paul Heyse wurde 1830 in Berlin geboren. Zwischen den Jahren 1846 und 1914 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Realismus zuordnen. Der Schriftsteller Heyse ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 106 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Paul Heyse sind „Vogelscheuche“, „Hat dich die Liebe berührt“ und „Und wie sie kam zur Hexe“. Zum Autor des Gedichtes „Bittgang“ haben wir auf abi-pur.de weitere 25 Gedichte veröffentlicht.

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