Abendphantasie von Karl Philipp Conz
nach einem schwülen Sommertage.
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Die Sonn’ ist unter; Schwüle des Tages lag |
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Schwer auf der Erde, machte die Blumen der |
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Empfindung, machte deine Blumen, |
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Lächelnder Phantasus, alle welken. |
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Du kommst mit neuen stärkenden Labungen, |
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Willkommen sey, ambrosischer Abend, mir! |
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Von deinen Fittigen gehoben, |
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Hebet sich neu mir der Seele Fittig. |
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Und das Beherrschte herrschet in mir, und hat |
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Sein Recht, und schaut mit nimmer gefangnem Blick |
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Hin in der Schöpfung Weite, die sich |
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Dankend und feyernd mit mir emporhebt. |
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O stille Wege heiliger, reinerer |
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Natur! Entbundne säuselnde Lüfte, wer |
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Gab euch verstummten euern Athem, |
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Erde, dein milderes Licht dir wieder? |
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So drückt die Leidenschaft den entwürdigten |
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Umwölkten Geist; die Dämpfe verfliegen, wann |
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Mit ihrem stillen Mondenschimmer |
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Weisheit am Arme des Friedens winket. |
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Du wandelst dort, Selene, in herrlicher, |
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Bescheidner, stillgenugsamer Glorie, |
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Und deine Silberleuchtung theilet |
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Freundlich die Wellen des nahen Stromes. |
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Der Bäume Wipfel tönen von Melodie; |
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Halb Trug, halb Wahrheit, schwärmen Gestalten durch, |
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Ein Bild des Lebens, immer wechselnd |
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Kommen und gehn sie, wie unsre Freuden |
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Hat ihres Friedens schöne Geheimnisse, |
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Der mildern Reize bessere Segnungen |
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Hier die Natur verbreitet? Sichtbar |
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Wallt die Unsichtbare durch die Dämmrung. |
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Hörst du die Geistertritte? der Gang ist Gang |
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Der Gottheit; ihre Nähe verkündet mir |
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Der reine Duft; in Duft und Ahndung |
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Schwebt und in dämmerndem Glanz mein Wesen. |
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Wo, von der Büsche dämmerndem Wölbungen |
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Umschirmt, der Strom sich krümmet, da tauch’ ich mich |
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Hinunter jetzt; in deinem Lichte |
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Theil’ ich, Selene, mit dir die Wellen. |
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Den Reinen ziemt das Reine; vom Quelle soll |
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Die erste Spende dein, o Selene, seyn; |
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Die zweite dein, Najade, die mich |
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Lächelnd umschlingt, und umschlingend kühlet. |
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O süße Lust! wie schmeichlerisch über mir |
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Die Wellen schlagen! Frohe Vergessenheit |
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Der Tagesmühen schlürf’ ich, sauge |
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Süßer nach drückender Last die Wollust! |
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Urreine Schönheit! Wann dem entbundenen |
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Dem fesselfreien Geiste dein Quell sich einst |
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Entschließt, in deinem Schooß nur werd’ ich |
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Seliger mich und entzückter fühlen. |
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CONZ. |
Details zum Gedicht „Abendphantasie“
Karl Philipp Conz
13
53
313
1796
Klassik
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Abendphantasie“ wurde von dem deutschen Dichter Karl Philipp Conz geschrieben. Da Conz zwischen 1762 und 1827 lebte, kann das Gedicht dem literarischen Zeitalter der Romantik zugeordnet werden, das von 1795 bis 1835 stattfand.
Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht sehr bildhaft und detailreich, regt zur Imagination an und lässt Raum für eigene Interpretationen. Es scheint den Zauber und die Schönheit des Abends, der Natur und der vorherrschenden Stimmung zu veranschaulichen.
Der Inhalt des Gedichts beschreibt im Grunde eine abendliche Szenerie und die Empfindungen des lyrischen Ichs in dieser Umgebung. Nach einem schwülen Tag erwacht mit dem ambrosischen Abend eine Neuorientierung und Erfrischung der Seele. Das lyrische Ich findet sich selbst in der Weite der Schöpfung wieder und nutzt die heilige, reine Natur, die durch die Dunkelheit und den milden Lichtschein des Mondes hervorgehoben wird, als Quelle der Inspiration und Erleuchtung. Es beschreibt, wie die Leidenschaft den Geist befreit und wie die Weisheit, die durch den friedvollen Mondschein symbolisiert wird, dazu führt, dass Dämpfe und Sorgen verfliegen. Es beschreibt die Akzente der Natur - die silbernen Wellen, die Melodie der Baumwipfel, die Gestalten, die durch die Dämmerung schweben - als ein Spiegelbild des Lebens und seiner wechselnden Freuden. Schließlich taucht das lyrische Ich in den Strom ein, um sich mit dem Wasser und dem Mondlicht zu verbinden und somit reine Schönheit und ekstatische Freude zu erleben.
Die Form des Gedichts besteht aus 13 gleichmäßigen Strophen mit jeweils 4 Versen, mit Ausnahme der letzten Strophe, die 5 Verse umfasst. Die Sprache ist charakterisiert durch formales, hochpoetisches Deutsch mit gelegentlichem Einsatz von archaischen und mythologischen Anspielungen sowie naturbezogenen Metaphern.
Insgesamt betont das Gedicht die Vorteile der Entspannung und Erneuerung durch die Schönheit der Natur und die Leidenschaft. Es wirbt für eine bewusste Auseinandersetzung mit der Natur und den eigenen Emotionen, um sich selbst besser zu verstehen und zu schätzen. Es stellt eine Lobeshymne auf die Harmonie zwischen Mensch und Natur dar.
Das Gedicht ist daher eine typische poetische Darstellung der Romantik, die Wert auf die Schönheit der Natur, die Freiheit der Phantasie, das Streben nach einem höheren Ideal von Wahrheit und Schönheit und das Erleben tiefer Emotionen legt. Die Romantiker strebten nach vollkommener Harmonie mit der Natur und suchten in dieser Harmonie sowohl persönliche Erleuchtung als auch künstlerische Inspiration. In diesem Sinne veranschaulicht „Abendphantasie“ diese Schlüsselprinzipien der Romantik auf meisterhafte Weise.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Abendphantasie“ ist Karl Philipp Conz. Conz wurde im Jahr 1762 in Lorch geboren. 1796 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Neustrelitz. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Klassik zugeordnet werden. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das vorliegende Gedicht umfasst 313 Wörter. Es baut sich aus 13 Strophen auf und besteht aus 53 Versen. Karl Philipp Conz ist auch der Autor für Gedichte wie „An die Muse“, „Der Hain der Eumeniden“ und „Die Musen“. Zum Autor des Gedichtes „Abendphantasie“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de keine weiteren Gedichte vor.
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