Epistel an Susalis von Susanne von Bandemer

Susalis, seufzest du wieder!
Birgt sich die Sonne des Glücks
Abermahls unter ein Wölkchen?
Siehest du trauriges Blicks
Auf die blühende Rose?
Ach, ich hatte sie lieb,
Eh’ der kommende Frühling
Ihre Knospe noch trieb.
Ich lobsinge dem Schöpfer,
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Daß er leben mich ließ;
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Denn wir wissen es alle,
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Rosendüfte sind süß
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An der stützenden Krücke
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Dem vermagerten Greis,
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Unterm Haare wie Silber
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Oder glänzendes Eis.
 
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Ich, ein pures Gerippe
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Überzogen mit Haut,
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Freue mich über die Rose,
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Die der Morgen bethau’t.
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Und der Abend beregnet.
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Ich vergesse darob
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Hundert künftige Sorgen,
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In der Seele voll Lob;
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Dünke mich jünger, gesünder,
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Fühle mich stärker, im Geist;
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Werde mit lieblichem Honig
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Lächelnder Hoffnung gespeist;
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Glaube noch bessere Zeiten. — —
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Susalis, glaube mir gleich,
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Mache durch nagenden Kummer
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Deine Wange nicht bleich,
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Und dein Auge verloschen.
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Hast ja Kinder, die dich
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Fürchten, lieben, und ehren;
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Hast ja Kinder, die sich
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Grämen ums Leben der Mutter,
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Wann die Mutter sich grämt;
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Hast’s erfahren, wie endlich
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Seiner Laune sich schämt,
 
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Seines Wolkenverkriechens,
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Dein oft mürrisches Glück.
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Darum wende nicht traurig
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Deinen schwimmenden Blick
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Von dem Rosengeländer.
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Ist der Garten nicht dein,
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Sind doch unter den Rosen
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All’ die süßesten dein.
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Denn da blühen viel tausend,
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Die bald müssen verblühn,
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Brich, und heiße den Mißmuth
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Von der Stirne entfliehn!
 
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Anne Luise Karschinn.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.3 KB)

Details zum Gedicht „Epistel an Susalis“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
53
Anzahl Wörter
218
Entstehungsjahr
1802
Epoche
Klassik,
Romantik

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Epistel an Susalis“ wurde von Susanne von Bandemer (*1751, †1828) geschrieben. Sie zählt zur Epoche der Aufklärung und dem Frühklassizismus. In ihren Werken ging es ihr oft um Fragen der Moral und der menschlichen Freiheit.

Dieses Gedicht wirkt auf den ersten Blick unauffällig und gemächlich. Es besteht aus vier Strophen mit jeweils unterschiedlicher Versanzahl, ergibt jedoch insgesamt einen harmonischen Gesamteindruck.

Inhaltlich richtet sich das lyrische Ich an eine Person namens Susalis. Die erste Strophe versetzt uns direkt in einen melancholischen Moment, in dem Susalis traurig auf eine Rose blickt. Das lyrische Ich zeigt Verständnis für diese melancholische Stimmung, teilt allerdings auch eigene positive Erfahrung - nämlich die Schönheit und Süße der Rose zu schätzen und zu lobpreisen, sogar trotz Alter und Gebrechen.

Die zweite Strophe bringt uns die natürliche Freude des lyrischen Ichs näher, die es trotz körperlicher Schwächen und Unsicherheit verspürt. Durch diese Lebensfreude und Hoffnung fühlt sich das lyrische Ich jünger und stärker. Susalis wird nun direkt angesprochen und ermutigt, nicht vor Sorgen zu erblasen, sondern sich der Liebe und Wertschätzung ihrer Kinder zu erfreuen.

Die dritte Strophe setzt diese ermutigende Ansprache fort. Susalis wird aufgerufen, ihren Blick nicht von den Rosen zu wenden, da diese symbolisch für Freude und Schönheit stehen. Es endet mit der Aufforderung, die Sorgen abzuwerfen und die Rosen zu pflücken, also den Moment und die Schönheit des Lebens zu genießen.

Das Gedicht schließt mit einer Einzelvers-Strophe die namentlich Anneluise Karschinn darstellt.

Nach der Form ist dieses Gedicht eine Epistel, also ein Briefgedicht, der persönliche Gedanken und Gefühle des lyrischen Ichs an eine andere Person vermittelt. Die Sprache ist einfach und klar, ohne aufwendige Metaphern oder sprachlichen Verzierungen. Es bewegt sich im Alltagssprachlichen, was eine direkte und verständliche Kommunikation ermöglicht.

Insgesamt ist dieses Gedicht deshalb wohl ein Appell an die Freude und Hoffnung. Es ist eine Ermutigung, das Leben trotz möglicher Sorgen und Alter in vollen Zügen zu genießen und die Schönheit und den Duft der Rosen zu schätzen. Ein deutlicher Ausdruck der aufklärerischen Idee des Genusses und der Freude im Hier und Jetzt.

Weitere Informationen

Die Autorin des Gedichtes „Epistel an Susalis“ ist Susanne von Bandemer. Geboren wurde Bandemer im Jahr 1751 in Berlin. Das Gedicht ist im Jahr 1802 entstanden. Der Erscheinungsort ist Berlin. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten der Autorin kann der Text den Epochen Klassik oder Romantik zugeordnet werden. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das vorliegende Gedicht umfasst 218 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 53 Versen. Weitere Werke der Dichterin Susanne von Bandemer sind „An Herzberg“, „An Ihn“ und „An Karl Hadermann“. Zur Autorin des Gedichtes „Epistel an Susalis“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 86 Gedichte vor.

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