Schier dreizig Jahre bist du alt von Karl von Holtei

1	Schier dreizig Jahre bist du alt,
2	hast manchen Sturm erlebt;
3	Hast mich wie ein Bruder beschützet,
4	und wenn die Kanonen geblitzet,
5	wir beide haben niemals gebebt.
6	Wir lagen manche liebe Nacht
7	durchnäßt bis auf die Haut,
8	Du allein, du hast mich erwärmet,
9	und was mein Herze hat gehärmet,
10	das hab ich dir, Mantel, vertraut.
11	Geplaudert hast du nimmermehr,
12	du warst mir still und treu,
13	Du warst getreu in allen Stücken,
14	drum laß ich dich auch nicht mehr flicken,
15	du alter, du würdest sonst neu.
16	Und möge sie mich verspotten,
17	du bleibst mir teuer doch;
18	Denn wo die Fetzen herunterhangen,
19	sind die Kugeln hindurchgegangen,
20	jede Kugel die machte ein Loch.
21	Und wenn die letzte Kugel schlägt
22	ins deutsche Herz hinein,
23	Lieber Mantel, laß dich mit mir begraben,
24	weiter will ich von dir nichts mehr haben,
25	in dich hüllen sie mich ein.
26	Da liegen wir zwei beide
27	bis zum Appell im Grab!
28	Der Appell der macht alles lebendig,
29	da ist es denn auch ganz notwendig,
30	daß ich dich, mein Mantel, hab!

Details zum Gedicht „Schier dreizig Jahre bist du alt“

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichtes „Schier dreizig Jahre bist du alt“ ist Karl von Holtei. Holtei wurde im Jahr 1798 in Breslau geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1814 und 1880. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus oder Naturalismus zugeordnet werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das 169 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 30 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Ein weiteres bekanntes Gedicht des Autors Karl von Holtei ist „Sie küßt mich nicht, wie ich auch bitte“. Zum Autor des Gedichtes „Schier dreizig Jahre bist du alt“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de keine weiteren Gedichte vor.

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• Sie küßt mich nicht, wie ich auch bitte