Die verschwiegene Nachtigall von Richard Zoozmann

Unter der Linden
Bei der Heide,
Wo unser zweier Bett gemacht,
Da mögt ihr finden,
Wie wir beide
Pflückten im Grase der Blumen Pracht.
Vor dem Wald in tiefem Tal,
Tandaradei!
Lieblich sang die Nachtigall.
 
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Ich kam gegangen
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Hin zur Aue –
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Mein Trauter harrte schon am Ort.
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Wie ward ich empfangen,
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O Himmelsfraue!
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Des bin ich selig immerfort.
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Ob er mich küßte? Wohl manche Stund,
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Tandaradei!
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Seht, wie ist so rot mein Mund.
 
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Da tät er machen
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Uns ein Bette
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Aus Blumen mannigfalt und bunt.
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Darob wird lachen,
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Wer an der Stätte
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Vorüberkommt, aus Herzensgrund:
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Er wird sehn im Rosenhag,
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Tandaradei!
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Sehen, wo das Haupt mir lag!
 
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Wie ich da ruhte,
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Wenn man es wüßte,
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Barmherziger Gott – ich schämte mich.
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Wie mich der Gute
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Herzte und küßte,
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Keiner erfahr es als er und ich,
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Und ein kleines Vögelein –
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Tandaradei!
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Das wird wohl verschwiegen sein!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.2 KB)

Details zum Gedicht „Die verschwiegene Nachtigall“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
144
Entstehungsjahr
1910
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die verschwiegene Nachtigall“ wurde von Richard Zoozmann verfasst, einem deutsch-baltischen Schriftsteller und Philologen, der von 1863 bis 1934 lebte. Daher kann es zeitlich in den Kontext des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts eingeordnet werden.

Zunächst hinterlässt das Gedicht den Eindruck einer romantischen Begegnung in der Natur. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Nachtigall als Symbol der Liebe und Geheimnisträgerin der besungenen Beziehung.

In Inhalt des Gedichts schildert das lyrische Ich die Idylle einer heimlichen Liebe unter freiem Himmel. Es beschreibt die Schönheit der Natur, das gemeinsame Bett aus Blumen und die Zweisamkeit mit dem Geliebten. Es wird das Geheimnis betont, das zwischen dem lyrischen Ich, dem Geliebten und der Nachtigall besteht, womit eine besondere tiefe Verbundenheit und Intimität zum Ausdruck gebracht wird. Diese Glücksmomente in der Natur bleiben der Außenwelt verborgen und nur die Nachtigall als stummer Zeuge teilt dieses Geheimnis.

In der Form ist das Gedicht in vier Strophen mit je neun Versen unterteilt. Dabei folgt am Ende jeder Strophe der Ausruf „Tandaradei!“, was als altertümlicher Ausdruck der Freude betrachtet werden kann und eine spielerisch-ausgelassene Stimmung schafft. Die Sprache des Gedichts zeichnet sich durch eine einfache, unverstellte und bildreiche Diktion aus, die die Erlebnisse des lyrischen Ichs greifbar und nachvollziehbar machen.

Insgesamt vermittelt das Gedicht eine poetische Szenerie der Liebe und Intimität, die in die Schönheit und Ruhe der Natur eingebettet ist. Die Nachtigall fungiert hierbei als symbolisches Bindeglied, das sowohl die Schönheit der Natur als auch das Geheimnis der Liebe repräsentiert. Es ist ein Loblied auf die ungezwungene, natürliche Liebe, die nur der Geliebte und die Nachtigall kennen und verstehen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Die verschwiegene Nachtigall“ des Autors Richard Zoozmann. Zoozmann wurde im Jahr 1863 in Berlin geboren. Im Jahr 1910 ist das Gedicht entstanden. In Regensburg ist der Text erschienen. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Moderne oder Expressionismus zu. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das Gedicht besteht aus 36 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 144 Worte. Die Gedichte „Alte Liebe“, „Alte Romanze“ und „Der Schuhflicker“ sind weitere Werke des Autors Richard Zoozmann. Zum Autor des Gedichtes „Die verschwiegene Nachtigall“ haben wir auf abi-pur.de keine weiteren Gedichte veröffentlicht.

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