Traurgesang von der Not Christi am Ölberg in dem Garten von Friedrich Spee von Langenfeld

Bei stiller Nacht zur ersten Wacht
ein Stimm sich gund zu klagen;
ich nahm in acht, was die dann sagt,
tat hin mit Augen schlagen.
 
Ein junges Blut, von Sitten gut,
alleinig, ohn Gefährten,
in großer Not, fast halber tot,
im Garten lag auf Erden.
 
Es war der liebe Gotttessohn,
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sein Haupt er hatt in Armen,
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viel weiß und bleicher als der Mon,
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ein Stein es möcht erbarmen.
 
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?Ach, Vater, liebster Vater mein,
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und muß den Kelch ich trinken?
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Und mags dann ja nit anders sein,
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mein Seel nit laß versinken!"
 
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?Ach, liebes Kind, trink aus geschwind,
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Dirs laß in Treuen sagen.
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Sei wohl gesinnt, bald überwind,
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den Handel, mustu wagen."
 
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?Ach, Vater mein, und kanns nit sein,
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und muß ichs je dann wagen,
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will trinken rein den Kelch allein,
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kann dirs ja nit versagen.
 
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Doch Sinn und Mut erschrecken tut,
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soll ich mein Leben lassen.
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O bitter Tod, mein Angst und Not
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ist über alle Maßen.
 
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Maria zart, jungfräulich Art,
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sollt Du mein Schmerzen wissen,
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mein Leiden hart zu dieser Fahrt,
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Dein Herz wär schon gerissen.
 
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Ach, Mutter mein, bin ja kein Stein,
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das Herz mir dörst zerspringen;
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sehr große Pein muß nehmen ein,
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mit Tod und Marter ringen.
 
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Ade, ade zu guter Nacht,
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Maria, Mutter milde.
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Ist niemand, der dann mit mir wacht
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in dieser Wüsten wilde?
 
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Ein Kreuz mir vor den Augen schwebt,
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o weh der Pein und Schmerzen!
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Dran soll ich morgen wern erhebt,
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das greifet mir zum Herzen.
 
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Viel Ruten, Geißel, Skorpion,
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in meinen Ohren sausen.
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Auch kommt mir vor ein dörnen Kron:
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O Gott, wen wollt nit grausen?
 
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Zu Gott ich hab gerufen zwar,
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aus tiefen Todesbanden;
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dennoch ich bleib verlassen gar,
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ist Hilf noch Trost vorhanden.
 
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Der schöne Mon will untergohn,
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für Leid nit mehr mag scheinen;
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die Sternen lan ihr Glitzen stahn,
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mit mir sie wollen weinen.
 
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Kein Vogelsang noch Freudenklang
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man höret in den Lüften,
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die wilden Tier auch trauren mit mir
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in Steinen und in Klüften."
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (29.5 KB)

Details zum Gedicht „Traurgesang von der Not Christi am Ölberg in dem Garten“

Anzahl Strophen
15
Anzahl Verse
60
Anzahl Wörter
327
Entstehungsjahr
1591 - 1635
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Friedrich Spee von Langenfeld ist der Autor des Gedichtes „Traurgesang von der Not Christi am Ölberg in dem Garten“. Im Jahr 1591 wurde Spee von Langenfeld in Kaiserswerth bei Düsseldorf geboren. Zwischen den Jahren 1607 und 1635 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Barock zuordnen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das Gedicht besteht aus 60 Versen mit insgesamt 15 Strophen und umfasst dabei 327 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Friedrich Spee von Langenfeld sind „Ein kurzes poetisch Christgesang“, „Liebgesang der Gespons Jesu“ und „Der trübe Winter ist vorbei“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Traurgesang von der Not Christi am Ölberg in dem Garten“ keine weiteren Gedichte vor.

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