Die zerfallene Vigne von Heinrich Leuthold

Du grüne, blühende Wildnis
Voll Nachtigallenruf,
Die einst ein Frauenbildnis
Zum Wohnsitz für Götter schuf.
 
Du altes Landhaus, in Reben
Und Feigenbäumen versteckt ...
Als damals zu neuem Leben
Das schönste Weib dich erweckt:
 
Wie plätscherten rings die Bronnen,
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Wie goß auf dieses Haus
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Eine Fülle verschwiegener Wonnen
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Liebe und Jugend aus!
 
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Ihr, zum Asyl der Tauben
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Kytherens auserwählt,
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Ihr schattigen, heimlichen Lauben,
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Wie seid ihr nun entseelt!
 
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Umsonst ist all' mein Lauschen
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Nach Herrin und Gesind ...
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Verschlafene Wipfel rauschen
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Leise im Morgenwind.
 
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Umsonst ist all' mein Rufen ...
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Das Echo höhnt mich rings ...
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Auf den zerbröckelnden Stufen
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Schläft eine verwitterte Sphinx.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.7 KB)

Details zum Gedicht „Die zerfallene Vigne“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
100
Entstehungsjahr
1827 - 1879
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die zerfallene Vigne“ wurde von Heinrich Leuthold verfasst, der im 19. Jahrhundert gelebt hat (geboren 1827, gestorben 1879).

Auf den ersten Blick erzeugt das Gedicht den Eindruck einer melancholischen Erinnerung an eine vergangene, prächtige Zeit, die nun verloren und verfallen erscheint. Leuthold nutzt kraftvolle bildliche Sprache, um sowohl die ehemalige Schönheit als auch den gegenwärtigen Zustand des Landhauses bzw. Vigne, auf das sich der Titel bezieht, zu verdeutlichen.

Im Gedicht geht es hauptsächlich um ein altes Landhaus oder Anwesen, das sich in einer Art dramatischem Verfall befindet. Das lyrische Ich schildert, wie wunderschön und lebendig dieser Ort einst war, als er von einer Frau bewohnt wurde, die es mit Leben und Schönheit erfüllte. Nun ist die Frau weg, das Landhaus liegt verlassen da und seine ehemalige Schönheit ist verblasst. Die Verzweiflung des lyrischen Ichs zeigt sich durch das vergebliche „Lauschen“ und „Rufen“, was auf seine tiefe Sehnsucht nach vergangenen Zeiten hinweist.

In Bezug auf die Form besticht das Gedicht durch seine klare Struktur: Es ist in sechs Strophen unterteilt, jede mit vier Versen. Die Anzahl der Silben in jedem Vers ist nicht fest, was zu einem natürlichen, freien Rhythmus beiträgt.

Die Sprache des Gedichts ist poetisch und bildreich. Leuthold nutzt Naturmetaphern wie „grüne, blühende Wildnis“, „rings die Bronnen“, „verschlafene Wipfel rauschen“ und eine „verwitterte Sphinx“, um die ehemalige Vitalität und gegenwärtige Vergänglichkeit des Landhauses zu veranschaulichen. Auch die mythische Erwähnung von „Kytheren“ (ein anderer Name für Aphrodite, die griechische Göttin der Liebe), in Verbindung mit dem „Wohnsitz für Götter“ deutet auf die einstige himmlische Pracht des Anwesens hin.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Heinrich Leutholds „Die zerfallene Vigne“ ein nostalgisches und emotional aufgeladenes Gedicht ist, das den Leser auf eine vergangene Zeit führt und die Vergänglichkeit von Schönheit und Leben thematisiert.

Weitere Informationen

Heinrich Leuthold ist der Autor des Gedichtes „Die zerfallene Vigne“. Im Jahr 1827 wurde Leuthold in Wetzikon, Kanton Zürich geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1843 und 1879. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus zu. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das vorliegende Gedicht umfasst 100 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 24 Versen. Die Gedichte „An einen jungen Freund“, „Es flüstert in den Zypressen“ und „Wanderlied“ sind weitere Werke des Autors Heinrich Leuthold. Zum Autor des Gedichtes „Die zerfallene Vigne“ haben wir auf abi-pur.de weitere 17 Gedichte veröffentlicht.

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