Eich, Günter - Inventur (Gedichtinterpretation)

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Günter Eich, Gedichtanalyse, Nachkriegsliteratur, Referat, Hausaufgabe, Eich, Günter - Inventur (Gedichtinterpretation)
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Referat

Gedichtanalyse: „Inventur“ von Günter Eich

Das Gedicht „Inventur“ von Günter Eich aus dem Jahr 1947 handelt von einer Auflistung an Alltagsgegenständen eines Mannes nach dem Krieg. Es entstand in der Epoche der Moderne und gehört zur Gattung der Nachkriegslyrik. Ebenfalls lässt sich dieses Gedicht zur Trümmerlyrik zuordnen.

In seinem Gedicht spricht der Autor über das Thema Eigentum, ein unbenanntes lyrisches Ich beschreibt seine wenigen Habseligkeiten und gibt diesen eine große Bedeutung. Das Gedicht umfasst 7 Strophen, die sich jeweils in 4 Versen unterteilen. Ein konkretes Reimschema ist nicht zu finden, da in diesem Gedicht nicht auf besondere Reimschemata zurückgegriffen wird. Zudem sind die Kadenzen unregelmäßig; zum größten Teil sind weibliche Kadenzen vorhanden, jedoch wechseln diese auch oft zwischen männlichen Kadenzen und gleitenden Kadenzen ab. Als Versmaß wird in diesem Fall der Trochäus verwendet, welcher jedoch unregelmäßig über das ganze Gedicht verwendet wird.

„Dies ist meine Mütze,
dies ist mein Mantel,
hier mein Rasierzeug
im Beutel aus Leinen.“

In der ersten Strophe beschreibt das lyrische Ich seinen Besitz. Das lyrische Ich benennt seine Kleidung und sein Rasierzeug als seinen Besitz.

„Konservenbüchse:
Mein Teller, mein Becher,
ich hab in das Weißblech
den Namen geritzt.“

Darauf folgt die zweite Strophe, in der das lyrische Ich seine Essensgegenstände benennt. Das lyrische Ich berichtet davon, dass er eine Konservenbüchse besitzt, in der ein Teller und ein Becher zu finden sind. In diese habe das lyrische Ich auch seinen eigenen Namen geritzt.

„Geritzt hier mit diesem
kostbaren Nagel,
den vor begehrlichen
Augen ich berge.“

In der dritten Strophe geht er auf den eingeritzten Namen im Weißblech ein und beschreibt sein kostbares Werkzeug, seinen Nagel.

„Im Brotbeutel sind
ein Paar wollene Socken
und einiges, was ich
niemand verrate,“

Die vierte Strophe handelt von Socken und Gegenständen, welche das lyrische Ich nicht benennen möchte.

„so dient es als Kissen
nachts meinem Kopf.
Die Pappe hier liegt
zwischen mir und der Erde.“

In Strophe 5 erzählt das lyrische Ich, dass es als Kissen, Pappe benutze.

„Die Bleistiftmine
lieb ich am meisten:
Tags schreibt sie mir Verse,
die nachts ich erdacht.“

In der sechsten Strophe erklärt das lyrische Ich, dass es seine Bleistiftmine am liebsten mag, da er diese benutzt, um sich Verse am Tag aufzuschreiben, die er sich Nachts ausgedacht hat.

„Dies ist mein Notizbuch,
dies meine Zeltbahn,
dies ist mein Handtuch,
dies ist mein Zwirn.“

Im siebten und letzten Teil des Gedichts geht es um ein paar weitere Alltagsgegenstände, welche auch hier benannt werden.

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In seinem Gedicht spricht der Autor über das Thema Eigentum. Das vorliegende Gedicht besteht aus 7 Strophen mit jeweils 4 Versen, woraus sich insgesamt 28 Verse ergeben. Das Metrum des Gedichts ist nicht vorhanden und bewirkt, dass es sich von anderen Gedichten der Gattung abhebt. Es lässt sich kein spezifisches Versmaß identifizieren und es gibt kein erkennbares Reimschema. Jeder Vers besteht hierbei aus zwei Hebungen in einem Trochäus, Jambus oder Daktylus. Die Verse sind durch häufige Enjambements offen (Vgl. V. 9 - 10). Der Satzbau ist einfach, paratax und gleichbleibend. Es gibt ein lyrisches Ich, welches jedoch nicht genauer benannt wird. Trotzdem werden die einfachen und ärmlichen Lebensumstände des lyrischen Ichs deutlich. Die Thematik des Besitzes wird durch das Possessivpronomen „mein“ (Vgl. V. 1 - 3) verstärkt und hervorgehoben.

Hauptsächlich werden Substantive verwendet und kaum Adjektive. Die einfachen Verben benennen lediglich die Funktion der Gegenstände. Der Superlativ „am meisten“ im Vers 22 ist eine Besonderheit und sticht aus der ansonsten ähnlichen Wortwahl heraus. Daraus lässt sich erkennen, dass das Gedicht kaum rhetorische Stilmittel enthält. Der Autor des Gedichts verzichtet zum größten Teil auf sprachliche Stilmittel, was dazu führt, dass man das Gedicht als Anti-lyrisch einstufen lassen kann. Hinzu kommt, dass das Gedicht auf einen parataktischen Satzbau setzt sowie viele Enjambements beinhaltet, die einen übergangslosen und abrupten Schein ermöglichen, welche die emotionale Abgeschlagenheit der Menschen symbolisiert.

Es gibt weder positiv noch negativ besetzte Wörter, wodurch sich keine charakteristische Stimmung herausarbeiten lässt und das Gedicht neutral und berichtend erscheint. Es wirkt durch die karge und schmucklose Sprache wie eine einfache Aufzählung. In dem beschriebenen Gedicht bekommen alltägliche Dinge eine große Bedeutung. Der karge Besitz definiert sich ausschließlich über den funktionalen Nutzen. Andere Menschen mit „begehrlichen Augen“ (V. 11) werden als eine Bedrohung empfunden. Durch die zeitgeschichtliche Einordnung lässt sich darauf schließen, dass es sich hierbei um einen Kriegsgefangenen handelt, welcher seine wenigen aber kostbaren Habseligkeiten benennt.

Nennenswert ist zudem der Aspekt, dass das lyrische Ich eine Liebe zu seiner Bleistiftmine hat („Die Bleistiftmine lieb ich am meisten“, V. 21 - 22). Im Vers 23 lässt sich eine Personifikation auffinden „Nachts schreibt sie mir Verse“, welche von einer Antithese umschlossen ist. Die Personifikation der Bleistiftmine möchte nochmals verdeutlichen, in welchem Maße diese wichtig für das lyrische Ich ist. Die Bleistiftmine ist hierbei eine Metapher für die Literatur, wodurch das lyrische Ich seine Erfahrungen mit dem Krieg verarbeiten kann. Die Antithese „Nachts-Tag“ (vgl. V. 23 - 24) macht deutlich, dass dem lyrischen Ich viele Gedanken, umrandet von Sorgen, vor dem Schlafen durch den Kopf gehen. Zudem verwendet der Autor in der letzten Strophe durchgehend Anaphern (vgl. V. 25 - 26 - 27 - 28), welche das Gedicht sowohl monoton als auch unpoetisch wirken lassen. Mithilfe der Anaphern möchte er jedoch abermals dem Leser unterstreichen, dass das lyrische Ich stolz darauf ist, trotz dieser Lage noch das Maß an Gegenständen zu besitzen. Dies wird vor allem durch die verschönenden Adjektive wie „kostbar“ oder „begehrlichen“ (vgl. V. 10 - 11) verdeutlicht.

Auch fällt bei genauem Betrachten des Gedichts auf, dass das lyrische Ich viele Possessivpronomen wie „mein“ benutzt (vgl. V 2 - 3 - 6). Damit wird das zuvor beschriebene nur noch mehr bestätigt.

Das Gedicht wurde um das Jahr 1947 herum veröffentlicht und steht damit unter dem Einfluss des Zweiten Weltkrieges. Es beschreibt das Erleben einer Zeit, in der es den Menschen am schlechtesten ging; der Nachkriegszeit des 2. Weltkrieges. In dieser Zeit verloren die Menschen ihr ganzes Gut, was der Autor im Gedicht mit wenigen Worten aufzeigt. Der Autor möchte dem Leser aufzeigen, was dem lyrischen Ich nach dem Krieg geblieben ist. Der Titel „Inventur“ löst beim Leser zunächst die Erwartung aus, dass über beachtliche Vermögensgegenstände geschrieben wird, da dieses unter einer Inventur im Allgemeinen verbunden wird. Die Leseerwartung erhält im Gedicht in der Zeile 1 jedoch eine inhaltliche Wendung. Dies wird vor allem durch die Aufzählung der Gegenstände erzeugt, welche für den Leser nur als Plunder betrachtet werden. Für das lyrische Ich jedoch puren Luxus bedeuten. Das Besondere am Gedicht spiegelt sich über alle Strophen hinweg wider; das lyrische Ich wirkt auf den Leser glücklich und zufrieden, dass er diese ganzen Gegenstände trotz der damals herrschenden Umstände noch besitzt.

Das vorliegende Werk lässt sich in die Epoche der Nachkriegsliteratur einordnen. Typisch für die Epoche ist die realitätsnahe, einfache und sachliche Sprache. Zudem entstanden viele Werke dieser Epoche aus den persönlichen Erfahrungen der Autoren, was sich auch auf Günter Eich übertragen lässt, da er selbst ein Kriegsgefangener war. Günter Eich wurde am 1. Februar 1907 in Lebus geboren, er verstarb am 20. Dezember 1972 in Salzburg. Eich war ein deutscher Hörspielautor und Lyriker. Zu seinen bekanntesten Werken gehören die Nachkriegsgedichte „Inventur“ und „Latrine“, das Hörspiel „Träume“ sowie die Prosasammlung „Maulwürfe“.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das lyrische Ich in dem Gedicht mit einfachen Worten seine geringen Habseligkeiten aufzählt. Diese bekommen jedoch eine große Bedeutung zugeschrieben, wodurch Alltagsgegenstände für ihn zu kostbaren Besitztümern werden. Eine Bleistiftmine, mit der er Gedichte schreibt, ist dabei sein wertvollstes Gut. Der Inhalt ist realistisch und zeitbezogen. Der Autor nutzt eine schmucklose, karge Sprache. Auffallend ist der nüchterne Stil und die monotone Struktur. Meiner Meinung nach verdeutlicht das Gedicht, wie wichtig Alltagsgegenstände für uns sind, wir die Bedeutung aber nur in bestimmten Situationen abschätzen können. Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Wertschätzung von einfachen Gegenständen die zentrale Aussage des Gedichts ist.

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