Schubert, Franz - Winterreise, D.911 Op.89, Nr.13 Die Post

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Franz Schubert, Die Post, Wilhelm Müller, Gedichtinterpretation, Analyse, Referat, Hausaufgabe, Schubert, Franz - Winterreise, D.911 Op.89, Nr.13 Die Post
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Referat

Die Post von Franz Schubert aus der Winterreise (1827) in Es-Dur

Detailreiche Analyse des Gedichts von Wilhelm Müller und Analyse der musikalischen Interpretation von Franz Schubert (1797-1828) von „Die Post“ aus der Winterreise (1827).

Die Post
von Wilhelm Müller

Von der Straße her ein Posthorn klingt.
Was hat es, daß es so hoch aufspringt,
Mein Herz?
 
Die Post bringt keinen Brief für dich.
Was drängst du denn so wunderlich,
Mein Herz?
 
Nun ja, die Post kommt aus der Stadt,
Wo ich ein liebes Liebchen hatt′,
Mein Herz!
 
10 
Willst wohl einmal hinüberseh′n
11 
Und fragen, wie es dort mag geh′n,
12 
Mein Herz?

(„Die Post“ von Wilhelm Müller ist auch in unserer Gedichtedatenbank zu finden. Dort findest Du auch weitere Gedichte des Autoren. Für die Analyse des Gedichtes bieten wir ein Arbeitsblatt als PDF (23.4 KB) zur Unterstützung an.)

Das hier vorliegende Kunstlied „Die Post“ aus dem romantischen Zyklus „Winterreise“ von Franz Schubert (1797-1828) ist in Es-Dur 1827 komponiert worden.

Die „Winterreise“ besteht aus 24 Liedern für Singstimme und Klavier und basiert auf den Texten bzw. auf einer Gedichtsammlung von Wilhelm Müller, die „Aus den hinterlassenen Papieren eines Waldhornisten“ stammt. Schubert hat sich 24 von diesen Gedichten ausgesucht und diese dann in der „Winterreise“ vertont, wodurch Wilhelm Müller an Bekanntheit erlangte. Allgemein handelt die „Winterreise“ von den einzelnen Eindrücken eines Wanderers, der auf diesen 24 Stationen von höchster Freude bis zur schlimmsten Verzweiflung, was auch durch die häufigen Wechsel von Dur und Moll von Schubert verdeutlicht wird. Hier überwiegen jedoch die 16 Lieder in Moll, was die doch eher düstere Stimmung insgesamt darstellt.

Schubert hat „Die Post“ in einem _-taktigen lyrischen Klavierlied vertont, in der das Klavier die Begleitung des Gesangs darstellt und auch eine tragende Rolle zur Interpretationslage und Gefühlslage beiträgt. Schubert hat sich hier bei der Betrachtung des Gedichts und der darauffolgenden musikalischen Gestaltung sowohl formal als auch im Detail von der Semantik inspirieren lassen.

Das Gedicht „Die Post“ von Wilhelm Müller, welches hier die Grundlage darstellt, besteht aus 4 Strophen mit jeweils 3 Versen. Sprachlich betrachtet ist das Gedicht eher einfach gehalten, was der idealen Grundlage eines Kunstliedes entspricht und auch typisch für die Zeit der Romantik ist. Die Sprache der Romantik ist eher von einer einfachen Volkstümlichkeit geprägt, weshalb so beispielsweise Fremdwörter vermieden worden. Auch die Lyrik ist volksliedhaft gestaltet, wie man es anhand der einfachen Strophenform und der Reime erkennen kann. Das Reimschema ist sehr interessant, denn die jeweils ersten beiden Verse aus der Strophe bilden einen Paarreim während der dritte Vers immer die Frage „Mein Herz?“ darstellt. In der dritten Strophe wird aus der Frage ein Ausrufesatz gemacht.

Bereits anhand der Überschrift „Die Post“ lässt sich das inhaltliche Geschehen erahnen. Es handelt von dem lyrischen Ich, welches schon sehnsüchtig von seinem „Liebchen“ wartet, während er das Posthorn hört. Somit lässt sich das Gedicht zur Epoche der Romantik einordnen, denn dort tauchen die romantischen Motive Liebe und Sehnsucht auf. Im Laufe des Gedichts wird die Liebe, welche fast schon typisch mit dem Herz symbolisiert wird und das Verlangen nach ihr immer deutlicher, jedoch spürt man auch die Einsamkeit und eine Enttäuschung, welche das lyrische Ich erlebt, thematisiert.

In der ersten Strophe ist das lyrische Ich euphorisch und fröhlich, weil das Posthorn ertönt (vgl. V. 1). Es ist aufgeregt, weil es anscheinend einen Brief von jemandem erwartet, worauf sein Herz schon sehnsüchtig gewartet hat. Sein Herz springt hoch auf (vgl. V.2) und das lyrische Ich weiß selbst nicht, warum es so fröhlich ist, weshalb am Ende der Strophe ein Fragezeichen erscheint. In der zweiten Strophe spricht das lyrische Ich sein Herz im Gegensatz zur ersten Strophe direkt an, wie man es anhand der zweiten Person Singular in dem fünften Vers und an dem „dich“ (V.4) erkennen kann. Die Stimmung des lyrischen Ichs bzw. des Herzens ist nun eher bedrückt und enttäuscht, weil die Post keinen Brief für ihn dabei hatte. Auch in dieser Strophe weiß das lyrische Ich selbst immer noch nicht, warum es von dem einen auf den anderen Moment so traurig und deprimiert ist. Es weiß nur, dass es mit dem Brief, welchen es nicht erhalten hat im Zusammenhang steht, weshalb auch hier das Versende in dem sechsten Vers mit einem Fragezeichen gekennzeichnet ist. In der dritten Strophe wird ihm mit einem Schlag bewusst, dass „die Post kommt aus der Stadt“ (V. 7), wo es „ein liebes Liebchen hatt′ “ (V.8). Die vorher gegebene Ahnungslosigkeit des lyrischen Ichs ist nun vorbei, weshalb die Strophe mit einem Ausrufezeichen endet. Das lyrische Ich wirkt schon fast aufgeregt und erleichtert, weil es nun versteht, warum sein Herz solche Stimmungen fühlt, bevor es das tat. In der letzten Strophe fragt er nun sein Herz, ob er nach seinem „Liebchen“ sehen und sie in ihrer Stadt besuchen soll (vgl. Strophe vier). Dabei spürt man, dass ein leichtes Unwohlsein und vielleicht auch Sorgen bei dem lyrischen Ich dabei sind, weshalb es dem Herz diese Frage stellt. Man weiß nicht, wie lange es schon keinen Brief von seinem „Liebchen“ erhalten hat und vielleicht ist ihr gar etwas passiert?

Die inhaltliche Struktur des Gedichts wird formal durch Vorspiele, Zwischenspiele, Nachspiele und ganztaktige-Pausen des Klaviers gekennzeichnet und bekräftigt. Das musikalisch umgesetzte variierte Strophenlied von Franz Schubert beginnt mit einem Vorspiel in Es-Dur im 6/8-Takt, welches von Takt 1-8 verläuft. Das Vorspiel wird etwas geschwind gespielt, beginnt im Piano und schafft schon direkt eine Melodie, die man mit der Post auch heutzutage verbindet. In Es-Dur steht das Lied, was somit auch einen Zusammenhang zum Namen des Gedichts „Die Post“ besitzt, weil das Posthorn bzw. das Horn allgemein in Es gespielt wird. Auch die gegebenen auf- und abwärtsgehenden Quarten verbindet man direkt mit der Post bzw. einem Signal, welches „Achtung!“ bedeutet. Die Melodie befindet sich in der rechten Hand, wobei diese im Legato gespielt wird und sich fast wie ein Signalton anhört. Die Begleitung spielt gebrochene E-Dur Dreiklänge (Arpeggio), die in Takt 7 und 8 im Staccato gespielt werden, welche sich wie der Galopp der Pferde anhört. An dieser Stelle sollte kurz verdeutlicht werden, dass das Lied aus dem 19. Jahrhundert stammt, indem die Post noch per Kutsche mit Pferden gebracht wurde. Für die Geräusche der Hufen ist Schubert fast schon bekannt, denn in seinem bekannten Meisterwerk „Erlkönig“ hat er dieses kennzeichnende Motiv bereits verwendet.

Die erste Strophe verläuft von Takt 9 bis Takt 25, steht auch in Es-Dur und beginnt im Piano. Die Melodie ist eher einfach gehalten aufgrund des Ambitus von es bis f‘ und der Rhythmus ist von punktierten Notenwerten geprägt. Auch hier besitzt die Begleitung den Galopp der Pferde, wobei es nun aus „drei-Akkord-Motiven“ besteht und der Rhythmus erst aus einer punktierten Achtel, dann einer 16-tel und einer Achtel besteht. Dieses Motiv wird durchgehend bis Takt 25 gespielt und in Takt 15 wird der erste Höhepunkt bei dem Wort „Herz“ im Forte erreicht, welches mit einem punktierten halben Note f‘ im Legato gespielt wird. Die beiden letzten Verse der ersten Strophe werden hier wiederholt, wobei der dritte Vers „Mein Herz“ sogar insgesamt dreimal erklingt mit einer punktierten halben Note im Legato. Die Stimmung in der ersten Strophe ist generell fröhlich und mit einer Leichtigkeit verbunden und bei den Worten „Mein Herz“ spürt man auch anhand der musikalischen Umsetzung die Vorfreude des Herzens. Die erste Strophe endet in Takt 26 mit einer Pause, welche den ganzen Takt über in der Gesangs- und der Begleitstimme verläuft.

Die zweite Strophe beginnt in Takt 27 in e-Moll im Pianissimo, weshalb die Stimmung nun bedrückt und fast schon von Traurigkeit geprägt ist. Außerdem wirkt diese Strophe, welche in Takt 46 endet, langsamer als die erste Strophe, weil das Pferdegalopp-Motiv den Gesang nicht mehr begleitet. Stattdessen werden Viertel- und Achtelakkorde im Wechsel gespielt. Auch das Herz-Motiv mit der punktierten Note im Legato wurde (bis auf das vorletzte „Herz“ in Takt 44) durch eine punktierte Viertel im Legato ersetzt, sodass die Stimmung auch dadurch eher betrübt wirkt. Diese Strophe wurde zwei Mal komplett wiederholt und der sechste Vers auch wieder insgesamt drei Mal. Bei der ersten Wiederholung hört man die Melancholie und die Enttäuschung des lyrischen Ich bzw. des Herzens, was beispielsweise mit der Dynamik im Pianissimo zusammenhängt. Bei einem kleinen Zwischenspiel nach der ersten Wiederholung erklingt als eine Art von Echo im Klavier das Motiv des Herzens nach, was die Überlegung des lyrischen Ichs darstellt. Das Herz ist traurig aber das lyrische Ich weiß nicht warum und denkt in diesem Zwischenspiel darüber nach. Bei der zweiten Wiederholung ab Takt 37 setzt das lyrische Ich sein Herz schon fast unter Druck, indem in Takt 44 das Herz im Forte schon fast angeschrien wird. Dadurch spürt man auch die Verzweiflung des lyrischen Ich, denn die gegebene Unwissenheit belastet ihn stark, doch ab Takt 46 kommt er dem Schmerz des Herzens allmählich näher, was man anhand des Tonartenwechsels in Dur entdecken kann.

Das Zwischenspiel, welches in Takt 53 endet, entspricht exakt dem Vorspiel aus den ersten acht Takten. Das lyrische Ich hat nun verstanden, warum das Herz so deprimiert und traurig war, weshalb es nun in der dritten Strophe ab Takt 54 singt, dass die Post aus der Stadt kommt, in der sein „Liebchen“ lebt (vgl. T. 54-59). Auch diese Strophe entspricht musikalisch betrachtet der ersten Strophe mit z.B. dem Pferdegalopp-Motiv, dem Herz-Motiv oder auch der Tonart Es Dur. Das lyrische Ich ist wieder fröhlich und erleichtert, dass es nun weiß, warum es solch einen Herzschmerz hatte. Daraufhin folgt ebenfalls wieder die ganze Pause.

Die vierte und letzte Strophe ist jedoch auch von der traurigen und melancholischen Stimmung aus der zweiten Strophe geprägt und beginnt in Takt 71. Dem lyrischen Ich wird dort bewusst, dass es anscheinend schon lange nichts von seinem „Liebchen“ gehört hat und macht sich nun sorgen. Ist etwas passiert? Geht es dem „Liebchen“ gut? Sollt es sich auf dem Weg zu ihr machen? Durch die musikalische Interpretation von Schubert werden diese Fragen und Gedanken, welche sich das lyrische Ich stellen könnte, noch deutlicher. Das Lied endet mit zwei Akkorden im Piano in Es-Dur.

Obwohl das Lied in Dur endet, spürt man durch das Piano trotzdem den Zweifel des lyrischen Ichs. Im Gedicht und in der musikalischen Interpretation Schuberts wird nicht eindeutig, ob das lyrische Ich sich auf den Weg zu seinem „Liebchen“ macht oder nicht. Fährt es mit der Post zu seinem „Liebchen“? Wird es auf sein Herz hören? Wird es in seiner Verzweiflung unter gehen? Fragen über Fragen, welche jedoch nicht beantwortet werden.

Resümierend ist Schuberts „Die Post“ ist ein wunderschönes Beispiel für ein wahrhaftiges Kunstlied aus der Romantik. Man erkennt, dass die Musik keine reine Begleitmusik für den Text darstellt, wie es beim Strophenlied beispielsweise der Fall ist, sondern wir haben an der ein oder anderen Stelle eine wechselnde Stimmung, was dem variierten Strophenlied entspricht.

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