Eichendorff, Joseph von - Das Marmorbild (Inhaltsangabe Charakteristik Fortunato)
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Referat
Das Marmorbild - eine Novelle von Joseph von Eichendorff
Das Marmorbild ist eine Novelle von Joseph von Eichendorff aus dem Jahre 1818. Erstmals wurde sie im Frauentaschenbuch für das Jahr 1819 veröffentlicht.
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff wurde am 10. März 1788 auf Schloss Lubowitz bei Ratibor geboren. Gestorben ist er in Oberschlesien am 26. November 1857 in Neisse, Oberschlesien. Eichendorff war ein bedeutender Lyriker und Schriftsteller der deutschen Romantik. Er zählt mit etwa 5000 Vertonungen zu den meistvertonten deutschsprachigen Lyrikern und ist auch als Prosadichter ("Aus dem Leben eines Taugenichts") bis heute gegenwärtig.
Obwohl das Marmorbild eine Novelle der Romantik ist, kam die Anregung dazu bereits vom Barockdichter Eberhard Werner Happel. Happel veröffentlichte schon im Jahr 1687 eine Gespenstergeschichte, in der ein junger Reisender in Lucca in den Bann einer „teuflischen Frau“ gerät, aber noch einmal mit dem Schrecken davonkommt. Auch einzelne Szenen und Figuren, so zum Beispiel der Ritter Donati, kommen bereits bei Happel vor.
Kurze Inhaltsangabe
In der Novelle "Das Marmorbild" durchlebt der Protagonist die für die Literaturepoche der Romantik typische heftige Gefühlsbewegung und Verwirrung: Der junge Edelmann und Dichter Florio vermag nicht zwischen der Realität und seinen sehnsuchtsvollen Träumen zu unterscheiden. Die Wirklichkeit repräsentieren der Sänger Fortunato und die keusche Bianka; Florios Traumwelt wird von dem marmornen Bild der Göttin Venus beherrscht. Die Handlung ist vor den Toren der toskanischen Stadt Lucca angesiedelt.
Florio lernt kurz vor seiner Ankunft in Lucca den berühmten Sänger Fortunato kennen und besucht mit ihm ein Fest. Zwei der Gäste erregen dabei Florios Interesse. Seine Tischnachbarin (im Buch: "das Mädchen mit dem Blumenkranze"), der er sich zaghaft nähert, und der bleiche, wüste Ritter Donati mit dem irren Blick.
In der Nacht kann er nicht schlafen und entdeckt auf seiner Wanderung an einem Weiher eine marmorne Venusstatue, deren Anblick ihn aufwühlt. Als er die Statue am nächsten Tag erneut aufsuchen will, kann er sie zwar nicht wiederfinden, sieht aber eine schöne Frau, die der Statue auf unheimliche Art und Weise gleicht. Von Leidenschaft zu ihr hingerissen, bemüht er sich um ihre Bekanntschaft. Da der rätselhafte Ritte Donati die Dame kennt, verspricht Donati Florio seine Hilfe um die Bekanntschaft zu der Frau aufzubauen.
Auf einem Maskenball in einem Landhaus trifft Florio wiederum eine mysteriöse Dame, als Griechin verkleidet und maskiert. Auch von dieser fremden Schönheit fühlt er sich angezogen. Die 'Griechin' verwirrt Florio sehr, da er sie auf einmal neben sich aber auch zugleich am anderen Endes des Saales stehen sieht. Als sie verschwindet, sucht er sie und findet sie im Garten. Im Garten kann er sie beim Singen eines Liedes belauschen. Er erkennt in ihr die schöne Dame, die der Statue gleicht.
Florio, der von Sehnsucht übermannt wird, wird einige Tage später in das Schloss der schönen Dame geführt. Während der Begegnung mit ihr ertönt vor dem Fenster ein altes christliches Lied. Beim Erklang dieses Liedes werden plötzlich die Statuen und die Figuren auf den Wandteppichen lebendig. Florio ist entsetzt und stürzt hinaus ins Freie. Als er in Lucca ankommt, graut bereits der Morgen; er beschließt abzureisen.
Auch Fortunato verlässt die Stadt. Florio schließt sich daraufhin ihm und seinen zwei Begleitern an. Die Begleiter entpuppen sich als "das Mädchen mit dem Blumenkranze", Bianca, und ihr Onkel. Fortunato berichtet in einem Lied vom Zauber der heidnischen Venus, die einmal im Jahr wieder unter den Menschen weilt und in ihrem Tempel Jünglinge verführt. Florio erkennt, als sie an einer Ruine vorbeiziehen, die Stelle wieder, wo der Garten der schönen Dame war. Er begreift, dass er das Opfer eines Spuks geworden war und wendet sich Bianca zu.
Charakteristik Fortunato
- ital. fortunato: "glücklich" (S. 55, Z. 3)
- "Sänger" (S. 5, Z. 25)
- keck und lustig (vgl.S.17, Z. 31)
- nüchterne und realistische Persönlichkeit, die Florio öfter auf den Boden der Tataschen zurückholt (vgl.S. 17)
- warnt Florio (vgl.S. 4, Z. 14) und rettet ihm im Schloss der Venus das Leben vgl.(S. 38, Z. 10-13) Art Vaterfigur
- starke Skepsis und Abneigung gegenüber Donati (vgl.S. 13, Z. 15-21)
Typisch für Märchen ebenso wie für Novellen ist die Beschränkung auf relativ wenige Charaktere, welche gegenseitig zueinander Kontraste aufbauen. Die Protagonisten entsprechen in ihrer Komplexität nicht der Lebenswirklichkeit, sondern werden als typisierte und somit auf eine bestimmte Symbolebene zugeschnittene Figur dargestellt. In Figurenkonstellationen von Märchen lässt sich leicht ein Dualismus von „Gut“ und „Böse“ erkennen.
Dieser Dualismus ist auch in dem Novellenmärchen „Das Marmorbild“ von Joseph von Eichendorff vorhanden. Hier symbolisiert der Sänger Fortunato, der quasi als christlich orientierte Über-Instanz, dem Helden Florio den Weg in sein Glück weist, die Seite des Guten.
Gleich zu Beginn kreuzt Fortunato den Weg des Helden Florio. Dieser ist sichtlich fasziniert von dessen „frischen, kecken Wesen“, und kann seine Augen kaum von dem Sänger lassen (Vgl. S.1, erster Abschnitt). Fortunato trägt eine „bunte Tracht“, eine „goldene Kette“ und ein „samtnes Barett mit Federn“ und verweist durch diese modischen Assessoires auf die Zeit des Mittelalters. Er hat dunkelbraune Locken „große, geistreiche Augen“ und ist von schlanker Statur (Vgl. S. 1, zweiter Abschnitt). Er übt auf Florio eine suggestive Wirkung aus. Dieser ist von ihm positiv eingenommen und bewundert ihn.
Im Gegensatz zum Helden des Märchens ist Fortunato ausgesprochen dynamisch und aktiv, so spricht er Florio an, geleitet ihn in die Stadt Lucca hinein und führt ihn nahezu väterlich in die in Lucca versammelte Festgesellschaft ein. Obwohl er allseits als der „berühmte Sänger Fortunato“ bekannt ist, so zeigt er es dem Helden Florio nicht sonderlich auffällig. Er präsentiert sich Florio vielmehr als bescheidener Begleiter. Allerdings wird dem Leser vermittelt, dass er von einer gehobenen Position aus die naive und defensive Haltung Florios spielerisch kommentiert ( Vgl. „so seid ihr sicherlich ein Poet“; „jeder lobt Gott auf seine Weise, und alle Stimmen zusammen machen den Frühling“).
Mit seinem Gesang vermag er die gesamte Festgesellschaft in seinen Bann zu ziehen. Doch nicht nur seine Sangeskunst, sondern auch die Kommunikation mit ihm ist sehr begehrt. So trifft er sich zu einem „fröhlichen Nachtmahl“ mit der höheren Schicht der Stadt Lucca und verhält sich „ausgelassen lustig“, „wechselt [wild] in Witz, Ernst und Scherz“ (Seite 2, letzter Abschnitt) und scheint „allen zu gehören“. Doch wirkt seine „ausgelassene“ Lustigkeit fast schon abweisend auf Florio, der „[ihn] gar nicht begreifen“ kann.
Fortunato bewahrt sich trotz der allgemeinen Aufmerksamkeit und auf Sinnesfreude ausgerichteten Heiterkeit eine gewisse Distanz. Dadurch bleibt es ihm erlaubt, während seines Gesangs die Rolle des moralisierenden Erziehers einzunehmen und die triebgesteuerten Liebespärchen auf die Vergänglichkeit des irdischen Seins, aber auch auf die Gewissheit einer nach dem Tode erfolgenden Transzendenz hin zu Gott hinzuweisen.
Anfangs noch freundlich und unterhaltsam, ändert Fortunato sein Verhalten als der „schwarze Ritter“ Donati erscheint. Er wird auf einmal wortkarg und beschimpft ihn gereizt als dunkle Nachtgestalt (Fledermaus, Mondscheinjäger). Hier erscheint Fortunato erstmals als Antagonist zu einer anderen Gestalt des Textes. Er bekundet Florio, der sich schon „ziemlich mit Donati […] angefreundet hat[..]“, sein Missfallen gegenüber dem Ritter. Im weiteren Verlauf des Textes wird Fortunatos Stellung als väterlicher und wegweisender Freund Florios immer deutlicher; so verurteilt er Florios nächtliche Eskapaden nicht direkt, sondern weist diesen auf den wunderschönen Morgen und auf die Leichtigkeit des Erlebens von Glück hin. Fortunato beobachtet Florio und lässt ihn seine Erfahrungen machen. Doch stets mit einem Ziel: er möchte Florio vor ein Abgleiten in Richtung Donatis bewahren.
Auch wenn er sich auf dem in der Geschichte erwähnten Ball unterschiedlich maskiert, so bleibt als Grundkonstante all seiner Rollen stets die Absicht, Florio zu lenken und ihn in seiner Entwicklung weiter zu einem Reifegrad zu führen, der dadurch bestimmt wird, dass die Triebe des ES beherrscht und kontrolliert werden. So verwundert es wenig, dass es letztlich Fortunato ist, der Florio am Ende aus der Venus- Klammer errettet und ihn in sein Glück leitet. Auch in seinem Namen steckt diese Glück verheißende Funktion, denn im Italienischen bedeutet „fortunato“ so viel wie glückbringend.
Charakteristik Florio
- "junger Edelmann" (S.3, Z.1f)
- möchte guter Sänger werden, ist im Moment jedoch mit seiner Leistung noch nicht zufrieden (vgl.S.3, Z. 24-31)
- Sehnsucht nach Ferne und damit verbundener Freiheit (vgl. S.4, Z. 2-9) Gefahr der Begegnung mit der Sünde (vgl. S.4, Z. 10-14)
- verfällt der Venus (vgl. S.20f)
- findet letztendlich die wahre Liebe in Bianka (vgl. S. 49 Z. 6-9)
Charakteristik Frau Venus
- altitalienische Göttin des Frühlings und der Gärten; Hellenisierung Gleichstellung mit Liebesgöttin Aphrodite (S. 55)
- "langes goldenes Haar" (S.20, Z. 28f)
- existiert nur in den Vorstellungen von Florio und ist ein Scheingebilde (Vgl.S.44ff) Sage (vgl. S. 46f)
- Verführung in Person (vgl.S. 38, Z. 1-6) Beziehung zu Florio basierend auf sexueller Begierde
- Florio ist nach erster Begegnung sofort von ihr verzaubert (S. 20f)
- Gegensatz zu Bianka
Frau Venus tritt als Verführerin und Archetyp auf, die die Liebe zur reinen Bianka zerstört. Ihr siegreiches Gegenbild ist die Madonna, im Lied Fortuantos besungen. Die gute Frau ist also in die mythische Madonna und die irdische Bianka aufgeteilt, während die bös-heidnische beide in der Venus vereint sind. Den Frauen Bianka-Madonna und Venus sind die Männer Fortunato und Donati zugeordnet
Charakteristik Donati
- "(...) hoher, schlanker Ritter in reichem Geschmeide (...)" (S. 11, Z. 10f)
- Verbündeter der Venus mit der Aufgabe Florio zu ihr zu bringen (vgl.S.23, Z. 4-8)
- verkörpert Bedrohung und Verführung des Bösen in Form der sinnlichen Begierde (vgl.S.12, Z. 33-35) (vgl.S. 22, Z. 5)
- verachtet das Christentum (vgl.S.24, Z. 21- 29)
- Verbündeter
- steht für das Gute, das Glück und die Poesie, die Florio begleitet
- Gegensatz zu Fortunato
Charakteristik Bianka
- ital. bianca: "die Reine, die Weiße, die Unschuldige" (S.62)
- "Pietros Nichte" (S.33, Z.10f)
- kindlich und scheu (vgl S. 7, Z. 2)
- symbolisiert die wahre, unschuldige Liebe (vgl. S.5, Z. 6-13) Gegensatz zur Venus
- erscheint Florio als "heiteres Engelsbild" (S. 49, Z.12) etwas Christliches
- Beziehung zu Florio kann als scheu und schüchtern beschrieben werden (vgl. S. 7, Z. 16), aus der sich wahre Liebe entwickelt (vgl. S. 49 Z. 6-9)
Vertiefende Verständnisfragen
Welche Eigentümlichkeiten des Venusbereichs werden zunächst genannt?
- Warnung vor dem wunderbaren Spielmann, der Jugend in einen Zauberberg hinein verlockt
- Motive:
- Frühling
- Ewig wechselnde Bilder
- Zauberei
- Bloßer Schein
- Besondere Form der Bewegung
- Kommt nicht von der Stelle
- ist ziellos
- Kreisform
- Motive:
Wie wertet der Autor Fortunatos Lied (S.8 ff)?
- Lied ist Antwort auf Florios Verliebtheit
- Darstellung der Venus-Welt
- Bild des Todes
- Ideal Fortunatos: Einheit von Lebensfeier und Gotteslob
- Darstellung sinnlich-mythischer Verführung und christlicher Erlösung
- Übergang von antiker zu christlicher Welt wird bestimmt von Wandel der Todesvorstellung.
- Donati als Verkörperung des Bacchus:
- Reine Sinnlichkeit, daher statt Lebensfreude unerlöstes Dasein
- „alte Zeit“ wird immer wieder von neuem gegenwärtig
Wie verändert sich Bianca in Florios Vorstellung im Traum nach dem Fest (S.14)?
- wird entindividualisiert
- tritt an die Stelle von träumerischen Vorstellungen
- wird zur todbringenden Verlockung
Welche Funktion hat in diesem Zusammenhang das Marmorbild (S.15ff.)?
- Mythische Verkörperung sinnlicher Verlockung
- Entwicklungslosigkeit: Motive zielloser Bewegung
- Motiv des Spiegels als Narzissmotiv
- Auflösung der Realität, Übergang ins Imaginäre
Was kennzeichnet das Reich der Venus (S. 19ff)
- menschenleer und leblos
- Springbunnen faszinierend aber einförmig
- Ununterscheibarkeit von Zeit und Raum
Welche Motive tauchen in der Begegnung mit der Venus wieder auf?
- alte Wünsche
- Najaden = Sirenen
- Klage über die Wiederholung des Immergleichen
Wieso führt gerade Fortunato Florio zu dem Fest im Landhaus Pietros?
- Zeigt eine Kunstauffassung, die das Sinnliche nicht ausschließt, sondern in sich enthält
- Mythisches und Wirkliches verschränken sich fast ununterscheidbar
- Musik verbindet Sehnsucht und wirkliches Leben
- Konfrontation Bianca und Venus
- Venus als Ziel von Florios Sehnsüchten
- Halt und Orientierunglosigkeit des Venusbereichs
- Erschöpft sich im Genuss des Gegenwärtigen
- Verlust der Transzendenz (vg. S.46)
Wieso erkennt Florio seine Verblendung?
- Fortunatos „altes frommes Lied“ verweist auf den Gegensatz zwischen reiner Gegenwart und ewigem Gottesbezug des Menschen
- Gesang verbindet Jugendträume und transzendenten Bezug
- Dadurch kehrt er in die wirkliche und gotterfüllte Welt zurück
Wie sieht die Freiheit Florios aus, die er jetzt gefunden hat?
- Fähigkeit, sich dem Lebesgenuss hinzugeben, aber ohne sich in ihm zu verlieren
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