’s Gretle a’ der Kunkel von Anna Schwäble

Wia wurd miar dea Winter
Mei’ Zeit au so lang,
Wia ischts miar um ’s Hearz oft
So schwer und so bang
 
Mi ka’ jô nix freua,
Was Andre vergnüagt, –
Weils ällweil da’ Sinn miar
Nôch Stuagert na ziagt.
 
Mei’ Rad will et schnurra,
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Dear Fad so oft bricht,
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Dui ganz Spinnerei ischt
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Äll Fahrt ganz verricht.
 
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Wia bleibt miar mei’ Rädle
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Oft stauh’ o’verhofft,
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Dean Fada, dean netz i
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Mit Thräna gar oft!
 
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Voar Loid, – jô voar Hoimwaih
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Mei’ Hearz mir oft bebt,
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Weil huier mei’ Frieder
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Miar d’ Kunkel et hebt!
 
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Scho’ morge’ds – dô lôßt ear
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Sei’ Vieh nemme naus,
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Wia hôt ear als knällt jô
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Dô abe am Haus.
 
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Und melk i em obe’ds,
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Versieh-n-i mein Stall,
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’s klopft nemme ans Fea’schter, –
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Oh! ’s fehlt überall!
 
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Jô freile dear Jäger,
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Dear schneckelet rum;
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I laß mi net blicka, –
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I be’ net so dumm!
 
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I ka’s neamer klaga,
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Und streits Älle weg;
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– Sott is ebber saga,
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I siags blauß mei’m Scheck.
 
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Mei’ Scheck ischt mei’m Frieder
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Sei’ Liableng jô gwea,
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Mei’ Scheck hôt mein Frieder
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Jâ au so gearn gseah’.
 
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’s ischt lang noh bis z’ Früahleng
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Wia lahm gôht au d’ Zeit! –
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I muaßs halt verwarta,
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Doch – nô kommt mei’ Freud.
 
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Jô, gwiß wurds nô besser,
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Vo’ Thräna koi’ Spur,
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Dô kommt jô mei’ Frieder
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In sei’ra’ Montur.
 
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Wia schö’ wurd mei’ Frieder
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In Oneform sei’,
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Ear ischt jô so sauber,
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Et z’ grauß und et z’ klei’!
 
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I glaubs, daß mei’ Frieder
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„Getreu miar verbleibt,“
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Und dronnt in deam Stuagert
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Sei’ Zeit guat vertreibt.
 
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Ear betet sein Seaga
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In sei’ra’ Kasearn,
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Und fluacht et wia Andre,
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Drum hôt ma’-n- au gearn!
 
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– Jetzt stôht gwiß mei’ Frieder
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Alloi’ uf der Wacht! –
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Und i gang zuar Ruah jetzt
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Und sag em „Guat Nacht!“
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (28.6 KB)

Details zum Gedicht „’s Gretle a’ der Kunkel“

Anzahl Strophen
16
Anzahl Verse
64
Anzahl Wörter
305
Entstehungsjahr
1897
Epoche
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „’s Gretle a’ der Kunkel“ wurde von der deutschen Dichterin Anna Schwäble verfasst, die von 1844 bis 1910 lebte. Ihre Werke fallen in die Epoche des Realismus.

Auf den ersten Blick handelt das Gedicht von einem Mädchen namens Gretle, dass durch seine Hingabe zur Arbeit am Spinnrad und die Entbehrung ihres Geliebten gequält wird. Schwäble schreibt in schwäbischem Dialekt, was dem Gedicht eine besondere lokale Färbung gibt.

Inhaltlich geht es vor allem um Gretles Sehnsucht nach ihrem Geliebten Frieder, der anscheinend in Stuttgart weilt. Das Lyrische Ich, Gretle, schildert ihre Einsamkeit und Traurigkeit während der Wintermonate. Ihr fällt die Zeit ohne ihren Frieder lang und schwer und ihr Herz ist oft voller Kummer. Ihre Freude an der Arbeit am Spinnrad ist verloren gegangen: Das Rad will nicht mehr schnurren, der Faden bricht immer wieder. Die Arbeit fühlt sich mühsam und sinnlos an.

Zum Ausdruck kommt auch Gretles Stolz und Trotz. So beschreibt sie, wie sie sich vor dem Interesse eines Jägers verbirgt und ihre Traurigkeit nur ihrem Spiegel (Scheck) zeigt. Trotz allem vermisst sie Frieder sehr und sehnt sich nach seiner Rückkehr.

In Bezug auf die Form und Sprache des Gedichts ist festzustellen, dass dieses in Reimen und im schwäbischen Dialekt gehalten ist. Die Verwendung des Dialekts verleiht dem Gedicht Authentizität und eine besondere Intimität. Die Stophen bestehen jeweils aus vier Zeilen, eine meist einfache und klare Sprache zum Ausdruck bringt und die Gefühle und Empfindungen des lyrischen Ichs gut widerspiegelt.

Zusammenfassend drückt das Gedicht die Einsamkeit und Sehnsucht des lyrischen Ichs, Gretle, nach ihrem abwesenden Geliebten, Frieder, aus. Es ist ein einfühlsames Porträt einer jungen Frau, die trotz der Härte des Alltags und der Sehnsucht nach ihrem Geliebten ihren Stolz und ihre Lebensfreude bewahrt. Das Gedicht hat damit auch eine Deutungsebene die das Ständewesen und die damit verbundene soziale Realität im 19. Jahrhundert durch die ländliche Bevölkerung nahe bringt.

Weitere Informationen

Das Gedicht „’s Gretle a’ der Kunkel“ stammt aus der Feder der Autorin bzw. Lyrikerin Anna Schwäble. Schwäble wurde im Jahr 1844 in Wildberg geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1897 entstanden. Erschienen ist der Text in Berlin. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten der Autorin lassen eine Zuordnung zu den Epochen Naturalismus oder Moderne zu. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das vorliegende Gedicht umfasst 305 Wörter. Es baut sich aus 16 Strophen auf und besteht aus 64 Versen. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „’s Gretle a’ der Kunkel“ keine weiteren Gedichte vor.

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