Mondscheingemählde von Christian Ludwig Neuffer
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Des Abends stille Feier, |
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Die Ruhe der Natur |
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Umwebt mit düstrem Schleier, |
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Die sanftgekühlte Flur. |
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Des Waldes Wipfel beben |
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Im letzten Sonnenstrahl, |
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Und dunkle Schatten schweben |
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Stets schwärzer in das Thal. |
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Der Schiffer strebt erschrocken |
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Auf leichtem Kahn daher; |
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Der Dörfer dumpfe Glocken |
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Verstummen schon umher. |
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Aus dichten Büschen schimmert |
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Des Landmanns fernes Licht; |
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Das weite Feld verflimmert, |
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Gleich einem Traumgesicht. |
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In Westen säumt den Aether |
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Romantischhelle Glut; |
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Stets feuriger und röther |
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Entwallt die Strahlenflut. |
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Jetzt steigt mit Königsmilde |
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Aus dem umglänzten Thor, |
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Gleich einem Flammenschilde, |
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Der volle Mond hervor. |
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Jetzt überschweift beflügelt |
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Das ganze Thal sein Blick. |
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Aus tausend Quellen spiegelt |
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Sein Antlitz sich zurück. |
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Wie eine Feuersäule |
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Ruht er dem Strom entlang. |
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Der Zauber seiner Pfeile |
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Dringt durch den Pappelngang. |
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Gesträuch und Glanz verschmelzen |
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Sich dort am Felskristall, |
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Und klar durchblinkt entwälzen |
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Die Wellen sich zum Fall. |
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Beperlte Tropfen stäuben |
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Vom lauten Mühlenrad. |
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Der Burg bejahrte Scheiben |
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Schmückt helles Inkarnat. |
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Ein Silberflor durchwebet |
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Den ernsten Eichenhain; |
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Auf seinem Haupte schwebet |
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Der holde Dämmerschein. |
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Des Flusses Weiden flimmern |
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Im lichten Nebelduft, |
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Und helle Funken schimmern |
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In der durchglühten Luft. |
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O Cidli! welche Fülle! |
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Wie ahndend und wie hehr! |
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Und welche Sabbathstille |
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Auf diesem Schönheitsmeer! |
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Wie sanft die Nachtluft fächelt! |
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Wie froh mein Herz sich schwellt! |
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Denn deinem Blick entlächelt |
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Noch schöner mir die Welt! |
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Von treuem Arm unschlungen, |
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Durchwandern wir jetzt stumm, |
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Und in uns selbst gedrungen |
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Dieß lichte Heiligthum; |
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Wie in Elysens Gängen, |
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Auf mildbeglänzten Höh’n |
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Bey heiligen Gesängen |
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Die frommen Manen gehn. |
Details zum Gedicht „Mondscheingemählde“
Christian Ludwig Neuffer
10
64
246
1796
Klassik
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Mondscheingemählde“ wurde von Christian Ludwig Neuffer verfasst, einem deutschen Dichter, der vom 26. Januar 1769 bis zum 29. Juli 1839 lebte. Dieses Gedicht wurde während der Romantik verfasst, einer künstlerischen und literarischen Strömung des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts.
Beim ersten Eindruck fällt die detaillierte Beschreibung der nächtlichen Natur auf, angefangen von dunklen Schatten bis hin zu hellen Mondstrahlen. Jede Strophe gibt ein lebhaftes Bild der Natur bei Nacht wieder, über das sanftgekühlte Flur bis hin zum Feld, das dem Licht des Vollmonds ausgesetzt ist.
In Bezug auf den Inhalt des Gedichts scheint das lyrische Ich einen Spaziergang in der Nacht zu machen, von dem es fasziniert ist. Es betrachtet verschiedene Aspekte der Natur – Wald, Fluss, Feld und Mond – und spürt dabei tiefe Gefühle der Ehrfurcht und Bewunderung. Dies könnte als Metapher für die Hingabe des lyrischen Ichs an die Natur und deren Schönheit interpretiert werden.
In Bezug auf Form und Sprache besteht das Gedicht hauptsächlich aus achtversigen Strophen, wobei die letzten beiden Strophen nur vier Verse enthalten. Das Gedicht verwendet eine anspruchsvolle Sprache, oft mit bildhaften und beschreibenden Worten, um die Szene genau wiederzugeben. Es wird auch eine emotionale Tiefe vermittelt, die die tiefe Verbundenheit und Bewunderung des lyrischen Ichs für die Natur widerspiegelt. Darüber hinaus wird die Schönheit der Nacht und der Natur durch die Verwendung positiver Adjektive hervorgehoben, wie „romantisch“, „königliche Milde“ und „heilige Gesänge“, was die Nachtlandschaft sowohl schön als auch majestätisch erscheinen lässt.
Zum Schluss wendet sich das lyrische Ich an eine Person namens Cidli und spricht von der Schönheit, die sie in der Welt sieht. Diese Strophe wendet sich von der Beschreibung der äußeren Welt ab und konzentriert sich auf die innere Welt des lyrischen Ichs, was auf die emotionalen Aspekte des Gedichts hindeutet. Dieser Wechsel könnte interpretiert werden als eine Reflexion darüber, wie persönliche Emotionen und Beziehungen unsere Wahrnehmung der Welt um uns herum prägen können.
Weitere Informationen
Christian Ludwig Neuffer ist der Autor des Gedichtes „Mondscheingemählde“. Im Jahr 1769 wurde Neuffer in Stuttgart geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1796 entstanden. Erschienen ist der Text in Neustrelitz. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Klassik zuordnen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das Gedicht besteht aus 64 Versen mit insgesamt 10 Strophen und umfasst dabei 246 Worte. Zum Autor des Gedichtes „Mondscheingemählde“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de keine weiteren Gedichte vor.
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