Nach der Weinlese von Margarete Beutler

1	Nun stehn die kleinen Pforten alle offen,
2	die talwärts zu den Rebenhängen führen!
3	Kein Wächter eilt, sie nächtens zu verschließen.
4	Der Wächter Amt ist aus. Sie schwelgen wohl
5	im jungen Wein bereits und reden trunken...
6	Die Reben aber, ihres Schmucks beraubt,
7	der Schwere und der Süße ihrer Trauben,
8	entsenden Blatt für Blatt zur Erde wieder
9	und kräuseln müde ihre dürren Ranken.
10	Wie Frauen, deren Haare alternd bleichen,
11	die niemand mehr sich Mühe gibt zu hüten,
12	weil keine Süßigkeit gefährdet ist
13	und keiner Frucht mehr Räuber schändend nahen,
14	so liegen sie an den verlassnen Straßen
15	im Moderkranz der fahlen Lauben da,
16	und selbst die kleinen Wasser wandern träger
17	dem großen Strom der breiten Tale zu.

Details zum Gedicht „Nach der Weinlese“

Gedicht-Analyse

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Nach der Weinlese“ der Autorin Margarete Beutler. Die Autorin Margarete Beutler wurde 1876 in Gollnow (Provinz Pommern) geboren. Zwischen den Jahren 1892 und 1949 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten der Autorin kann der Text den Epochen Naturalismus, Moderne, Expressionismus, Avantgarde / Dadaismus, Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit, Exilliteratur oder Nachkriegsliteratur zugeordnet werden. Die Schriftstellerin Beutler ist eine typische Vertreterin der genannten Epochen. Das vorliegende Gedicht umfasst 114 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 17 Versen. Die Gedichte „Nacht“, „Schatten“ und „Der Strom“ sind weitere Werke der Autorin Margarete Beutler. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „Nach der Weinlese“ weitere 16 Gedichte vor.

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