Die Gelegenheit von Johann Diederich Gries

Nach dem Ital. des Nic. Macchiavelli.

Wer bist du, deren Stirn des Himmels Siegel
Mit mehr als Erdenreiz und Anmuth ziert?
Du ruhest nie? Wozu am Fuß die Flügel?
„Gelegenheit werd’ ich genannt, verspürt
Von Wenigen; und dieses stete Wanken
Kommt von dem Rade, das mein Fuß berührt.
Mein Flug ist schnell, wie Schweben der Gedanken,
Und meiner Füße doppelt Flügelpaar
Verwirrt den Blick durch nimmer ruhend Schwanken.
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Nur auf der Stirne wächst mein Lockenhaar,
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Und dient mir, Brust und Antlitz zu verdecken,
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Daß Keiner meines Kommens nehme wahr.
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Kahl ist mein Hinterhaupt; daher mit Schrecken,
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Was mich entschlüpfen ließ, kein Mittel sieht,
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Mich je zu unterwerfen seinen Zwecken.“
 
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Wer ist denn jene, die dort mit dir zieht?
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„Das ist die Reu; sie läßt sich mit mir sehen,
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Und bleibt zurück, wenn schnell mein Fuß entflieht.
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Und du, der seine Zeit mit eitelm Spähen
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Verbringt und quälet ohne Frucht den Sinn,
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Du merkst es nicht und kannst es nicht verstehen,
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Daß längst ich deiner Hand entschlüpfet bin.“
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.6 KB)

Details zum Gedicht „Die Gelegenheit“

Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
22
Anzahl Wörter
161
Entstehungsjahr
1799
Epoche
Klassik,
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die Gelegenheit“ stammt von Johann Diederich Gries, der von 1775 bis 1842 lebte. Es lässt sich zeitlich in die Zeit des 18. und 19. Jahrhunderts einordnen.

Der erste Eindruck des Gedichts ist, dass es sich um einen Dialog zwischen dem lyrischen Ich, das die Gelegenheit repräsentiert, und einer anderen Person handelt. Die Gelegenheit wird als eine Figur beschrieben, die den Blicken der Menschen entgeht und sich schnell bewegt. Das lyrische Ich fragt die andere Person, wer sie ist und erklärt, dass niemand ihre Anwesenheit bemerkt. Es wird auch erwähnt, dass die Reue als Begleiterin der Gelegenheit vorgestellt wird.

Der Inhalt des Gedichts besteht darin, dass die Gelegenheit als etwas flüchtiges und schwer greifbares dargestellt wird. Sie kommt unerwartet und bleibt nicht lange an einem Ort. Die Gelegenheit hat Flügel und kann schnell davonschweben, was es schwierig macht, sie wahrzunehmen und zu nutzen. Das lyrische Ich möchte damit vermitteln, dass die Gelegenheit oft ungenutzt verstreicht, da die Menschen sie nicht erkennen oder nicht rechtzeitig handeln können. Es wird betont, dass die Gelegenheit nicht lange anhält und dass das lyrische Ich bereits „deiner Hand entschlüpft ist“, was bedeutet, dass sie bereits vorübergegangen ist und vom lyrischen Ich nicht ergriffen wurde. Der letzte Vers lässt darauf schließen, dass die andere Person, mit der das lyrische Ich spricht, diese Botschaft nicht versteht oder akzeptiert.

Das Gedicht besteht aus zwei Strophen. Die erste Strophe hat 15 Verse und die zweite Strophe hat 7 Verse. Der erste Vers der ersten Strophe stellt eine rhetorische Frage dar und stellt den Beginn des Dialogs dar. Die Sprache des Gedichts ist eher formal und verwendet Bilder und Metaphern, um die Eigenschaften der Gelegenheit zu beschreiben. Das Gedicht enthält Reime und Stilfiguren wie Alliteration („Stirn des Himmels Siegel“) und Anapher („Wer bist du“). Die Form des Gedichts ist reimgebunden und folgt einem festen Metrum. Dies gibt dem Gedicht eine rhythmische Struktur.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Die Gelegenheit“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Diederich Gries. Im Jahr 1775 wurde Gries in Hamburg geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1799. Erschienen ist der Text in Tübingen. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Klassik oder Romantik zuordnen. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 161 Wörter. Es baut sich aus 2 Strophen auf und besteht aus 22 Versen. Die Gedichte „Das Plätzchen im Walde“, „Der Arzt“ und „Der Bach“ sind weitere Werke des Autors Johann Diederich Gries. Zum Autor des Gedichtes „Die Gelegenheit“ haben wir auf abi-pur.de keine weiteren Gedichte veröffentlicht.

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