Goebbels, Joseph - Sportpalastrede (Redeanalyse)

Schlagwörter:
Paul Joseph Goebbels, Propaganda, Durchhalteparolen, Reichsminister für Volksaufklärung, Zweiter Weltkrieg, Schlacht von Stalingrad, Berliner Sportpalast, Nationalsozialismus, Adolf Hitler, Massenmobilisierung, Rhetorik, Emotionale Manipulation, Opferbereitschaft, Loyalität, Wendepunkt, Referat, Hausaufgabe, Goebbels, Joseph - Sportpalastrede (Redeanalyse)
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Referat

Paul Joseph Goebbels „Sportpalastrede“ (Redeanalyse)

Gliederung / Inhalt

Überblick

Die fast 2-stündige Rede kann hier nachgelesen bzw. im Original angehört werden.
https://archive.org/

Die Sportpalastrede, gehalten von Joseph Goebbels am 18. Februar 1943, gilt als eine der bekanntesten und gleichzeitig kontroversesten Reden in der Geschichte des Dritten Reiches. Goebbels, der damalige Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, hielt die Rede vor etwa 14.000 Zuschauern im Berliner Sportpalast, um die deutsche Bevölkerung auf den "totalen Krieg" einzustimmen und deren Durchhaltebereitschaft zu stärken. Die Rede erfolgte kurz nach der Niederlage der Wehrmacht in der Schlacht von Stalingrad, einem entscheidenden Wendepunkt im Zweiten Weltkrieg. In seiner rhetorisch geschickten und emotional aufgeladenen Ansprache thematisierte Goebbels die Notwendigkeit von Opferbereitschaft, Solidarität und unbedingter Loyalität gegenüber dem nationalsozialistischen Regime. Während die Sportpalastrede in mancher Hinsicht als beispielhaft für Goebbels' propagandistisches Können angesehen werden kann, bleibt sie dennoch ein düsteres Symbol für die Mobilisierung von Massen im Dienste eines grausamen und unmenschlichen Regimes.

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Redeanalyse

Die „Sportpalastrede“ wurde am 18.02.1943 von Paul Joseph Goebbels anlässlich der vorhersehbaren Niederlage der Deutschen während des Zweiten Weltkrieges im Sportpalast in Berlin gehalten und thematisiert die Forderung nach dem „totalen Krieg“. Mit der Intention, die Euphorisierung der Anwesenden im Sportpalast als Brücke zum deutschen Volk zu nutzen, um dadurch das Vertrauen des Volkes in den Führer wiederherzustellen, dieses zum „totalen Krieg“ zu mobilisieren und zugleich die Alliierten einzuschüchtern, richtete Goebbels seine Rede zum einen an die über 14.000 Anwesenden im Sportpalast, welche sich aus treuen NSDAP-Mitgliedern zusammensetzen, sowie an die gesamte Welt. Ferner wurde die Rede zeitgleich über alle deutschen Rundfunksender ausgestrahlt.

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Paul Joseph Goebbels wurde am 29.10.1897 geboren und galt als einer der einflussreichsten Politiker während der Zeit des Nationalsozialismus. Weiterhin war er einer der engsten Vertrauten Adolf Hitlers und hatte ab 1930 als Reichspropagandaleiter einen wesentlichen Einfluss auf den Aufstieg der NSDAP. Allerdings zeichnete sich zur Zeit der Rede die deutsche Niederlage im Zweiten Weltkrieg sowie der Zusammenbruch des nationalsozialistischen Regimes deutlich ab. Die Alliierten kontrollierten militärisch den Atlantik und in Stalingrad hatten bereits 200.000 deutsche Soldaten ihr Leben gelassen sowie 100.000 weitere kapituliert. Die Bekanntgabe der Kapitulation der 6. Armee in Stalingrad stellte einen Einschnitt für das deutsche Volk dar. Die Wehrmacht sowie der Wille des deutschen Volkes, den Krieg weiterzuführen, war am Tiefpunkt, weshalb Goebbels in seiner Rede versuchte, den Kriegsverlauf durch die Forderung nach dem „totalen Krieg“ zu wenden.

Das Kernstück Goebbels Rede setzt sich aus zehn Fragen zusammen, welche von dem deutschen Volk beantwortet werden sollen. Die ersten fünf Fragen werden jeweils mit einer Behauptung der Engländer eingeleitet. Zunächst geht Goebbels auf die Adressaten der Rede ein, welche sich nicht nur aus dem deutschen Volk zusammensetze, sondern aus der gesamten Welt (vgl. Z. 1-7). Des Weiteren thematisiert Goebbels den Zusammenhalt des deutschen Volkes und stellt die Frage, ob das deutsche Volk dem Führer folgen und solange kämpfen würde, bis der Krieg gewonnen sei. Hierbei beschreibt Goebbels zunächst die enge Verbundenheit des deutschen Volkes zum Führer und stellt danach die Forderung nach schwerster körperlicher Belastung (vgl. Z. 7-23). Im nächsten Abschnitt der Rede geht Goebbels auf die Unterstellung der Engländer, dass das deutsche Volk nicht hinter seinem Führer stehe und anstelle eines Krieges die Kapitulation fordere, ein (vgl. Z. 24-48). Zudem stellt Goebbels die Frage nach der vollkommenen Unterstützung des Deutschen Reiches sowie der Front und spricht die klare Vernichtung jener an, welche sich gegen den totalen Krieg aussprechen (vgl. Z. 49-72). Im letzten Abschnitt der Rede stellt Goebbels erneut die Wichtigkeit des deutschen Volkes in den Vordergrund. Zudem geht er auf die Leistungen, welche erbracht werden müssen, um den Führer nicht zu enttäuschen ein und beendet seine Rede mit dem Appell, in den totalen Krieg zu starten (vgl. Z. 73-102).

Goebbels nutzt seine Rede, um zu propagieren und dem deutschen Volk die Notwendigkeit des „totalen Krieges“ zu suggerieren, welches ihm durch zahlreiche sprachliche Mittel gelingt. Zu Beginn seiner Rede spricht Goebbels seine Zuhörerschaft mit den Worten „Ihr also, mein Zuhörer, repräsentiert in diesem Augenblick die Nation“ (Z. 1 f.) direkt an, wodurch ein Zugehörigkeitsgefühl beim Adressaten geweckt wird. Die Schaffung einer Vertrauensebene erreicht Goebbels allerdings nicht lediglich durch eine direkte Ansprache, sondern zugleich auch durch die Verwendung des Personalpronomen „wir“, wodurch beim Adressaten ein „Wir-Gefühl“ erzeugt wird (vgl. Z. 90, 96, 97).

Goebbels verwendet binnen seiner gesamten Rede rhetorische Fragen, welche jeweils durch die Anapher „Ich frage euch …“ (vgl. Z. 9, 17 f., 27 f., 36 f., 42, 49, 54, 58, 66, 73) eingeleitet werden. Die ersten drei rhetorischen Fragen beginnen mit den Worten „Seit ihr entschlossen …“ (vgl. Z. 12 ff.,18 ff., 28 ff.). Durch die bewusste Verwendung des Adjektivs „entschlossen“ erscheint die Bejahung der Frage wie ein Entschluss aus freiem Wille und aus eigener Überzeugung, wodurch die Aussage der Alliierten, dass das deutsche Volk nicht hinter seinem Führer stehen würde, widerlegt wird. Anhand dessen wird die Propagandaabsicht Goebbels deutlich. Er will den Alliierten und der gesamten Welt die Stärke des Deutschen Reiches zeigen. Des Weiteren sind die ersten fünf Fragen parallel aufgebaut und beginnen mit der Anapher „Die Engländer behaupten, das deutsche Volk …“ (vgl. Z. 8, 16, 24, 33, 40). Durch die Verwendung des Wortes „behaupten“ versucht Goebbels die Alliierten zu diffamieren und diese als Lügner, welche lediglich Behauptungen in den Raum werfen, darzustellen. Im Zuge dessen versucht er, seine eigene Position aufzuwerten, welches ihm zugleich auch durch die Verwendung der Fahnenwörter „Nation“ (Z. 2), „Sieg“ (Z. 11) und „Heimat“ (Z. 19) sowie durch Stigmawörter wie beispielsweise „Kapitulation“ (Z. 36) gelingt.

Goebbels erste rhetorische Frage beginnt mit den Worten „Glaubt ihr …“ (vgl. Z. 10). Das Verb „glauben“ lässt diese Frage wie ein Bekenntnis gegenüber Hitler und somit dem Deutschen Reich wirken. Allerdings ist dies nicht der einzige religiöse Bezug, welchen Goebbels verwendet, um die Zuhörerschaft auf seine Seite zu ziehen. Mit dem Satz „Seid ihr entschlossen…dem Führer zu folgen“ (vgl. Z. 12 ff.) wird Hitler als „Retter in der Not“ dargestellt und bekommt dadurch göttliche Attribute zugeschrieben. Zudem weißen die zehn Fragen Goebbels eine Parallele zu den zehn Geboten auf, welche ebenfalls mit einer Anapher eingeleitet werden. Die zehn Gebote stellen Richtlinien für aus der Unterdrückung kommende Menschen, welche nun ein freies Leben führen wollen, dar. Mit der möglichen Anspielung auf Mose verdeutlicht Goebbels, dass lediglich der „totale Krieg“ den Frieden bewirken und das Deutsche Reich retten könne und all jene, welche sich gegen diesen wenden, keinen Frieden finden werden. Die Drohung an all jene, welche sich gegen den Krieg wenden, spricht Goebbels mit der Frage „Seid ihr damit einverstanden, dass, wer sich am Krieg vergeht, den Kopf verliert?“ (Z. 71 f.) direkt an. Anhand dessen wird die Manipulation dieser Rede deutlich, da sich kein Zuhörer im Sportpalast getraut hätte, Einwände gegen den Krieg oder gar das NS-Regime einzuwerfen.

Ferner verwendet Goebbels viele Adjektive wie beispielsweise „wild“ (vgl. Z. 20); „unbeirrt“ (vgl. Z. 21), „total“ (vgl. Z. 38) und „radikal“ (vgl. Z. 38), welche die Stimmung für den „totalen Krieg“ anheizen soll. Durch den Pleonasmus „kämpfende Wehrmacht“ (Z. 19 f.) wird eine direkte Anspielung auf den „totalen Krieg“ gemacht und es wird zugleich verdeutlicht, dass es eines Krieges bedarf, um das deutsche Reich zu retten. Mit den rhetorischen Fragen „Wollt ihr den totalen Krieg?“ (Z. 37) sowie „Wollt ihr ihn, wenn nötig, totaler und radikaler, als wir ihn uns heute überhaupt erst vorstellen können?“ (Z. 37 ff.), welche vom Publikum mit euphorischer Stimmung bejaht wurde, wird die Stimmung auf den „totalen Krieg“ erneut angeheizt. Allerdings verwendet Goebbels auch Metaphern, um seine Intention zu verdeutlichen. Mit der Metapher „Seid ihr entschlossen, mit dem Führer in der Erkämpfen des Sieges durch dick und dünn…“ (vgl. Z. 12 ff.), welche zugleich auch eine Alliteration darstellt, soll verdeutliche werden, dass das deutsche Volk dem Führer sowohl in guten als auch in schlechten Zeiten zur Seite stehen und solidarisch für ihn handeln soll. Hierbei stellt Goebnels das deutsche Volk als treuen Freund dar, welches die Verpflichtung hat, Hitler beziehungsweise das gesamte Deutsche reich niemals im Stich zu lassen. Diese gezielte Emotionalisierung nutzt Goebbels, um anschließend die Forderung nach „schwerster persönlicher Belastung“ (vgl. Z. 14 ff.) anzuführen. Überdies versucht Goebbels den Volkswillen mit der Metapher „…um dem Bolschewismus den tödlichen Schlag zu versetzen?“ (vgl. Z. 52 ff.) zu stärken und verdeutlicht zugleich, dass der Bolschewismus lediglich durch den „totalen Krieg“ abgewendet werden könne.

Durch die Anapher „gleiche Rechte und gleiche Pflichten“ sowie durch die Antithese „Hoch und Niedrig und Arm und Reich“ (Z. 79) wird die Gleichheit binnen der deutschen Gesellschaft verdeutlicht, wodurch der Volkswillen gestärkt wird. Weiterhin wird durch die Anapher „Wir sehen ihn greifbar nahe vor uns liegen; wir müssen nur zufassen. Wir müssen nur die Entschlusskraft aufbringen, alles andere seinem Dienst unterzuordnen“ (Z. 97 ff.) der Krieg über alles andere gestellt und diese Handlung mit dem Sieg legitimiert. Durch einen Blick in die Zukunft weckt Goebbels bei seinen Zuhörern Hoffnung und der Wille nach dem „totalen Krieg“ und der einhergehenden Freiheit wird bestärkt.

Mit dem Appell „Nun, Volk, steh auf, und Sturm, brich los!“ (Z. 102) wird eine Antwort auf die zuvor gestellte rhetorische Frage „Wollt ihr den totalen Krieg“ (Z. 37) gegeben. Unter Berücksichtigung der zuvor gestellten Fragen wirkt dieser Ausruf nicht wie ein Befehl, sondern vielmehr wie die Antwort auf alle Fragen, wie die Antwort auf alle Probleme.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Goebbels Rede ein Paradebeispiel für die Manipulationsfähigkeit einer Rede darstellt. Durch die Verwendung zahlreicher sprachlicher Mittel, wie beispielsweise der Verwendung von rhetorischer Fragen oder des Personalpronomen „wir“, gelingt es ihm, seine Zuhörer für sich zu gewinnen und es zu schaffen, dass diese ihm blind Folge leisten. Goebbels selbst schrieb in seinem Tagebuch: „Wenn ich den Leuten gesagt hätte, springt aus dem dritten Stock des Columbushauses, sie hätten es auch getan.“, wodurch das Ausmaß seiner Rede verdeutlicht wird. Goebbels bediente sich an der Emotionalisierung des Volkes und schaffte es somit den „totalen Krieg“ als etwas Positives, etwas, was unbedingt erreicht werden müsse, darzustellen. Diese Affinität für den Krieg, welche Goebbels auslöste, erschreckt zum einen, aber zeigt zugleich auch die Macht der Sprache. Allerdings wirkt die Sportpalastrede stark inszeniert, da nur Anhänger des NS-Regimes im Publikum anwesend waren und sich keiner getraut hätte, gegen Goebbels Worte Einspruch zu erheben, zumal er jene, welche sich gegen die Machenschaften des Regimes aussprechen, in seiner Rede bedrohte (vgl. Z. 71 f.). Durch diesen scheinbaren Zusammenhalt des deutschen Volkes gelang es Goebbels, die Stärke Deutschlands nach außen zu tragen und den Alliierten sowie der gesamten Welt, diese näherzubringen. Auch wenn Goebbels auf fragwürdige Methoden der Manipulation zurückgegriffen hat, kann gesagt werden, dass seine Rede überzeugt. Er schafft es, die Deutschen für den „totalen Krieg“ zu mobilisieren, er schafft es, diesen zu legitimieren und er schafft es, das Vertrauen des Volkes in den Führer wiederherzustellen.

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