Europäische Identität – Eine unmögliche Möglichkeit?
Identität bedeutet im eigentlichen Sinne eine vollkommene Gleichheit zwischen zwei Dingen, eine Wesensgleichheit. Europäische Identität wäre nach diesem Wortsinn eine Wesensgleichheit zwischen allen Einwohnern Europas.
Realistisch betrachtet ist dies keineswegs durchführbar, schon allein wegen der persönlichen Individualität eines jeden und weil Identität auf verschiedenen Ebenen erfahren wird: wir haben zum einen die Geburt, sie begründet die Bindung an eine Familie oder auch an einen konkreten geographischen Ort, zudem haben wir die Kultur, sie prägt durch ihre geistigen und emotionalen Erfahrungen und letztlich noch die Akzeptanz, welche gemeinsame Werte schafft.
Allerdings besteht dennoch die Chance für ein Europa, mit welchem sich dessen Einwohner identifizieren können. Wenn Europa als eine Gemeinschaft verschiedener, aber dennoch gemeinsam handelnder Völker überleben will, müssen sich ihre Einwohner zwangsläufig mit bestimmten Werten identifizieren, sprich, ein Minimalkonsens bilden.
Hierbei müssen vor allem die beiden letzten Identitätsebenen betrachtet werden: Welche kulturellen Aspekte sind den Europäern gemeinsam und welche ethischen sowie politischen Werte verbinden sie? Die Europaunion hat sich dieser Aufgabe angenommen und eine Charta der europäischen Identität vorgelegt, welche alle wichtigen Ziele und Qualitäten für eine Europäische Union, mit der sich jeder europäische Bürger identifizieren kann und auf die er auch stolz sein könnte, umfasst. Die Bürgerrechte und die parlamentarische Demokratie, die zu den Wesenselementen der Mitgliedsländer der EU gehören, bilden zweifellos die Grundlage der europäischen Identität. Darüber hinaus ist auch eine historisch gewachsene Ähnlichkeit in Europa vorhanden, welche sich vor allem in der Entstehung von Städten, in der Wirtschaftsform oder Familienform widerspiegelt. Eine gewisse europäische Identität liegt also vor, sie muss lediglich gestärkt werden, um ihr volles Potenzial auszuschöpfen. Diese Stärkung kann bereits im Bildungswesen initiiert werden, indem schon in der Schule die historisch-politische Bildung nicht nur aus nationalem, sondern auch transnationaler Blickwinkel vermittelt wird.
Eine gemeinsame Identität gewinnt nämlich an ansteigender Bedeutung in unserer heutigen globalisierten Wirtschaft. Sie würde das Zusammengehörigkeits- und Solidaritätsgefühl in Europa intensivieren und zum Überstehen der wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen der Globalisierung beitragen.
Die enormen Schwierigkeiten, auf die Europa bei seiner Identitätsfindung stößt, sind die kulturellen und religiösen Diskrepanzen, welche vorherrschen. Daher muss die nationale Vielfalt eine akzeptierte Grundlage Europas bilden, damit die Länder trotzdem ihre gemeinsame Zukunft entdecken können.
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