Goethe, Johann Wolfgang von - Auf dem See (Gedichtinterpretation)

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Johann Wolfgang von Goethe, Analyse, Gedichtinterpretation, Gedichtanalyse, Referat, Hausaufgabe, Goethe, Johann Wolfgang von - Auf dem See (Gedichtinterpretation)
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Referat

„Auf dem See“ von Johann Wolfgang von Goethe (Gedichtinterpretation)

Auf dem See
von Johann Wolfgang von Goethe

Und frische Nahrung, neues Blut
Saug’ ich aus freyer Welt;
Wie ist Natur so hold und gut,
Die mich am Busen hält!
Die Welle wieget unsern Kahn
Im Rudertakt hinauf,
Und Berge, wolkig himmelan,
Begegnen unserm Lauf.
 
Aug’, mein Aug’, was sinkst du nieder?
10 
Goldne Träume kommt ihr wieder?
11 
Weg, du Traum! so Gold du bist;
12 
Hier auch Lieb’ und Leben ist.
 
13 
Auf der Welle blinken
14 
Tausend schwebende Sterne,
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Weiche Nebel trinken
16 
Rings die thürmende Ferne;
17 
Morgenwind umflügelt
18 
Die beschattete Bucht,
19 
Und im See bespiegelt
20 
Sich die reifende Frucht.

(„Auf dem See“ von Johann Wolfgang von Goethe ist auch in unserer Gedichtedatenbank zu finden. Dort findest Du auch weitere Gedichte des Autoren. Für die Analyse des Gedichtes bieten wir ein Arbeitsblatt als PDF (24.3 KB) zur Unterstützung an.)

Das Gedicht „Auf dem See“, welches 1775 von Johann Wolfgang von Goethe verfasst wurde, ist ein Werk aus der Epoche des Sturm und Drangs und thematisiert die Kraftschöpfung des lyrischen Ichs aus der Natur.

Das Gedicht ist in drei Strophen mit jeweils acht und vier Versen (Strophe 2) gegliedert und weist in Strophe eins und drei einen Kreuzreim, sowie in Strophe zwei einen Paarreim auf. In Strophe eins liegt eine durchweg stumpfe Kadenz, im Zusammenspiel mit einem, abwechselnd 3- und 4- hebigen, jambischen Metrum vor. Die zweite Strophe grenzt sich formal von der ersten ab, indem Goethe im ersten Verspaar eine klingende und im zweiten Verspaar eine stumpfe Kadenz benutzt. Darüber setzt sich ein 4-hebiger Trochäus. Die dritte und letzte Strophe ist in ihrer Form sehr kompliziert und wird im Hauptteil näher erläutert. Allgemein kann man jedoch sagen, dass sowohl das Metrum, als auch die Kadenz und Hebigkeit weniger regelmäßig sind als in den Strophen davor. Unter Betrachtung der sprachlichen Mittel sind nur wenige Auffälligkeiten zu finden. In Strophe eins gibt es vermehrt Metaphern. In der zweiten Strophe gibt es aufeinanderfolgende rhetorische Fragen. Und ein Beispiel einer Auffälligkeit in Strophe 3 wäre der unreine Reim zwischen Vers fünf und sieben oder das vermehrte Benutzen von Symbolen.

In der ersten Strophe erzählt das lyrische Ich von einer Bootsfahrt auf dem See und beschreibt die Umgebung und die Natur. Besonders hervorgehoben, durch verschiedene sprachliche Mittel, wird die kontinuierlichen Wellenbewegungen des Bootes auf dem Wasser, sowie die Schönheit und mütterliche Funktion der Natur. In der zweiten Strophe fällt die Stimmung jedoch deutlich herab, wobei das lyrische Ich von Träumen erzählt, welche die Zerrissenheit zwischen Traumwelt und Realität widerspiegelt. Durch die inhaltliche Zäsur werden Traumwelt und Realität voneinander getrennt.

In der dritten Strophe beschreibt das lyrische Ich eine neblige Landschaft auf dem Wasser bei Nacht und eine reife Frucht, welche im Wasser reflektiert wird. Der Inhalt sowie die sprachliche und formale Gestaltung des Textes lässt darauf deuten, dass die Kernaussage des Gedichtes die Wiedergeburt und Kraftschöpfung, sowie die seelische Entwicklung des lyrischen Ichs durch die Natur darstellt. Zudem spielt die innige und harmonische Beziehung zwischen lyrischem Ich und der Natur eine signifikante Rolle.

Die epochale Einordnung ist relativ eindeutig, da sowohl die Zeit, als auch das Leitmotiv und die Kernaussage des Gedichtes zu der Epoche des Sturm und Drangs passt. Die Epoche begann circa 1765 und endete rund 20 Jahre später. Da Goethe dieses Gedicht 1775, nach einer Bootsfahrt, während seines Aufenthalts in der Schweiz verfasste, stimmt die zeitliche Einordnung überein. Ein weiteres Indiz für diese Zuordnung wäre das Naturmotiv des Gedichtes, welches auch typisch für diese Epoche war.

Wie schon in der Einleitung erwähnt, befindet sich das lyrische Ich, in Strophe eins, in einem Boot auf einem See und beschreibt seine Umgebung. Besonders betont wird dabei der Aspekt der Energieschöpfung aus der Natur. Dies wird unterstrichen durch verschiedene Metaphern, wie zum Beispiel „Und frische Nahrung, neues Blut saug ich aus freier Welt“ (vgl. Z. 1). Die Entziehung von frischer Nahrung und neuem Blut, aus der freien Welt, also der unberührten Natur, spiegelt hier das naturlyrische Motiv wider. Im gleichen Vers ist auch eine Inversion zu finden, welche durch die Umstellung des Satzes die Aufmerksamkeit des Lesers auf die Kraftneuschöpfung lenken soll. Eine Doppelbedeutung des Verbes „saugen“ (Vgl. Z. 2) ist auch in diesem Vers zu finden. „Saugen“ wird oft verbunden mit einem starken Verlangen, was darauf deuten lässt, dass das lyrische Ich sich seit langer Zeit nach der Energie der Natur sehnt. Die zweite Bedeutung wäre die Verbindung des Wortes mit dem saugen eines Kindes an der Brust seiner Mutter. Dies ist ein Thema, bzw. Motiv, welches sich auch im weiteren Verlauf des Gedichtes öfter antreffen lässt. Die Natur wird als Mutterfigur (Mutter Natur) dargestellt. Ein weiterer Beleg dafür ist in Vers 4 zu finden, in dem es heißt „Die mich am Busen hält!“. Am Busen halten ist ein weiteres Symbol für die Mutterfigur der Natur und symbolisiert außerdem Sicherheit und Fürsorge. Anschließend thematisiert er das Wasser, denn dieses ist in der Natur ebenfalls von großer Bedeutung. Im Allgemeinen ist Wasser ein Symbol für das Leben. Mit der Alliteration „Die Welle wiegt…“(vgl. Z. 5), möchte er hier wahrscheinlich, durch das „Symbol“ der Welle, zum Ausdruck bringen, dass es im Leben auf und ab geht. Im zweiten Teil des Verses spricht er von „unserem Kahn“, dies verdeutlicht, dass hierbei mehrere Personen angesprochen werden. Da es hierbei darum geht, dass man sich mit einem Kahn bzw. Boot von etwas fortbewegt, könnte man auch sagen, dass indem Fall mehrere Leute versuchen den schwierigen Situationen des Alltags zu entfliehen. Des Weiteren ist die Rede von einem Rudertakt (vgl. Z. 6). Ein Takt ist meistens etwas gleichmäßiges und bestimmtes und vermittelt somit ein wohliges, beruhigendes Gefühl. Die Menschen nutzen dieses beruhigende Gefühl der Natur, um ihren Problemen und dem stressigen Alltag zu entfliehen. In den letzten beiden Versen werden nun die Berge thematisiert. In dem Fall könnten die Berge auch für die Probleme stehen, die es zu überwinden gilt. Da Berge meistens sehr hoch sind, ist es eher schwer diese mit Leichtigkeit zu überwinden, das ist ein Hinweis auf die schwierigen Zeiten im Leben und die damit verbunden Probleme. Für den Mensch ein weiterer Grund in die schöne, beruhigende Natur zu entfliehen.

Die zweite Strophe stellt ein Umbruch dar, da hier die Stimmung eher negativ wird. Das sticht vor allem durch die negativ konnotierten Wörter wie „sinkst“ oder „nieder“ deutlich heraus. In Vers 3 wird stark die Zerrissenheit zwischen der Traumwelt und der Realität verdeutlicht, denn im ersten Teil sagt er „weg, du Traum!“. Dies verdeutlicht, dass er nicht mehr träumen möchte, da es anscheinend negative Erinnerungen sind. Jedoch ist anschließend die Rede von „so Gold du bist“, was durch das Wort „Gold“ eher stark positiv konnotiert ist. Insgesamt ist die zweite Strophe also sehr widersprüchlich. Zudem findet man eine Wortwiederholung von „Aug, mein Aug“, was darauf hindeutet, dass das lyrische Ich von etwas verwundert ist. Stilistisch betrachtet sind die ersten zwei Verse rhetorische Fragen, die sich das lyrische Ich selbst stellt. Es ist also unsicher und hinterfragt sich selber. Diese Unsicherheit bleibt bestehen, da auch danach wie schon erläutert die Zerrissenheit zentrales Thema ist. Jedoch versucht sich das lyrische Ich Klarheit zu verschaffen, in dem es sich Befehl gibt (vgl. Z. 11) und sich somit motiviert.

In der letzten Strophe beschriebt das lyrische Ich erneut die Natur, wodurch auch die Stimmung wieder gehoben wird. In den ersten 4 Versen beschreibt er die Nacht und nutzt eine Metapher (Z.13-14). In der Metapher geht er erneut auf das Wasser („Welle“ vgl. Z. 13) ein. Hier wird erneut symbolisiert, dass man im Leben zwischen verschiedenen Emotionen schwankt und sich manchmal sehr unsicher ist. Diese Unsicherheit wurde in Strophe 2 wie eben erläutert verdeutlicht. Es folgt eine Personifikation des Nebels „Weiche Nebel trinken“. Hierbei wird erneut die Nähe zur Natur hervorgehoben, indem man der Natur menschliche Eigenschaften verleiht. In den letzten 4 Versen wechselt das Thema von Nacht, auf den Morgen. Auffällig ist auch hier die erneute Verbindung zum Wasser, z. B. „beschattete Bucht“ (vgl. Z. 18) oder „im See gespiegelt“ (vgl. Z. 19). Der letzte Vers steht in Verbindung zum 7. Vers der Strophe „Und im See gespiegelt sich die reifende Frucht“ (vgl. Z. 19-20). Hiermit ist wahrscheinlich der Sonnenaufgang, eines der schönsten Naturerlebnisse für den Menschen, gemeint. Die reifende Frucht stellt die immer größer werdende Sonne dar. Der letzte Vers eines Gedichtes hat meistens eine besondere Bedeutung, hier wird noch einmal die Verbindung des Menschen zur Natur verdeutlicht. In dem Fall ist die Frucht das Symbol für die Natur und der See (Wasser) das Symbol für die Emotionen und das Leben. Im Zusammenspiel dieser beiden Faktoren kann man sagen, dass die Natur Einfluss auf die Gefühle und Emotionen der Menschen hat.

Abschließend lässt sich sagen, dass Goethe hier vor allem die Verbindung zur Natur hervorheben möchte, was auch typisch für diese Epoche war. Zum anderen wird im Gedicht die Kraft der Natur beschrieben und besonders hervorgehoben, dass vor allem die Natur den Menschen positiv beeinflusst und oftmals den Menschen hilft ihren Problemen und den negativen Emotionen zu entfliehen.

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