Brentano, Clemens - In der Fremde (Gedichtinterpretation)

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Clemens Brentano, Analyse, Interpretation, Referat, Hausaufgabe, Brentano, Clemens - In der Fremde (Gedichtinterpretation)
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Referat

Clemens Brentano: In der Fremde (Gedichtanalyse)

In der Fremde
von Clemens Brentano

Weit bin ich einhergezogen
über Berg und über Tal,
und der treue Himmelsbogen
er umgibt mich überall.
 
Unter Eichen, unter Buchen
an dem wilden Wasserfall
muß ich nun die Herberg suchen
bei der lieb Frau Nachtigall.
 
Die im brünst'gen Abendliede
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ihre Gäste wohl bedenkt,
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bis sich Schlaf und Traum und Friede
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auf die müde Seele senkt.
 
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Und ich hör' dieselben Klagen
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und ich hör' dieselbe Lust
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und ich fühl' das Herz mir schlagen
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hier wie dort in meiner Brust.
 
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Aus dem Fluß, der mir zu Füßen
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spielt mit freudigem Gebraus
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mich dieselben Sterne grüßen
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und so bin ich hier zu Haus.

(„In der Fremde“ von Clemens Brentano ist auch in unserer Gedichtedatenbank zu finden. Dort findest Du auch weitere Gedichte des Autoren. Für die Analyse des Gedichtes bieten wir ein Arbeitsblatt als PDF (24.3 KB) zur Unterstützung an.)

Das Gedicht „In der Fremde“, entstammend aus der Epoche der Romantik und verfasst von Clemens Brentano im Jahre 1810, thematisiert das Gefühl der Vertrautheit an einem fremden Ort.

Das Gedicht setzt sich aus fünf Strophen mit jeweils vier Versen zusammen. Das Gedicht folgt dem Metrum des vier-hebigen Trachãus und konstant dem Reimschema des Kreuzreims. Es lassen sich Enjambements in dem Gedicht finden (vgl. erste Strophe), welche die auditive Zäsur am Versende brechen und den lyrischen Gedanken weiterführen. Es besteht keine klare Struktur bezüglich der Kadenzen, was sich jedoch festhalten lässt, ist, dass der erste Vers jeder Strophe eine weibliche Kadenz hat, was eine Leichtigkeit durch die Weiche der Kadenz zu jeder Strophe beiträgt. Es ist liedhaft und hat einen rhythmischen Schritt.

Hinsichtlich der Sprechsituation des lyrischen Ichs lässt sich sagen, dass es klar in Erscheinung tritt: „Weit bin ich einhergezogen“ (V. 1). Es schildert aktiv seine Sinneseindrücke und Wahrnehmungen, die es macht „Und ich hör dieselbe Lust, / Und ich fühl das Herz mir schlagen“ (V. 14-15). Somit erlangt man Eindrücke in die Wahrnehmung des lyrischen Ichs (vgl. V. 13) sowie die Gefühlswelt bzw. das sinnliche Erleben des lyrischen Ichs (vgl. V. 15). Generell lässt sich feststellen, dass das lyrische Ich sehr auf sich und seine ganzheitliche Erfahrung in seiner Umgebung fokussiert ist (vgl. V. 19-20). Es fühlt sich beschützt und geborgen an diesem Ort: „Der treue Himmelsbogen. / Er umgibt mich überall“ (V. 3-4).

In dem Gedicht spricht das lyrische Ich selbst, welches ein fremdes Gebiet erkundet und des Prozesses des Erkundens feststellt, dass es sich heimisch fühlt und das Gefühl, was mit der heimischen Geborgenheit einhergeht, wird durch die konstante Präsenz von dem Sternenhimmel sowie durch das Hören derselben Probleme, nur von anderen Stimmen, ausgelöst. Durch das Erleben dieser neuen Eindrücke, die seiner gewohnten Umgebung gleichzeitig in Nuancen ähneln, kommt in dem lyrischen Ich ein Gefühl der Vertrautheit auf.

Was bei näherer Betrachtung des Gedichtes als Erstes ins Auge fällt, ist, dass eine große Zentrierung auf das Selbst des lyrischen Ichs vorliegt. Dies wird besonders deutlich durch die häufige Verwendung von Personal sowie Possessivpronomen in der ersten Person: „ich“ (V. 1), „mich“ (V. 4), „ich“ (V. 7), „ich“ (V. 13). Die ganze Welt des lyrischen Ichs dreht sich um das Selbst, um seine Wahrnehmung und die Erkundung seiner Selbst. Diese Beschränkung auf das subjektive Erleben und den Ausdruck dessen spiegelt sich oft in lyrischen Werken aus der Epoche der Romantik wider. Außerdem wird die Natur durch Personifikationen sehr lebendig dargestellt: „Aus dem Fluss, der mir zu Füßen / Spielt mit freudigen Gebraus, / Mich dieselben Sterne grüßen“ (V. 17-19). Diese Darstellung der dem lyrischen Ich unbekannten Umgebung („In der Fremde“) lässt darauf schließen, dass das lyrische Ich sich angekommen und zufrieden in seiner Umgebung fühlt. Ein Stück zu Hause begleitet es, da es „dieselben Sterne grüßen“ (V. 19). Hier wird zum einen das Motiv des Unterwegsseins deutlich, da es sich folglich „In der Fremde“ befindet und auf einer physischen Reise war, jedoch auch die Thematik des Ankommens und das Gefühl des sich Geborgenfühlens. Durch die Verwendung des Verbs „Muss“ (V. 7) wird die Motivation und das Zielbewusstsein des lyrischen Ichs deutlich. Für das lyrische Ich ist es selbstverständlich, seine Reise fortzuführen und „die Herberg [zu] suchen“ (V. 7). Es hat Gefallen an dem Unterwegssein gefunden. Dies wird ebenso durch die Anapher in der vierten Strophe deutlich: „Und ich hör dieselben Klagen, / Und ich hör dieselbe Lust, / Und ich fühl das Herz mir schlagen“ (V. 13-15). Dort findet das lyrische Ich etwas Vertrautes in der Fremde, was ihm ein Gefühl der Sicherheit gibt. Es baut direkt eine emotionale Bindung zu diesem Ort auf, da es durch Reize, die es an zu Hause erinnern, das Fremde direkt in sein Herz schließt. Durch diese Anapher wird außerdem die verstärkte und intensive Sinneswahrnehmung des lyrischen Ichs deutlich, was wiederum epochentypisch ist.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es sich um ein epochentypisches Gedicht der Romantik handelt. Die Zentrierung auf das Selbst in der Natur und das sinnliche Erleben dieser spielt sehr auf die Motive der Romantik an. Die Verlebendigung und die starke Verbundenheit der Natur spielen nicht nur auf die Romantik als solche an, sondern darüber hinaus auch auf das Unterwegssein als Motiv. Das lyrische Ich befindet sich auf einer Erkundung.

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