Kafka, Franz - Die Verwandlung (Interpretation des Erzählanfanges)

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Franz Kafka, Analyse und Interpretation des Erzählanfanges, Referat, Hausaufgabe, Kafka, Franz - Die Verwandlung (Interpretation des Erzählanfanges)
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Referat

„Die Verwandlung“ von Franz Kafka

Analyse und Interpretation des Erzählanfanges

Im vorliegenden Text wird der Erzählanfang von Kafkas Werk „Die Verwandlung“ analysiert und interpretiert. Die Erzählung „Die Verwandlung“ von Franz Kafka, erschien im Jahr 1915 und handelt von der Verwandlung Gregor Samsas zu einem Ungeziefer und den daraus resultierenden Problemen in Bezug auf seine Familie und sein Berufsleben, sowie die für ihn schwierige Eingewöhnung in ein neues Leben.

Ein personaler Erzähler schildert zunächst aus Gregors Sicht, wie dieser am Morgen erwacht und erkennt, dass er sich in ein käferartiges Insekt verwandelt hat. Ein Überblick über Gregors Arbeits- und Familienverhältnisse folgt daraufhin. Der Leser erfährt, dass Gregor als Handelsvertreter arbeitet um seiner Schwester und seinen arbeitsunfähigen Eltern ein gutes und sorgenfreies Leben zu ermöglichen. Gregor würde nur noch unter schlechten Arbeitsbedingungen arbeiten, um die Schuld der Eltern abzahlen zu können. Statt sich Gedanken über seine neue Gestalt zu machen, denkt Gregor nur über die Konsequenzen nach, die sein Fehlen bei der Arbeit hervorrufen könnte. Er fürchtet, einen Besuch seines Vorgesetzten und überlegt, wie er diesen vermeiden könnte.

Der Erzählanfang gibt vor allem Informationen über das Berufsleben Gregors und seine neue Gestalt als Ungeziefer. Zwischen diesen beiden Themen lässt sich ein Bezug herstellen. Durch die Darstellung seines Berufslebens wird deutlich, dass dieses eine große Rolle in Bezug auf Gregors Verwandlung spielt. Das Berufsleben Gregors wird als sehr anstrengend charakterisiert (vgl. S.76, Z.30). Ständig ist Gregor unterwegs (vgl. Z.31) und er kommt kaum zur Ruhe (vgl. Z.31f.). Auf Reisen muss er sich um günstige Zuganschlüsse sorgen und Essen bekommt er nur unregelmäßig, wobei ihm dieses auch nicht schmeckt (vgl. Z.33 f.). Müsste er nicht dafür Sorge tragen, dass die Schulden seiner Eltern abbezahlt werden, hätte Gregor längst gekündigt und einen beruflichen Neustart gewagt (vgl. Z.50 f.).

Die Angestellten leiden im Betrieb unter ihrem Chef. Er nutzt seine Machtposition aus und behandelt seine Angestellten von oben herab. Sie sind ihm untergeordnet und das zeigt er ihnen auch in aller Deutlichkeit. So ist dies zum Beispiel in Gesprächen mit seinen Angestellten zu beobachten (vgl. Z.54). Während Gregor im Bett liegt denkt er darüber nach, wie er es schafft, trotz der Verwandlung zur Arbeit zu gehen und so die Konsequenzen für sein Fehlen zu umgehen. Er fürchtet sich vor einem „Donnerwetter des Chefs“ (Z.72) und hofft, dass dieser ihn nicht zu Hause besuchen kommt.

All diese Arbeitsbedingungen bewirken, dass Gregor äußerst unzufrieden mit seiner Arbeit ist. Wenn er nicht für seine Familie sorgen müsste und eine Chance auf einen anderen Beruf hätte, würde er diese sofort ergreifen. Im Text wird an einer Stelle ein direkter Bezug zwischen der Berufswelt und dem Leben als Insekt hergestellt. In der Zeile 74 f. heißt es: „Es war eine Kreatur des Chefs, ohne Rückgrat und Verstand.“ Einerseits ist diese Textstelle ein weiterer Beleg für die Machtposition des Chefs. Seine Angestellten haben keinen eigenen Willen (Verstand) und somit auch keinen eigenen Handlungsspielraum. Das fehlende Rückgrat weist hier auf die mangelnde Standhaftigkeit gegenüber ihrem Chef hin. Das Rückgrat steht in diesem Fall für Stärke. Andererseits lässt sich das fehlende Rückgrat im biologischen Sinn als Darstellung eines Insekts deuten, denn Insekten haben kein Rückgrat bzw. eine Wirbelsäule. Die Angestellten der Firma sind also alle Insekten, die unter hoher Belastung im Sinne ihres Vorgesetzten arbeiten. Auch Gregor steht unter dieser hohen Belastung und mit der Zeit hat sich sein Äußeres an die Arbeitswelt angepasst. Sein Inneres hat sich sozusagen nach außen gekehrt.

Franz Kafka verwendet am Anfang der Erzählung nur wenige Stilmittel. Eines dieser Stilmittel ist die Hypotaxe. Der Erzählanfang besteht fast ausschließlich aus Nebensatzgefügen (z.B. S.77 Z.78-82). Durch diese langen Satzgefüge ruft Kafka beim Leser eine Verwirrung hervor. Das Lesen der Sätze fordert höchste Aufmerksamkeit. Die Verwirrung Gregors und der Verlust der Realität werden so auf den Leser übertragen. Rhetorische Fragen sind ebenso zu finden. Diese stellt sich Gregor während seines inneren Monologs immer wieder. (z.B. S.75 Z. 21 f.) Einerseits wird so immer wieder ein Bezug zum Leser hergestellt, der sich so besser in den Protagonisten hineinversetzen kann, andererseits zeugen sie von der inneren Unruhe Gregors. Durch Fragestellungen wie diese versucht er abzuwägen, was er in dieser Situation am besten tut. Allerdings zeigt diese spezielle Frage auch die falsche Einschätzung der Situation. Er ist sich der neuen Situation noch nicht ganz bewusst und glaubt zunächst noch an einen Traum. Die falsche Einschätzung der Situation zeugt von der fragwürdigen Wahrnehmung und Verwirrung Gregors.

Im Text lassen sich außerdem vermehrt Ausrufe finden (z.B. S.76 Z.30 f.). Auch diese weisen auf die innere Unruhe Gregors hin. Es ist weiterhin auffällig, dass es sich die Ausrufe teilweise auf Gott bzw. den Teufel beziehen (vgl. S. 76 Z.30;36 oder S. 77 Z.61 f.). Die Ausrufe bekommen so einen anklagenden Unterton. Es hat den Anschein, als würde Gregor bei Gott nach einer Erklärung für seine Situation suchen. Gott dient ihm als Ansprechpartner. Als letztes Stilmittel lässt sich die Metapher nennen. (vgl. S.77 Z.72) Das Donnerwetter steht hier sinnbildlich für die Macht des Chefs und Gregors Angst vor ihm. Dadurch wird noch einmal die Machtposition des Vorgesetzten verdeutlicht. Bei Untersuchung der erzähltechnischen Mittel fällt auf, dass der Erzählanfang wesentliche Merkmale des modernen Erzählens aufweist.
Zunächst ist hier der unmittelbare Beginn anzuführen. Ohne Umschweife wird der Leser direkt in die Handlung eingebracht. Durch diese Technik („in medias res“) wird das chaotische Innenleben Gregors in dieser Situation verdeutlicht. Der Leser fühlt so das Gleiche, wie Gregor. Er ist verwirrt und hinterfragt die aktuelle Situation.

Ein weiteres Merkmal ist die Erzählperspektive des personalen Erzählers. Er schildert die Handlung aus Sicht Gregors. Ein Beispiel hierfür ist der innere Monolog den Gregor anfangs mit sich selbst führt. Durch die eingeschränkte Perspektive wird das Einfühlen des Lesers in den Protagonisten ermöglicht. Genau wie Gregor spürt der Leser das Gefühl des Gefangenseins. Durch das widersprüchliche Denken Gregors in Bezug auf seine Lage wird die Selbstentfremdung des Anti-Helden deutlich. Es kommt zu einer Spaltung seiner Identität. Innerlich ist er immer noch er selbst, aber äußerlich hat er eine fremde Identität angenommen. Mit Hilfe dieser Mittel will Kafka auf den Verfall der Wirklichkeit aufmerksam machen und den Leser bewusst provozieren und auch schockieren. Das führt wiederrum dazu, dass der Leser über sich selbst nachdenkt.

Abschließend betrachtet, lässt sich sagen, dass der Erzählanfang die Funktion hat, den Leser zum Nachdenken und Weiterlesen anzuregen. Er fordert einen aktiven Leser, der die Handlung hinterfragt und so durch die Erzählung gelenkt wird. Der Leser fragt sich, ob Gregor sich wirklich verwandelt hat und wodurch es zu dieser Verwandlung nun tatsächlich gekommen ist. Durch aktives Lesen kann der Leser den Bezug zwischen Verwandlung und Arbeitsleben herstellen und sich so seine Fragen zumindest ansatzweise beantworten. Meine anfängliche Interpretationshypothese lässt sich also bestätigen. Durch die stilistischen und erzähltechnischen Mittel ist es Franz Kafka gelungen, das Ziel des modernen Erzählens umzusetzen. Er provoziert und schockiert durch die Darstellung des Negativen und des Hässlichen und zeigt die Entfremdung einer Person zu sich selbst und ihrem Umfeld.

„Die Verwandlung“ ist wohl die bekannteste und auch am meisten zitierte Erzählung Kafkas. Auch in der Popkultur gibt es zahlreiche Verweise auf die Erzählung. Der Protagonist Gregor findet sich so im Namen der Bands Gregor Samsa und Samsas Traum wieder. Der Komponist Philip Glass nimmt Bezug mit seinen Klavierwerken Metamorphosis. Aber auch Zeichentrickserien und Filme verweisen auf das Werk „Die Verwandlung“, so zum Beispiel mehrere Episoden der Fernsehserie Simpsons. Der erste Satz der Erzählung gewann im Jahr 2007 den zweiten Platz im Wettbewerb „Der schönste erste Satz“. Die Kurzgeschichte Samsa in Love (in der Erzählsammlung Von Männern, die keine Frauen haben) von Haruki Murakami spielt mit Gregors Rückverwandlung von einem Käfer in einen Menschen.

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