Nationalsozialismus - die Außenpolitik von 1933 bis 1939

Schlagwörter:
Außenpolitik in Deutschland, NS-Außenpolitik, Krieg, Zweiter Weltkrieg, 2. Weltkrieg, Adolf Hitler, Referat, Hausaufgabe, Nationalsozialismus - die Außenpolitik von 1933 bis 1939
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Referat

Nationalsozialismus: Die deutsche Außenpolitik 1933


Die Außenpolitik in Deutschland zwischen 1933 und 1939

  • Kon- und Diskontinuität der Außenpolitik 11. Einführung der allgemeinen Wehrpflicht (16. 3. 1935)
  • Hitlers ideologisches Konzept 12. Deutsch-britisches Flottenabkommen (18. 6. 1935)
  • Genese von Hitlers außenpolitischem Programm 13. Achse Berlin-Rom (25. 10. 1936)
  • Verwirklichung seines Konzepts 14. Besetzung des Rheinlandes (7. 3. 1936)
  • Radikalität der Hitlerschen Außenpolitik 15. Antikomintern-Pakt (25. 11. 1936)
  • Friedensheuchelei Hitlers 16. Anschluss Österreichs (12. 3. 1938)
  • Der Vier-Mächte-Vertrag 17. Münchner Viermächtekonferenz (29. 9. 1938)
  • Austritt aus dem Völkerbund (14. 10. 1933) 18. "Erledigung der Resttschechei" (16. 3. 1939)
  • Deutsch-polnischer Nichtangriffspakt (26. 1. 1934) 19. Hitler-Stalin-Pakt (23. 8. 1939)
  • Abstimmung an der Saar (16. 3. 1935) 20. Kriegsschuldfrage

1. Die NS-Außenpolitik schien zunächst weit mehr von traditionellen Vorstellungen denn von revolutionären Neuansätzen geprägt. Man schien kontinuierlich die Außenpolitik der Weimarer Republik fortzusetzen, zu deren Grundelementen die Forderung nach Gleichberechtigung Deutschlands und allgemeiner Rüstungsbeschränkungen, Verhandlungsbereitschaft und Friedenswillen gezählt wird. Es war weder von Lebensraum noch von Bluteinsatz und Germanenherrschaft die Rede. Bestärkt wurden diese Pläne dadurch, dass alte Diplomaten und der Reichsaußenminister von Neurath im Amt blieben. Anscheinend wollte Hitler eine diplomatische Politik des friedlichen Revisionismus verfolgen. In Wirklichkeit aber kalkuliert Hitlers außenpolitisches Programm, basierend auf einem massiven Expansionismus (Raumpolitik), den Krieg als "normales politisches Mittel" von Anfang an als feste Größe ein und betonte ideologisch dessen Auslesecharakter im Bereich der Völker und Nationen. Gerade weil Hitler deshalb die Eskalation politischer Verhältnisse bewusst und gezielt forcierte und den Krieg systematisch plante und realisierte, muss das Jahr 1933 heute als Zäsur betrachtet werden.

2. Dasselbe aggressive und expansive außenpolitische Konzept konkretisierte er schon in "Mein Kampf" . So waren eigentlich für jedermann, der lesen konnte und begreifen wollte, die Mittel und Methoden zur Verwirklichung seiner Ansichten erkennbar. Das nationalsozialistische Leitmotiv der Außenpolitik des Dritten Reiches war der Traum vom "Lebensraum" im Osten, von einem auf die Landmasse zwischen Ärmelkanal und Ural gestützten gewaltigen Imperium. Von diesem Traum gibt es keine Verbindungen zu etwaigen natürlichen Ausdehnungstendenzen und wirtschaftlichen Bedürfnissen Deutschlands. Hitler selbst und viele seiner Gefolgsleute sahen in der Verwirklichung des Traums vom Ostimperium zweifellos die eigentliche Aufgabe der NS-Bewegung. Auf Grund jedoch seiner andauernden Friedensheuchelei fand eine öffentliche Täuschung statt, denn bereits drei Tage später legte er in einer geheim gehaltenen Rede vor dem Führerkorps der Reichswehr ein außenpolitisches Konzept vor, das sich mit dem in "Mein Kampf" deckte.


3. Hitler ging in seiner Außenpolitik von der Maxime aus, dass Deutschland entweder Weltmacht oder gar nichts sein werde. Die Erreichung der Weltmacht wollte er folgendermaßen realisieren:

  • Hegemonie in Zentraleuropa durch ein Kontinentalimperium mit einem festen machtpolitischen Rückhalt im "europäischen Ostraum";
  • Erringung der Macht im Inneren und ihre Stabilisierung als Voraussetzung für eine machtbewusste Außenpolitik;
  • danach Gewinnung eines kolonialen "Ergänzungsraums" in Afrika bei gleichzeitigem Aufbau einer starken Flotte;
  • durch diese Maßnahmen sollte Deutschland zu einer der vier Weltmächte werden;
  • für die folgende Generation erwartete Hitler einen Entscheidungskampf um die Weltherrschaft zwischen den beiden bedeutenden Weltmächten USA und Deutschland. Hierfür sollte die Neutralität Japans durch Zugeständnisse einer östlichen Interessensphäre und nach Möglichkeit ein Bündnis mit dem germanischen England erreicht werden.

Für diesen "gewaltigen Kampf der Kontinente" galt es, so Hitler, in seiner Zeit dem zu errichtenden "Germanischen Reich deutscher Nation" die notwendige "großräumige" Voraussetzung zu schaffen, ohne die Deutschland unvermeidlich zur machtpolitischen Bedeutungslosigkeit verurteilt sei. Deutlich sind also die beiden Phasen der Außenpolitik , die Beherrschung Europas und dann das Übergreifen nach Übersee und der Entscheidungskampf gegen die USA um die Weltherrschaft voneinander abgegrenzt.

4. Um dies zu verwirklichen müsse das Volk auf Wehrwillen eingestellt und die allgemeine Wehrpflicht wieder eingeführt werden. Dann, und nur mit einem stabilen Heer, konnte er seine Lebensraumpolitik, die auf die Eroberung und Germanisierung des Ostens abzielte, durchführen. So fand er vor allem beim Militär Unterstützung, das so mit dem Ausbau des Heeres der so als drückend empfundenen Einschnürung des 100.000-Mann-Heeres von Versailles entgehen konnte. So meinte man in Hitler den Überwinder von Versailles und den Schöpfer eines die alten Traditionen regenerierenden Nationalstaates zu erkennen.

5. Derartige außenpolitische Ziele mussten natürlich verborgen bleiben, da sonst die Status-quo-Mächte sofort Gegenmaßnahmen ergriffen hätten. So verlief die nationalsozialistische Außenpolitik zunächst zweigleisig. In seinem Buch "Mein Kampf" finden sich zahlreiche konkrete Aussagen und Bekenntnisse zu einer auf kriegerischen Mitteln basierenden unverhüllten Expansionspolitik. Die weltanschaulichen Triebkräfte Hitlers: Rassen- und Lebensraumpolitik werden ebenso deutlich postuliert wie die Vernichtung des Judentums im Zusammenhang mit der Zerschlagung der bolschewistischen SU. Darüber hinaus verkündete Hitler in zahlreichen Reden, Erklärungen und Gesprächen auch nach dem 3. Januar 1933 sein Programm und die hierfür anzuwendenden Mittel. Vor allem die Führungsspitze der Reichswehr wurde frühzeitig von Hitler über seine außenpolitischen Ziele unmissverständlich informiert. So erörterte er am 3. Februar 1933 vor den Befehlshabern der Reichswehr die Frage, wie die politische Macht, basierend auf innerer Stabilität und militärischer Stärke genutzt werden sollte. Als eine Möglichkeit nannte er "vielleicht die Erkämpfung neuer Exportmöglichkeiten", um dann jedoch sofort seine Lieblingsidee in den Vordergrund zu stellen: "...Vielleicht - und wohl besser - Eroberung neuen Lebensraums im Osten und dessen rücksichtslose Germanisierung."
Auch den Krieg als Mittel zur Verwirklichung seines Programms sprach Hitler sehr deutlich an: Er sei sicher, so führte er aus, "dass erst mit politischer Macht und Kampf die jetzigen wirtschaftlichen Zustände verändert werden können." Noch deutlicher beschrieb Hitler seine außenpolitischen Ziele in einer Unterredung mit dem Reichskriegsminister, dem Reichsaußenminister und den Oberbefehlshabern der Reichswehr im Jahre 1937. Hitler stellte u.a. fest:

  • Ziel der deutschen Politik ist die Sicherung und Erhaltung der Volksmasse und deren Vermehrung;
  • somit handele es sich um das Problem landwirtschaftlich nutzbaren Raums;
  • man müsse davon ausgehen, dass jede Raumerweiterung nur durch das Brechen von Widerstand und unter Risiko vor sich gehe. Dies habe die Geschichte aller Zeiten bewiesen;

Hitler erläuterte, ausgehend von dem als grundlegend angesehenen Prinzip "Anwendung von Gewalt und unter Risiko" das "wann" und "wie" eines derartigen Vorgehens: Die Chance einer Lösung dieses Problems verschlechtere sich auf Grund des schwindenden Rüstungsvorsprungs gegenüber den europäischen Großmächten nach 1943/45.

6. Um der proklamierten Kontinuität der deutschen Außenpolitik Ausdruck zu verleihen, bekräftigte Hitler bei jeder Gelegenheit Deutschlands Friedenswillen, brachte jedoch schon seine Forderung der Beseitigung des Unrechts von Versailles ein.

7. Deutschland trat am 15. Juli 1933 dem von Mussolini gegründeten Vier-Mächte-Vertrag über Verständigung und Zusammenarbeit bei. Mit dem später geschlossenen Konkordat war damit ein entscheidender Prestigegewinn erreicht.

8. Aber der innenpolitische Radikalismus rief die Skepsis der Außenpolitik wach. Auf der Abrüstungskonferenz in Genf musste so eine Abstimmungsniederlage erwartet werden. Die Folgen waren der Austritt aus der Konferenz und dem Völkerbund . Der unmittelbare Anlass für den Schritt waren französische Sicherheitsbedenken gegen ein militärisch gleichberechtigtes Deutschland. Im Inland wurde diese Ablehnung als "Beleidigung des deutschen Volkes und seiner nationalen Würde" angesehen. Dies musste auch auf die der NSDAP skeptisch gegenüberstehenden Deutschen so wirken, da Hitler sehr geschickt zuvor in dem Viermächtepakt einer friedlichen Regelung von Streitfragen und allgemeiner europäischer Rüstungsbeschränkungen zugestimmt hatte. Seine Rechnung ging dabei auf, denn wie erwartet genügte Frankreich die Zusicherung als Voraussetzung für eine militärische Gleichberechtigung Deutschlands nicht. Nun hatte Hitler einmal mehr seine Friedensbereitschaft dokumentiert und konnte jetzt erst recht auf die Unversöhnlichkeit des westlichen Nachbars hinweisen. Nach der Ablehnung der deutschen Forderungen auf der Genfer Abrüstungskonferenz verließ der deutsche Delegierte sofort den Tagungsort. Noch am selben Tag (14. 10. 1933) verkündete Hitler den Austritt des Deutschen Reiches aus dem Völkerbund.

9. Parallel zum Rückzug aus den multilateralen Gremien wurden zweiseitige Abkommen vorbereitet. Am 26. Januar 1934 wurde der Nichtangriffs- und Freundschaftspakt mit Polen beschlossen. Kernstück war eine Garantie der Unverletzlichkeit der polnischen Grenzen, da beide Staaten sich im Rahmen ihrer Bemühungen um die Sicherung des Friedens verpflichteten, Streitfragen nicht mit Gewalt zu lösen.
Mit dem Pakt war Hitler von dem bisherigen revisionistischen Kurs der deutschen Außenpolitik abgewichen, was im In- und Ausland zu großem Erstaunen Anlass bot. Allerdings wurde damals nicht erkannt, dass Bündnisse und Verträge für Hitler nur solange eingehalten wurden, wie dies auf Grund der jeweiligen Situation nützlich erschien. Mit diesem Pakt geriet die europäische Bündnispolitik wieder in Bewegung. Die SU, die in ihm eine endgültige Abkehr von dem auf Rapallo basierenden deutsch-sowjetischen Verhältnis sah, lehnte sich nun enger an Frankreich an. Da dort die offensichtlich betriebene Aufrüstung Deutschlands ohnehin mit großer Besorgnis zur Kenntnis genommen wurde, versuchte Frankreich das Deutsche Reich in einen Ostpakt einzubinden. Dieser Plan scheiterte, als die Reichsregierung im September 1934 erklären ließ, sie glaube, dass andere Methoden der Friedenssicherung mehr Erfolg versprächen. Als Reaktion auf die Absage betrieb Frankreich die Aufnahme der SU in den Völkerbund am 18. 9. 1934, die Stalin zur Verbesserung seines staatsmännischen Images ohnehin schon angestrebt hatte. Der Beitritt der SU wurde als neue "Einkreisung" betrachtet.

10. Seit Mitte 1934 hatte sich die Herrschaft Hitlers im Inneren stabilisiert. Die schrittweise Aufrüstung der Reichswehr auf 250.000 Mann und der Aufbau einer modernen Luftwaffe durch Göring gaben Hitler ein Gefühl der Stärke und außerdem die Überzeugung, seine Lebensraumpolitik in absehbarer Zeit realisieren zu können. Diese Einschätzung der Situation wurde durch die Abstimmung an der Saar am 13. 1. 1935 verstärkt. 90,3% der Bevölkerung entschieden sich für die Angliederung an das Deutsche Reich. Dieses Ergebnis verwertete die NS- Propaganda sehr geschickt, indem sie es als ersten Schritt einer erfolgreichen Revisionspolitik und als Zustimmung der saarländischen Bevölkerung zum "neuen Deutschland" feierte. Die Vorarbeiten zu diesem Erfolg bestanden allerdings in nationalem Pathos, Einschüchterungsversuche, Drohung und Gewalt.

11. Anfang März gab das Deutsche Reich den europäischen Mächten den Aufbau einer deutschen Luftwaffe bekannt. Als keine nennenswerten Proteste erfolgten, verkündete Hitler kurze Zeit danach am 16. 3. 1935 offiziell die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht, womit er gegen den Versailler Vertrag in eklatanter Weise verstieß. Die schwächliche Reaktion der europäischen Mächte musste einen so skrupellosen Machtpolitiker wie Hitler in seiner negativen Einschätzung der Demokratien bestätigen. Auf der von Mussolini angeregten Konferenz im oberitalienischen Stresa kam es lediglich zu der wenig bedeutenden Vereinbarung, in Zukunft ähnliche, einseitige Aufkündigungen von Verträgen nicht mehr zu tolerieren. Daneben entschloss sich der Völkerbund zu einem halbherzigen Protest. Allein die Tatsache, dass der britische Außenminister Simon sich unmittelbar nach der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht zu deutsch-britischen Gesprächen über ein Flottenabkommen in Berlin einfand, machte die Brüchigkeit der Stresa-Front deutlich.

12. Die deutsch-britischen Gespräche wurden am 18. Juni 1935 durch ein Flottenabkommen besiegelt. Es regelt das Kräfteverhältnis zwischen beiden Ländern dahingehend, dass das Deutsche Reich maximal 35% der britischen Schiffstärke und (vorerst) 45% der britischen U-Boote besitzen dürfe. Dieses Abkommen bestärkte Hitler in seiner Außenpolitik und den ihr zugrunde liegenden Vorstellungen noch mehr. Zum einen hatte er trotz des Austritts aus dem Völkerbund und trotz der Aufrüstung eine vertragliche Regelung mit Großbritannien erreicht, die angesichts der britischen Seemacht nicht ungünstig war. Zum anderen hatte er die Stresa-Front endgültig gesprengt. Gleichzeitig - und dies war für Hitlers künftige Außenpolitik von ausschlaggebender Wichtigkeit - zeichnete sich die britische Appeasementpolitik bereits in ihren Grundzügen ab.

13. Hitler wurde zunehmend davon überzeugt, ihre Maßnahmen nicht mehr ernst nehmen zu müssen. Nach dem Angriff auf Abessinien zur Eroberung von Kolonialraum (3. Oktober 1935) war Italien isoliert, da der Völkerbund ein Waffen- und Rohstoffembargo gegen es verhängt hatte. Hitler wusste die Chance zu nutzen. Vom November 1935 an, nachdem Italien nun auch zu den vom Völkerbund Verurteilten gehörte, wurde die deutsch-italienische Freundschaft angebahnt und am 25. Oktober 1936 mit dem Vertrag zur Begründung der "Achse Berlin-Rom" besiegelt. Im Schatten des Abessinienkrieges wagte Hitler den nächsten Schritt:

14. Da Frankreich durch starke innenpolitische Probleme gehemmt war, und Großbritannien die deutsche Revisionspolitik in vielerlei Hinsicht als gerechtfertigt betrachtete und dementsprechend reagierte, beschloss Hitler, nachdem er sich des Wohlwollens des Duce versichert hatte, die durch den Versailler Vertrag entmilitarisierten drei Zonen des Rheinlandes am 7. 3. 1936 zu besetzen. Nach der Kündigung des Locarno-Vetrags mit der Begründung, Frankreich habe die Friedensangebote des deutschen Reiches nicht angenommen, sondern vielmehr ein Militärbündnis mit der SU geschlossen (französisch-sowjetischer Beistandspakt am 2. Mai 1935), besetzten deutsche Truppen dieses Gebiet. Wiederum wandte Hitler seine Beschwichtigungstaktik an.
Auch in dieser Situation kam es zu keinen nennenswerten Reaktionen. Zwar verurteilte der Völkerbundsrat auf Antrag Frankreichs das deutsche Vorgehen, doch sprach sich Großbritannien gegen Sanktionen aus und plädierte statt dessen für Verhandlungen mit Hitler. Damit gewann dieser endgültig die Erkenntnis, dass die Westmächte pazifistisch-schwächlich seien, über keine energisch durchgreifenden Politiker verfügten und ein militärisches Vorgehen scheuten. Auf der Basis dieser Einschätzung und der britischen Appeasementpolitik betrieb Hitler in den folgenden Jahren seine Außenpolitik.

15. Nachdem im Oktober 1936 eine deutsch-italienische Übereinkunft die "Achse Berlin-Rom" ins Leben gerufen hatte, wurde wenige Wochen danach der Antikominternpakt (Kommunistische Internationale - Komintern) am 25. 11. 1936 zwischen dem Deutschen Reich und dem traditionellen Gegner der SU in Asien, Japan, zur gemeinsamen "Abwehr gegen die kommunistische Internationale" geschlossen. Ihm trat im November des folgenden Jahres Italien bei. Damit kündigte sich bereits die Mächtekonstellation des 2. Weltkrieges an. Hitler sah jetzt den richtigen Zeitpunkt für seine Lebensraumpolitik gekommen.

16. 1938 gelang es Hitler noch zweimal, unter Berufung auf Wiedergutmachung von Unrecht und auf das 1918 von Wilson proklamierte Selbstbestimmungsrecht der Völker außenpolitische Erfolge ohne Kriegshandlungen zu erzielen. Seine Bündnispartner hatten ihn zwar bloßgestellt, den Argwohn gegen ihn weiter verstärkt und seine Fiedensverlautbarungen immer unglaubwürdiger erscheinen lassen, aber als die deutschen Truppen am 12. März in Österreich einmarschierten und Hitler selbst von einer großen Menge auf dem Wiener Heldenplatz stürmisch gefeiert wurde, war die moralische Rechtfertigung so überzeugend, dass ein Protest auf der Basis der Versailler Bestimmungen lächerlich wirken musste.
Die ehemalige Donaumonarchie (Kaisertum Österreich bzw. Österreich-Ungarn) galt in Österreich und im Ausland allgemein als "deutsch". Im November 1918 bezeichnete sich Österreich auf Grund des von Wilson proklamierten freien Selbstbestimmungsrechts der Völker per Staatsgesetz als einen Teil der deutschen Republik. Noch 1919 hieß das Land offiziell "Deutsch-Österreich". Der Versailler Vertrag verbot derartige Zusammengehörigkeitsbestrebungen strikt. Dennoch blieb der Gedanke der Zusammengehörigkeit immer stark. Dafür sorgte schon die österreichische DNSAP, die seit 1920 dort existierte. Als die Propagierung des Anschlusses an das Reich verboten wurde, putschte die DNSAP. Der in Deutschland vorbereitete Putsch wurde zwar rasch niedergeschlagen und veränderte deshalb nichts, kostete jedoch Kanzler Dollfuß das Leben. Unter seinem Nachfolger Schuschnigg entwickelten sich die Verhältnisse immer mehr in Richtung Anschluss. Als offensichtlich wurde, dass Schuschnigg auch auf die Westmächte nicht rechnen konnte, sah er zu Beginn des Jahres 1938 die letzte Rettung in einem direkten Gespräch mit Hitler. In typischer Weise setzte Hitler ihn brutal unter Druck und machte ihn für alle Folgen des Nichtzusammenschlusses verantwortlich und stellte schließlich ultimative, auf drei Tage befristete Forderungen. Diese gipfelten in der sofortigen Regierungsbeteiligung der DNSAP und der Gleichschaltung der österreichischen Außenpolitik mit der deutschen. Einen Monat später unternahm Schuschnigg einen letzten verzweifelten Schritt: Er setzte für den 13. März eine Volksabstimmung fest, die das Bekenntnis zu einem "freien und deutsche, unabhängigen und sozialen, christlichen und einigen Österreich" zum Ergebnis haben sollte. Dies betrachtete Hitler als "Verrat". Unter Androhung militärischer Maßnahmen erzwang er die Übergabe der Regierungsgeschäfte an den österreichischen DNSAP Innenminister Seyß-Inquart. Auf dessen angebliche Bitte hin besetzten die deutschen Truppen Österreich, um dort "Ruhe und Ordnung" wiederherzustellen. Der generalstabsmäßig vorbereitete und propagandistisch imposante Einzug der deutschen Truppen sowie die Anwesenheit des Führers wurden von der Mehrheit der Bevölkerung mit Jubel begrüßt. Diese Reaktion bewog Hitler am 14. März die "Wiedervereinigung" per Gesetz zu verkünden. Damit erhielt Österreich bzw. Die Ostmark, wie es von nun an hieß, die selben Gesetzte wie das Deutsche Reich. Wie üblich wurde der Anschluss Österreichs per gelenkter Volksabstimmung bestätigt.
Die europäischen Mächte reagierten in der üblichen Weise: Großbritannien und Frankreich protestierten ohne allzu großen Nachdruck, der Duce akzeptierte den Anschluss ohne große Begeisterung. Die CSR und Polen kommentierten die Geschehnisse offiziell nicht. Wieder einmal schien das Ergebnis die Mittel der Hitlerschen Außenpolitik zu rechtfertigen.

17. Nachdem Österreich "heim in Reich" geholt worden war, konzentrierte Hitler sich auf die Besetzung der CSR. Als Hebel diente Hitler das "deutsche Problem". Dieses existierte seit 1919, da die CSR entgegen den Bestimmungen des Versailler Vertrags den deutschen Volksgruppen das Selbstbestimmungsrecht verweigerte und sie wie die anderen Minoritäten auch von der Beteiligung an der politischen Macht ausschloss. Hitler forcierte nun unter Hinweis auf die "unerträgliche Situation der Volksdeutschen" den Druck von außen und ließ gleichzeitig seine Anhänger von innen her arbeiten. Als günstig erwies sich, dass ca. 2/3 der Sudetendeutschen in einer nationalsozialistischen Partei organisiert waren. Bereits im November 1937 stellte deren Führer, Konrad Henlein, in Übereinstimmung mit Hitler fest, dass eine "Lösung der Tschechischen Frage" nur vom Reich her kommen könne. In dieser Situation wiederum erhielt Hitler Unterstützung vom britischen Prime Minister Chamberlain, der den "ehrlichen Makler" spielen wollte. Er akzeptierte die Forderung nach Selbstbestimmung der Deutschen in der CSR. Allerdings sollten die überwiegend deutsch besiedelten Gebiete nur mehr Autonomie erhalten. Seit April 1938 arbeiteten Hitler und Henlein systematisch zusammen. Dieser schraubte seine Forderungen an die Prager Regierung so hoch, dass sie unannehmbar wurden. Die Verhältnisse eskalierten, als es zu Kriegsdrohungen und Mobilmachungen auf beiden Seiten kam. Obwohl Chamberlain nun Hitler die Abtretung des Sudetenlandes zubilligte, forderte dieser sie am 26. September ultimativ von der CSR. Die drohende Kriegsgefahr veranlasste Mussolini, für den dieser Zeitpunkt einer militärischen Auseinandersetzung äußerst ungünstig gewesen wäre, eine Viermächtekonferenz zur Lösung des Problems vorzuschlagen. Sie fand unter Beteiligung des Regierungschefs Chamberlain, Daladier, Hitler und Mussolini am 29. Und 30. September 1938 in Mühchen statt. Ohne Beteiligung der CSR einigten sich die Beteiligten auf die Abtretung des Sudetenlandes an das Deutsche Reich. Dafür wollten die vier Mächte als Gegenleistung die Grenzen der CSR garantieren. Hitlers Lebensraumpolitik wurde in der Zwischenzeit schon befolgt. Die Vorbereitungen für den Krieg wurden getroffen. Er erörterte auch schon mögliche Angriffstermine (1943/45 als äußerten) und zog auch einen Zweifrontenkrieg mit Schwerpunkt Südost in Betracht. Er wollte sich nicht noch einmal seine Pläne durch Friedensverhandlungen zunichte machen lassen. Dem Volk machte er seine Kursänderung folgendermaßen transparent: Nur unter Friedensbeteuerungen sei es ihm gelungen, dem deutschen Volk die Freiheit zu bringen. Pazifismus könne in dieser Zeit nur dazu dienen, die Erfolge des deutschen Regimes zunichte zu machen.

18. Nach der Münchner Konferenz stellte Hitler seine Taktik sofort wieder um. Hatte er unmittelbar vor der Konferenz am 26. September erklärt, er sei an der Tschechei nicht interessiert, so galt jetzt diese Aussage nicht mehr. Schon im Oktober erging eine Weisung Hitlers an die Wehrmacht, die drei Aufgaben nannte:

  • Sicherung der Grenzen des Deutschen Reiches und Schutz gegen einen überraschenden Luftangriff
  • Erledigung der Resttschechei
  • Inbesitznahme des Memellandes (Land in Litauen)

Unter dem Druck der Verhältnisse versuchte der tschechische Staatspräsident Hacha durch persönliche Gespräche mit Hitler noch einiges zu retten. Hitler erpresste ihn jedoch, indem er ihn vor die Wahl stellte, die Resttschechei auszuliefern oder den unvermeidlichen Kampf mit der deutschen Wehrmacht aufzunehmen. Als Hitler mit der Bombardierung Prags drohte, resignierte Hacha und legte "das Schicksal des tschechischen Volkes vertrauensvoll in die Hände Hitlers". Daraufhin besetzten deutsche Truppen am 15. März 1939 die CSR. Diese wird aufgeteilt in das "Protektorat Böhmen und Mähren", das zwar eine autonome Verwaltung erhält, jedoch ins Reich eingegliedert wird.

19. Als sich Polen weigerte, auf territoriale Wünsche und Forderungen Hitlers einzugehen, stellte er die Weichen für den Krieg. Als die Angriffe und Drohungen gegenüber Polen immer unverhüllter und extremer wurden, garantierten Frankreich und England die Grenzen Polens, wobei England Polen noch einen Blankoscheck ausstellte. Chamberlain machte damit die britische Außenpolitik stark vom Verhalten Polens abhängig. Daraufhin schloss Hitler mit Mussolini den Stahlpakt. In dieser Situation setzte das Wettrennen um die Gunst Stalins ein. An die Westmächte stellte er inakzeptable Forderungen, die auf die Überlassung des gesamten Baltikums hinausliefen, womit Hitlers Chancen wuchsen. Er gestand Stalin die Regelung des Baltikums in seinem Sinne zu, versprach ihm Hilfe gegen Japan und schloss mit ihm ein Wirtschaftsabkommen. Nach dem Abschluss eines Militärabkommens am 22. August 1939 setzte Hitler den Angriff auf Polen fest. Der Vertrag beinhaltete:

  • Beide Seiten wollen sich jeder Gewaltakte und jeden Angriffs gegeneinander enthalten;
  • wird einer der beiden Vertragspartner in kriegerische Handlungen verwickelt, wahrt der andere strikte Neutralität
  • Probleme die zwischen beiden entstehen sollen durch Schlichtung gelöst werden.

20. Es gibt heute keine Diskussion mehr darüber, dass die Mit- und Gegenspieler Hitlers durch ihr Handel bzw. Nichthandeln zur Verschärfung der Spannungen beigetragen haben. Doch z.B. Stalins Freibrief für Hitler gegenüber Polen oder die britische Appeasementpolitik, die zur Steigerung von Hitlers Überlegenheitsgefühl gegenüber den westlichen Demokratien beigetragen hat, führen noch nicht zu einem Krieg. Der Angriffskrieg gegen Polen ist auf alleinige Initiative Hitlers zurückzuführen. Er wollte zwar damit keinen Weltkrieg auslösen, doch war ihm das Risiko der Kriegsausweitung durchaus bewusst. Aber es stellt sich die Frage, ob man von Schuld sprechen kann, wenn die Westmächte sich Hitlers Expansionspolitik entgegen warfen und ihn bei seinen Plänen im Osten störten? Nur derjenige kann diese Frage mit Ja beantworten, der in chauvinistischem Gehabe behauptet, andere Völker besäßen nicht das Recht, ihre Interessen zu verteidigen und Bündnisse zu schließen.

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