Morgenlied von Sophie Albrecht

Prächtig steigt die Sonne wieder
Aus der Morgenröthe Zelt,
Tausend, tausend Jubellieder
Singt ihr die erwachte Welt,
Und der Blumen süßes Düften
Steigt ihr auf in reinen Lüften.
 
Seht! wie ihr die Heerden hüpfen,
Hört! wie ihr die Taube girrt;
Rascher scheint der Bach zu schlüpfen
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Der durch frische Wiesen irrt,
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Und die kleinen Sommer Müken
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Tanzen ringelnd ihr Entzüken.
 
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Traurig siz ich in der Fülle
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Lauter Freude rings umher,
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Schwermuthsvoller, ernst und stille
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Bleibt mein Busen freudenleer.
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Ach! die Purpurstralen weken
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Mir des Todes bleiches Schreken.
 
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Weh mir! daß ich durch die Chöre,
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Durch das Lied, das Leben singt,
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Laut des Todes Röcheln höre
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Das aus jedem Odem dringt,
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In den Weyhrauch reiner Lüfte
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Mischt sich Duft der Todtengrüfte.
 
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Blumen, die dem Aufgang blühen,
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Welken, wenn der Mittag sinkt,
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Und von Wangen, die ihm glühen,
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Todes Schweis der Abend trinkt,
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Leichen, Gräber ohne Zahlen
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Wird sein lezter Grus bestralen.
 
31 
Tauche deine goldnen Flügel,
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Erden Licht! ins Schatten Meer,
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Streu um unsre Todenhügel
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Nacht das tiefste Dunkel her,
35 
Bis in Edens Sonnenwälzen
36 
Unsrer Gräber Fesseln schmelzen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.2 KB)

Details zum Gedicht „Morgenlied“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
176
Entstehungsjahr
1785
Epoche
Aufklärung,
Empfindsamkeit,
Sturm & Drang

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Morgenlied“ wurde von Sophie Albrecht verfasst, einer deutschen Dichterin und Schauspielerin, die von 1757 bis 1840 lebte. Die Veröffentlichungszeit des Gedichts ist nicht genau angegeben, aber es kann in die Zeit der deutschen Romantik eingeordnet werden.

Auf den ersten Blick handelt das Gedicht von einem neuen Morgen und der Natur, die erwacht und Freude mit sich bringt. Es ist jedoch auch eine deutliche Melancholie und Traurigkeit in den Versen erkennbar.

In den ersten beiden Strophen beschreibt das lyrische Ich den Morgen, wie die Sonne aufgeht und die Welt mit ihren Liedern weckt. Die Blumen duften süß und die Natur ist lebendig und freudig. In der dritten Strophe ändert sich die Stimmung, als sich das lyrische Ich als von Schwermut erfüllt offenbart. Obwohl sie von Freude umgeben ist, empfindet sie Traurigkeit und Tod. Dieser Gedankengang setzt sich in den folgenden Strophen fort, indem sie den Tod als konstante und unvermeidliche Realität darstellt, die sich sogar in der Schönheit eines neuen Tages verbirgt.

Das Gedicht besteht aus sechs Strophen mit jeweils sechs Versen. Die Strophenfolge und das gleichbleibende Metrum erzeugen einen rhythmischen und melodischen Fluss. Die Sprache des Gedichts ist lyrisch und bildhaft, mit einer starken Verwendung von Metaphern und Naturimagery. Trotz der melancholischen Gedanken des lyrischen Ichs, bleibt die Sprache schön und zart, welche die bezaubernde, aber zugleich schmerzhafte Schönheit des Lebens darstellt.

Im Hinblick auf die Aussage des Gedichts kann interpretiert werden, dass es die Gegensätze von Leben und Tod, Freude und Trauer, Tagesanbruch und Dunkelheit thematisiert. Durch das Morgenbild macht Albrecht die Vergänglichkeit allen Lebens und die konstante Präsenz des Todes bewusst. Das Gedicht stellt eine Melancholie dar, die durch das Bewusstsein der Sterblichkeit hervorgerufen wird, und die Schönheit des Lebens in seiner Vergänglichkeit betont.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Morgenlied“ der Autorin Sophie Albrecht. 1757 wurde Albrecht in Erfurt geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1785 entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten der Autorin kann der Text den Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit oder Sturm & Drang zugeordnet werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das 176 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 36 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Weitere Werke der Dichterin Sophie Albrecht sind „Nachts“, „Lied auf dem Kirchhofe“ und „An Ferdinand“. Zur Autorin des Gedichtes „Morgenlied“ haben wir auf abi-pur.de weitere 12 Gedichte veröffentlicht.

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