Blumengeister von Louise Otto-Peters

Nun ist im Sturm mit Schnee und Eis
Der Winter angekommen,
Hat auf tyrannisches Geheiß
Die Blüten all genommen.
 
Sie sind dahin mit einem mal
Und hängen welk hernieder,
Es weckt kein milder Sonnenstrahl
Die Frostgetroffnen wieder.
 
Ihr Glanz, ihr Duft, ihr Leben schwand
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Und öd’ sind Flur und Garten,
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Zur weißen Wüste ward das Land,
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Die Flüsse selbst erstarrten.
 
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So sinken in die kalte Gruft
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Die letzten Blumenleichen,
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Und harren bis der Lenz sie ruft
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Aus ihrem Grab zu steigen.
 
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Doch kann der Blumengeister Schar
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Wohl nächtlich um noch gehen –
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In kalter Mondnacht, hell und klar
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Sind sie gar oft zu sehen.
 
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Sie kommen aus dem Grab hervor
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Wie neckende Gespenster,
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Und blühen – ein krystall’ner Flor –
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An dem gefrornen Fenster.
 
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Und rufen die Erinnrung wach
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An alle Sommerstunden,
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Wo Menschenhand die Blümlein brach
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Und sie zum Kranz gewunden –
 
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Wo Menschenfuß sie gar zertrat,
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Nicht achtend auf ihr Flehen –
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Es läßt zu rächen solche That,
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Die Geisterschar sich sehen.
 
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Und mahnt mit glänzend heller Schrift:
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„Dein eignes Thun bewache,
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Damit dich nicht im Winter trifft
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Der Blumengeister Rache!“
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.4 KB)

Details zum Gedicht „Blumengeister“

Anzahl Strophen
9
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
179
Entstehungsjahr
1860-1870
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Blumengeister“ wurde von Louise Otto-Peters, eine deutsche Schriftstellerin und Frauenrechtlerin, geschrieben. Ihre aktive Karriere erstreckte sich hauptsächlich auf die Mitte des 19. Jahrhunderts, einer Zeit, die geprägt war von politischen Umbrüchen und dem Aufkommen der Frauenrechtsbewegung.

Auf den ersten Blick vermittelt das Gedicht eine intensive und emotionale Auseinandersetzung mit dem Wechsel der Jahreszeiten, insbesondere dem Übergang vom Herbst in den Winter. Es erzeugt eine tragische und melancholische Stimmung, die mit der Schönheit und Vergänglichkeit der Natur und der Rolle des Menschen in dieser Interaktion spielt.

Der Inhalt des Gedichtes bezieht sich hauptsächlich auf die Zerstörung und das Vergehen der Blumen im Winter. Sie werden als Opfer eines „tyrannischen“ Winters dargestellt, der gnadenlos ihre Schönheit und Vitalität raubt und sie in der Kälte sterben lässt. Dennoch endet das Gedicht nicht hoffnungslos, sondern spricht von den „Blumengeistern“, die in den kalten Nächten erscheinen, um die Menschen an die vergangenen Sommertage zu erinnern und sie für ihre Gleichgültigkeit gegenüber der Schönheit der Natur zur Rechenschaft zu ziehen.

Das lyrische Ich nutzt die allegorische Darstellung der „Blumengeister“, um eine Botschaft zu kommunizieren. Es scheint darauf hinzudeuten, dass die Natur und ihre Wesen wertgeschätzt und respektiert werden sollten, da sie letztlich ein Teil unseres eigenen Lebens sind. Die Nachlässigkeit und Verletzung der Natur wird in diesem Gedicht als eine Tätigkeit dargestellt, die Konsequenzen hat, konkret personifiziert durch die Rache der Blumengeister.

In Bezug auf die Form und Sprache ist das Gedicht in acht Strophen aufgeteilt, jede mit vier Versen. Die Sprache benutzt durchgehend eine poetische und bildliche Ausdrucksform, um die Schönheit und gleichzeitig die Zerbrechlichkeit der Natur zu vermitteln. Besonders beachtenswert ist der konsequente Gebrauch von Vergleichen und Metaphern, wie z.B. das Bild der Blumen, die in der eisigen Kälte sterben und als Geister zurückkommen, um ihre Rache zu vollziehen. Ebenso ist die Erwähnung der Konsequenzen menschlichen Handelns ein wichtiger thematischer Aspekt, der das Gedicht zu einer Art Warnung und Anregung zur Reflexion macht.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Blumengeister“ stammt aus der Feder der Autorin bzw. Lyrikerin Louise Otto-Peters. 1819 wurde Otto-Peters in Meißen geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1870 entstanden. In Leipzig ist der Text erschienen. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten der Autorin kann der Text der Epoche Realismus zugeordnet werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 179 Wörter. Es baut sich aus 9 Strophen auf und besteht aus 36 Versen. Die Dichterin Louise Otto-Peters ist auch die Autorin für Gedichte wie „Am längsten Tage“, „An Alfred Meißner“ und „An August Peters“. Zur Autorin des Gedichtes „Blumengeister“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 106 Gedichte vor.

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