An Philipp von Joseph von Eichendorff

Kennst du noch den Zaubersaal,
Wo süß Melodien wehen
Zwischen Sternen ohne Zahl
Frauen auf und nieder gehen?
 
Kennst du noch den Strom von Tönen,
Der sich durch die bunten Reihen schlang,
Von noch unbekannten Schönen
Und von fernen, blauen Bergen sang?
 
Sieh! die lichte Pracht erneut
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Fröhlich sich in allen Jahren,
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Doch die Brüder sind zerstreut,
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Die dort froh beisammen waren.
 
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Und der Blick wird irre schweifen,
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Einsam stehst du nun in Pracht und Scherz,
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Und die alten Töne greifen
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Dir mit tausend Schmerzen an das Herz.
 
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Uhren schlagen durch die Nacht,
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Drein verschlafne Geigen streichen,
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Aus dem Saale, überwacht,
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Sich die letzten Paare schleichen.
 
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So ist unser Fest vergangen,
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Und die lust'gen Kerzen löschen aus,
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Doch die Sterne draußen prangen,
24 
Und die führen mich und dich nach Haus.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.1 KB)

Details zum Gedicht „An Philipp“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
130
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „An Philipp“ wurde von Joseph von Eichendorff, einem der bedeutendsten Lyriker der deutschen Romantik, verfasst. Eichendorff lebte von 1788 bis 1857, weshalb seine Werke häufig Merkmale dieser Epoche aufweisen, die von etwa 1795 bis 1848 andauerte.

Beim ersten Lesen des Gedichts scheint es, eine intensive Sehnsucht und Melancholie auszudrücken. Es erweckt Bilder einer prunkvollen Vergangenheit, voller Freude, Musik und menschlichen Zusammenhalts, die nun verblasst und langsam in Traurigkeit umschlägt.

In einfachen Worten thematisiert das Gedicht Erinnerungen an vergangene gesellschaftliche Zusammenkünfte - vorausgehend wahrscheinlich Bälle - die dabei hervorgerufene Freude und die melancholisch-nostalgische Stimmung, die sich durch Distanz zu diesen Ereignissen ergibt. Das lyrische Ich erinnert sich an die Schönheit der alten Zeiten und teilt diese Erinnerungen mit einer anderen Figur („Philipp“), mit der es anscheinend diese Erlebnisse teilte. Während das lyrische Ich zunächst die nostalgisch-positiven Aspekte dieser Erinnerungen hervorhebt, fügt es hinzu, dass die ursprüngliche Gruppe von Freunden nun verstreut ist und diese Trennung Schmerz bereitet. Es thematisiert den natürlichen Lauf der Zeit und die damit verbundenen Veränderungen in den Beziehungen zwischen Menschen.

Formal ist das Gedicht ein gleichmäßig aufgebautes Reimpaargedicht, bestehend aus sechs vierzeiligen Strophen. Die Strophen bestehen aus vier Versen, die meisten in einem Paarreim-Schema abwechselnd geschrieben. Die Sprache des Gedichts ist geprägt von einer stark bildlichen, fast musikalischen Qualität. Es ist durchsetzt mit Metaphern und symbolischen Bezügen, was seinen poetischen, emotionalen und suggestiven Charakter verstärkt.

Insgesamt vermittelt „An Philipp“ das Gefühl der Melancholie und Nostalgie, das typisch für die romantische Literatur ist. Es ist ein poetisches und musikalisches Werk, das tiefe Gefühle gegenüber der Vergänglichkeit der Zeit und dem Verlust von Freundschaften ausdrückt, ein omnipräsentes Thema im Werk von Eichendorff.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „An Philipp“ ist Joseph von Eichendorff. Der Autor Joseph von Eichendorff wurde 1788 geboren. Zwischen den Jahren 1804 und 1857 ist das Gedicht entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Romantik zu. Der Schriftsteller Eichendorff ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Der Romantik vorausgegangen waren die Epochen der Weimarer Klassik und der Aufklärung. Die Literaturepoche der Romantik ist zeitlich vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hinein einzuordnen. Besonders auf den Gebieten der bildenden Kunst, der Literatur und der Musik hatte diese Epoche Auswirkungen. Die Romantik kann in drei Phasen unterteilt werden: Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848). Die Romantik entstand in Folge politischer Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche. Im gesamten Europa fand ein Übergang von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft statt. Gleichermaßen bildete sich ein bürgerliches Selbstbewusstsein heraus. Technologischer Fortschritt und Industrialisierung sind prägend für diese Zeit. In der Literatur der Romantik gilt das Mittelalter als das Ideal und wird verherrlicht. Die Kunst und Architektur der Zeit des Mittelalters werden geschätzt, gepflegt und gesammelt. Missstände dieser Zeit bleiben außen vor und scheinen bei den Schriftstellern in Vergessenheit geraten zu sein. So ist die Verklärung des Mittelalters ein zentrales Merkmal der Romantik. Des Weiteren sind die Weltflucht, die Hinwendung zur Natur und die romantische Ironie weitere zentrale Merkmale dieser Epoche. Die grundsätzlichen Themen waren Seele, Gefühle, Individualität und Leidenschaft. In der Literatur wurden diese Themen unter anderem durch Motive der Sehnsucht, Todessehnsucht, Fernweh oder Einsamkeit in der Fremde materialisiert. Strebte die Klassik nach harmonischer Vollendung und Klarheit der Gedanken, so ist die Romantik von einer an den Barock erinnernden Maß- und Regellosigkeit geprägt. Die Romantik begreift die schöpferische Phantasie des Künstlers als unbegrenzt. Dabei baut sie zwar auf die Errungenschaften der Klassik auf. Deren Ziele und Regeln möchte sie aber hinter sich lassen.

Das vorliegende Gedicht umfasst 130 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 24 Versen. Der Dichter Joseph von Eichendorff ist auch der Autor für Gedichte wie „Abschied“, „Antwort“ und „Auch ein Gedicht?“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „An Philipp“ weitere 395 Gedichte vor.

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