Zur Beichte von Richard Dehmel

Ich war der Herr der Welt vor dir,
im Traum;
wie eine Sonne warst du mir,
im Traum.
Ich schmückte dich mit allen guten
Glücksehnsuchtsgluten
in diesem Traum,
und hieß dich leuchten, ließ dich schweben.
Und habe mich in den Staub gebogen
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vor dir, im Traum,
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und dich belogen und betrogen
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im Staub, im Traum –
13 
komm, laß uns leben!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.7 KB)

Details zum Gedicht „Zur Beichte“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
13
Anzahl Wörter
59
Entstehungsjahr
1893
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Zur Beichte“ stammt von Richard Dehmel, einem bedeutenden deutschen Dichter der literarischen Epoche des Symbolismus und Expressionismus, der von 1863 bis 1920 lebte. Die starke subjektive Gefühlswelt und die experimentelle Sprachform des Gedichts lassen es in die Zeit zwischen dem ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert einordnen, als der Expressionismus aufkam.

Auf den ersten Blick sticht das lyrische Ich mit seiner intensiven Hingabe und seinem selbstkritischen, ja selbstzerstörerischen Verhalten im Bezug auf eine andere Person hervor.

Inhaltlich geht es um die tiefe Liebe und Bewunderung des lyrischen Ichs für eine andere Person, die es in seinem Traum als eine hell leuchtende Sonne sieht. Es beschenkt sie mit all seinem Sehnen nach Glück, bittet sie zu strahlen und zu schweben. Doch das Ich bekennt auch, dass es sich vor diesem „Sonnengott“ in den Staub geworfen, also selbst erniedrigt hat und die Person belogen und betrogen hat. Im abschließenden Vers „komm, laß uns leben!“ wird eine Art Neuanfang oder zumindest eine Fortsetzung der Beziehung ins Auge gefasst.

Das lyrische Ich bereut also seine Taten und will nun ehrlich sein, will leben anstatt in Traumwelten zu versinken. Dies kann als kritische Reflexion eines übersteigerten Idealismus oder einer zu großen Selbstentäußerung gesehen werden, die im Expressionismus häufig thematisiert werden.

Formal gesehen besteht das Gedicht aus einer Strophe mit 13 Versen. Die Sprache ist geprägt von symbolischen Bildern und starken, emotionalen Ausdrücken. Die kurzen, abgehackten Sätze zusammen mit der Wiederholung von „im Traum“ und „im Staub“ erzeugen einen Rhythmus, der das innere Auf und Ab des lyrischen Ichs widerspiegelt. Die Wörter „leuchten“ und „schweben“ werden als Metaphern verwendet, um das Idealisierte und Untouchable des geliebten Objekts darzustellen, während „betrügen“ und „belügen“ eine dunklere, schuldige Seite des lyrischen Ichs offenbaren.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Zur Beichte“ des Autors Richard Dehmel. 1863 wurde Dehmel in Wendisch-Hermsdorf, Mark Brandenburg geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1893 entstanden. Der Erscheinungsort ist München. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Moderne zuordnen. Der Schriftsteller Dehmel ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 59 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 13 Versen mit nur einer Strophe. Weitere Werke des Dichters Richard Dehmel sind „Bastard“, „Bitte“ und „Büßende Liebe“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Zur Beichte“ weitere 522 Gedichte vor.

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