Auf dem See von Johann Wolfgang von Goethe

Und frische Nahrung, neues Blut
Saug’ ich aus freyer Welt;
Wie ist Natur so hold und gut,
Die mich am Busen hält!
Die Welle wieget unsern Kahn
Im Rudertakt hinauf,
Und Berge, wolkig himmelan,
Begegnen unserm Lauf.
 
Aug’, mein Aug’, was sinkst du nieder?
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Goldne Träume kommt ihr wieder?
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Weg, du Traum! so Gold du bist;
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Hier auch Lieb’ und Leben ist.
 
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Auf der Welle blinken
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Tausend schwebende Sterne,
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Weiche Nebel trinken
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Rings die thürmende Ferne;
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Morgenwind umflügelt
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Die beschattete Bucht,
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Und im See bespiegelt
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Sich die reifende Frucht.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Auf dem See“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
89
Entstehungsjahr
1775
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Auf dem See“ wurde von Johann Wolfgang von Goethe verfasst, einem der bekanntesten deutschen Dichter und Universalgelehrten. Goethe lebte im 18. und 19. Jahrhundert, sein literarisches Schaffen ist der Epoche der Weimarer Klassik zuzuordnen.

Betrachtet man das Gedicht auf den ersten Eindruck, so spürt man eine lyrische Melancholie, kombiniert mit einer tiefgreifenden Anerkennung und Wertschätzung für die natürliche Welt. Das rhythmische Muster und die sanfte Sprache tragen zu einem ruhigen und meditativen Gefühl bei.

Inhaltlich handelt das Gedicht vom Einssein des lyrischen Ichs mit der Natur und zeigt die Kraft und Schönheit der Umgebung in der es sich befindet. Die ersten Verse konzentrieren sich darauf, wie die Natur dem lyrischen Ich, sowohl physisch als auch emotional, Nahrung gibt. Die zweite Strophe lässt erahnen, dass das lyrische Ich sich in einem Zustand innerer Konflikte oder Sorgen befand, bevor es sich der Erfahrung in der Natur hingab. Jedoch erlaubt das lyrische Ich dieser Melancholie nicht zu überwiegen und ermahnt sich selbst, das Hier und Jetzt zu genießen, denn „Hier auch Lieb’ und Leben ist“. Die letzte Strophe beschreibt weitere archetypische natürliche Phänomene und schließt mit dem Bild der „reifenden Frucht“, das die Zufriedenheit und Erfüllung symbolisiert, die aus dem Eintauchen in die Natur entsteht.

In Bezug auf Form und Sprache, erkennt man, dass das Gedicht aus drei Strophen besteht, wobei die erste und dritte Strophe je acht Verse und die zweite Strophe vier Verse enthält. Die Hauptsprache ist Hochdeutsch und es werden viele naturbezogene Metaphern verwendet, die das lyrische Ich und die Welt um es herum repräsentieren.

Insgesamt setzt Goethe in „Auf dem See“ den Fokus auf den Trost und die Erneuerung, die die Natur bieten kann. Durch die Beschreibung der Elemente – die Wellen, die Berge, der Wind, der See – betont das Gedicht die Schönheit und Harmonie der Natur und zeigt, dass wir uns damit verbunden und darin reflektiert sehen können. Es ist eine Hommage an das Erwachen des Selbst durch die Unmittelbarkeit und Authentizität der natürlichen Welt.

Weitere Informationen

Johann Wolfgang von Goethe ist der Autor des Gedichtes „Auf dem See“. Goethe wurde im Jahr 1749 in Frankfurt am Main geboren. Im Jahr 1775 ist das Gedicht entstanden. In Leipzig ist der Text erschienen. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Sturm & Drang oder Klassik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Goethe handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Der Sturm und Drang reicht zeitlich etwa von 1765 bis 1790. Sie ist eine Strömung innerhalb der Aufklärung (1720–1790) und überschneidet sich teilweise mit der Epoche der Empfindsamkeit (1740–1790) und ihren Merkmalen. Häufig wird der Sturm und Drang auch als Geniezeit oder Genieperiode bezeichnet. Die Klassik knüpft an die Literaturepoche des Sturm und Drang an. Die Epoche des Sturm und Drang war eine Protestbewegung, die aus der Aufklärung hervorging. Der Protest richtete sich gegen den Adel und dessen höfische Welt, sowie andere absolutistische Obrigkeiten. Er richtete sich aber auch gegen das Bürgertum, das als freudlos und eng galt, und dessen Moralvorstellungen veraltet waren. Als Letztes richtete sich der Protest des Sturm und Drang gegen Traditionen in der Literatur. Bei den Autoren handelte es sich meist um junge Schriftsteller. Meist waren die Vertreter unter 30 Jahre alt. Die Autoren versuchten in den Dichtungen eine geeignete Sprache zu finden, um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die Werke vorangegangener Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Aber dennoch wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Mit seinen beiden wichtigen Vertretern Goethe und Schiller entwickelte sich der Sturm und Drang weiter und ging in die Weimarer Klassik über.

Goethe (* 28. August 1749 in Frankfurt am Main; † 22. März 1832 in Weimar) ist einer der bedeutendsten Dichter der Weimarer Klassik. 1786 unternahm Goethe eine Italienreise, diese wird als Beginn der Weimarer Klassik angesehen. Das Ende der Epoche ist im Jahr 1832 auszumachen. Das Zentrum der Literatur der Weimarer Klassik lag in Weimar. Oft wird die Epoche auch nur als Klassik bezeichnet. Der Begriff Humanität ist von zentraler Bedeutung für die Zeit der Weimarer Klassik. Die wichtigsten inhaltlichen Merkmale der Klassik sind: Selbstbestimmung, Harmonie, Toleranz, Menschlichkeit und die Schönheit. Ein hohes Sprachniveau ist für die Werke der Weimarer Klassik kennzeichnend. Während man in der Epoche des Sturm und Drangs die natürliche Sprache wiedergeben wollte, stößt man in der Weimarer Klassik auf eine reglementierte Sprache. Die Hauptvertreter der Klassik sind Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried Herder. Einen künstlerischen Austausch im Sinne einer gemeinsamen Arbeit gab es jedoch nur zwischen Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller.

Das Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 89 Worte. Johann Wolfgang von Goethe ist auch der Autor für Gedichte wie „Am 1. October 1797“, „Amytnas“ und „An Annetten“. Zum Autor des Gedichtes „Auf dem See“ haben wir auf abi-pur.de weitere 1618 Gedichte veröffentlicht.

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