Menschliches Elende von Andreas Gryphius

Was sind wir Menschen doch? ein Wohnhaus grimmer Schmertzen.
Ein Ball deß falschen Glücks / ein Irrlicht dieser Zeit.
Ein Schauplatz herber Angst / besetzt mit scharffem Leid /
Ein bald verschmeltzter Schnee und abgebrante Kertzen.
 
Diß Leben fleucht davon wie ein Geschwätz vnd Schertzen.
Die vor uns abgelegt deß schwachen Leibes Kleid
Und in das todten-Buch der grossen Sterbligkeit
Längst eingeschrieben sind / sind uns auß Sinn und Hertzen.
 
Gleich wie ein eitel Traum leicht auß der acht hinfällt /
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Und wie ein Strom verscheust / den keine Macht auffhält:
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So muß auch unser Nahm / Lob Ehr und Ruhm verschwinden /
 
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Was itzund Athem holt / muß mit der Lufft entflihn /
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Was nach uns kommen wird / wird uns ins Grab nach zihn
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Was sag ich? wir vergehn wie Rauch von starcken Winden.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Menschliches Elende“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
125
Entstehungsjahr
1658
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Dieses Gedicht mit dem Titel „Menschliches Elende“ wurde von dem deutschen Schriftsteller Andreas Gryphius verfasst. Gryphius lebte von 1616 bis 1664, was seine Arbeit in den Kontext des Barocks einordnet, einer Zeitperiode, die durch den Dreißigjährigen Krieg und dessen verheerende Auswirkungen auf Europa gekennzeichnet war.

Der erste Eindruck des Gedichts deutet auf eine düstere und pessimistische Sicht des Menschendaseins hin. Der Titel selbst, „Menschliches Elende“, suggeriert bereits ein Bild des menschlichen Lebens, das von Leid und Schmerz geprägt ist.

In seinem Gedicht vergleicht das lyrische Ich die menschliche Existenz mit einer Reihe oberflächlich vergänglicher und destruktiver Phänomene: Ein Haus der Schmerzen, eine Illusion der Realität, ein Ort intensiver Angst, schmelzender Schnee und brennende Kerzen. Das Leben flieht, wie leeres Gerede und Scherze, und die Toten, die uns vorausgegangen sind, sind uns aus dem Sinn und dem Herzen. Unser Leben verliert schnell an Bedeutung, wie ein unbedeutender Traum oder ein verschwindender Strom. Schließlich ist unser Dasein vergänglich - alles, was Atem holt, wird schließlich verschwinden, und jeder, der nach uns kommt, wird uns ins Grab nachziehen. Letztendlich sind wir wie Rauch, der vom Wind weggeblasen wird.

Die Form des Gedichts, das in vier Strophen unterteilt ist, spiegelt den fortschreitenden Verlauf des menschlichen Lebens vom Beginn bis zum Ende wider. Melancholie und Endlichkeit sind prominente Themen in diesem Gedicht und charakteristisch für die lyrischen Werke des Barocks.

Die Sprache des Gedichts ist kunstvoll, detailliert und voller Metaphern, was typisch für die barocke Literatur ist. Die Worte sind bewusst gewählt, um ein lebendiges und emotionales Bild des menschlichen Daseins und seiner Vergänglichkeit zu zeichnen.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Menschliches Elende“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Andreas Gryphius. Geboren wurde Gryphius im Jahr 1616 in Glogau. 1658 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Breßlau. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Barock kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Gryphius ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die europäische Stilepoche des 17. und 18. Jahrhunderts, die wir heute als Barock bezeichnen, leitet sich aus dem Portugiesischen ab. Das portugiesische Wort stammt ursprünglich aus dem Juwelierhandwerk und heißt auf Deutsch „schiefrunde, unregelmäßige Perle“. Während des Dreißigjährigen Krieges wurden weite Teile des Deutschen Reiches zerstört. Die Bevölkerung, damals durch ein starkes soziales Gefälle zwischen Hof und Provinz geprägt, litt folglich unter den katastrophalen Kriegseinwirkungen. Viele Menschen starben an den Folgen der Pest und des Krieges. Die Epoche des Barocks wurde davon maßgeblich beeinflusst. Vornehmlich Pest und Krieg in der Zeit des Barocks zeigen auch ein besonderes Merkmal auf: der Gegensatz. Zum einen Armut, Elend und Tod, zum anderen Prunk, Glanz und Macht. So lebte die einfache Bevölkerung in bitterer Armut, während Adelige einen pompösen Lebensstil bevorzugten. In der Literatur des Barocks löste die deutsche Sprache das Lateinische ab. Da in der Zeit des Barocks die äußere Ästhetik und der Wohlklang eines literarischen Werkes eine große Rolle spielten, war die bevorzugte Literaturform das Gedicht. In den Gedichten wurden sehr gerne Metaphern, Symbole und Hyperbolik eingesetzt.

Das Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 125 Worte. Weitere Werke des Dichters Andreas Gryphius sind „An Jolinden“, „An den gecreutzigten Jesum“ und „An den gefangenen Dicaeus“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Menschliches Elende“ weitere 463 Gedichte vor.

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