Leuchtend Bild im Ätherrahmen von Marie Eugenie Delle Grazie

Leuchtend Bild im Ätherrahmen,
Fluthensilbern, felsbewacht –
Tivoli! aus deinem Namen
Weht’s mich an wie Zaubermacht!
 
Halb die Seele schon befangen
Von des Scheidens herber Pein,
Sah mein Aug’ dich locken, prangen,
Und das Herz ward – doppelt dein!
 
Allem was in sel’gen Stunden
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Es an süßem Glück genoß,
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Was an Hoffnung ihm entschwunden,
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Was es stolz in sich verschloß –
 
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Allem liehen deine Fluthen
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Stimme oder Widerhall,
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Tosend jagten meine Gluthen
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Mit dem Anio zu Thal!
 
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Und wo er, am Fels zerschellend,
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Ausrast wie ein wunder Leu,
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Hört’ ich aus der Tiefe gellend
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Meinen eig’nen Abschiedsschrei!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Leuchtend Bild im Ätherrahmen“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
97
Entstehungsjahr
1892
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Leuchtend Bild im Ätherrahmen“ stammt von der Dichterin Marie Eugenie Delle Grazie, die zwischen 1864 und 1931 lebte. Geschrieben wurde dieses also in der Zeitspanne zwischen dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert.

Auf den ersten Blick fällt die starke Emotionalität und der bildgewaltige Naturbezug des Gedichts auf, die typisch für die damalige poetische tradition ist.

Inhaltlich spürt man eine tiefe emotionale Bindung des lyrischen Ichs an einen besonderen Ort, Tivoli. Die Erinnerungen und Gefühle, die mit diesem Ort verknüpft sind, wecken starke Emotionen. Es scheint, als ob das lyrische Ich von melancholischen Gefühlen der Trennung bzw. des Abschieds von diesem Ort geplagt wird, was insbesondere durch Ausdrücke wie „des Scheidens herbe Pein“, „Hoffnung entschwunden“ oder „eig'nen Abschiedsschrei“ zum Ausdruck kommt.

Formal folgt das Gedicht einem strengen Vierzeiler-Rhythmus und einem Reimschema, das auf den ersten und zweiten sowie den dritten und vierten Vers abzielt. Die Sprache ist eher altmodisch und hochpoetisch, wie es für Gedichte aus dieser Zeit üblich ist.

Im Thematischen verdichtet sich das lyrische Ich im Wechselspiel mit der Natur - symbolisiert durch das Wasser, die Fluten und den Fels - zu einer emotionalen Innenschau, kombiniert mit einer liebevollen Würdigung des Ortes. Hier verbirgt sich möglicherweise eine metaphorische Ebene, auf der die Naturkräfte als Spiegel der inneren emotionalen Zustände des lyrischen Ichs gesehen werden können, etwa in Phrasen wie „Tosend jagten meine Gluthen“. Die Natur wird dadurch personifiziert und hat Anteil an den Gefühlszuständen des lyrischen Ichs.

Insgesamt präsentiert das Gedicht eine komplexe Mischung aus Melancholie, Wertschätzung und liebevoller Hingabe an einen Ort, der sowohl Vergangenheit als auch Abschied symbolisiert, auf einer meisterhaft komponierten poetischen Leinwand.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Leuchtend Bild im Ätherrahmen“ der Autorin Marie Eugenie Delle Grazie. Geboren wurde Delle Grazie im Jahr 1864 in Weißkirchen (Bela Crkva). Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1892. Erscheinungsort des Textes ist Leipzig. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her der Epoche Realismus zuordnen. Die Schriftstellerin Delle Grazie ist eine typische Vertreterin der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 97 Worte. Weitere bekannte Gedichte der Autorin Marie Eugenie Delle Grazie sind „Abschied“, „Addio“ und „Addio a Capri“. Zur Autorin des Gedichtes „Leuchtend Bild im Ätherrahmen“ haben wir auf abi-pur.de weitere 71 Gedichte veröffentlicht.

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