Kriegslied von Matthias Claudius

’s ist Krieg! ’s ist Krieg! O Gottes Engel wehre,
Und rede du darein!
’s ist leider Krieg – und ich begehre
Nicht Schuld daran zu seyn!
 
Was sollt’ ich machen, wenn im Schlaf mit Grämen,
Und blutig, bleich und blaß,
Die Geister der Erschlagnen zu mir kämen,
Und vor mir weinten, was?
 
Wenn wackre Männer, die sich Ehre suchten,
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Verstümmelt und halb todt
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Im Staub sich vor mir wälzten, und mir fluchten
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In ihrer Todesnoth?
 
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Wenn tausend tausend Väter, Mütter, Bräute,
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So glücklich vor dem Krieg,
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Nun alle elend, alle arme Leute,
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Wehklagten über mich?
 
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Wenn Hunger, böse Seuch’ und ihre Nöthen
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Freund, Freund und Feind ins Grab
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Versammelten, und mir zu Ehren krähten
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Von einer Leich’ herab?
 
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Was hülf’ mir Kron’ und Land und Gold und Ehre?
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Die könnten mich nicht freun!
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’s ist leider Krieg – und ich begehre
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Nicht Schuld daran zu seyn.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.5 KB)

Details zum Gedicht „Kriegslied“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
145
Entstehungsjahr
1782
Epoche
Empfindsamkeit

Gedicht-Analyse

Das vorgestellte Gedicht ist „Kriegslied“ von Matthias Claudius, einem deutschen Lyriker der Aufklärungszeit. Claudius lebte von 1740 bis 1815, also etwa im 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts, was eine grobe zeitliche Kontextualisierung des Gedichtes ermöglicht. Ersten Eindruckes wirkt das Gedicht wie eine tiefgründige und bewegende Darstellung der Schrecken und des Leids des Krieges und des individuellen Schuldgefühls des lyrischen Ichs angesichts dieser Katastrophe.

Der Inhalt des Gedichtes dreht sich um die Schrecken des Krieges und die moralische Verantwortung des lyrischen Ichs in diesem Kontext. Das lyrische Ich drückt seine Angst und Abscheu vor dem Krieg aus und betont gleichzeitig, dass es keinerlei Schuld an der entstandenen Situation tragen möchte. Es malt verschiedene, schreckliche Szenen des Krieges aus, etwa verstümmelte Männer, trauernde Angehörige und Tod durch Hunger und Seuche. All diese Gräuel führt das lyrische Ich auf den Krieg zurück und betont seine eigene moralische Distanz dazu - es will nicht verantwortlich gemachten werden für das, was im Krieg geschieht - weder das Leid der direkt Betroffenen noch das der Hinterbliebenen.

Form und Sprache des Gedichtes sind stark emotional und fangen die Schrecken des Krieges und die moralische Zerrissenheit des Sprechers ein. Das Gedicht ist in sechs vierzeiligen Strophen verfasst, wobei die wiedergegebene Struktur möglicherweise dem Druck geschuldet ist und original möglicherweise abweicht. Die Sprache ist stark bildhaft und emotional, um das Leid und die Gräuel des Krieges in vollem Ausmaß darzustellen. Die wiederholte Betonung der Unschuld des lyrischen Ichs könnte als Ausdruck eines tiefen moralischen Gewissens und des tiefen Konflikts verstanden werden, der mit der möglichen Verstrickung in die Ursachen und Folgen des Krieges einhergeht. Die wiederholte Phrase „’s ist leider Krieg“ unterstreicht die Tragik der Situation und das Gefühl der Unvermeidbarkeit und Ausweglosigkeit, die der Krieg mit sich bringt.

Zusammengefasst ist „Kriegslied“ von Matthias Claudius eine starke Anklage gegen den Krieg und sein Leid, zugleich aber auch ein Ausdruck der persönlichen moralischen Zerrissenheit und des Wunschs, nicht an diesem Leid beteiligt zu sein, trotz der erkennbaren Unvermeidbarkeit und Präsenz der gewaltvollen Auseinandersetzungen.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Kriegslied“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Matthias Claudius. Der Autor Matthias Claudius wurde 1740 in Reinfeld (Holstein) geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1782 entstanden. In Wandsbeck ist der Text erschienen. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Empfindsamkeit kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Claudius handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 145 Worte. Matthias Claudius ist auch der Autor für Gedichte wie „Ein Lied hinter’m Ofen zu singen“, „Kartoffellied“ und „Urians Reise um die Welt“. Zum Autor des Gedichtes „Kriegslied“ haben wir auf abi-pur.de weitere 83 Gedichte veröffentlicht.

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